· 

Sierra de las Ánimas

Punta Ballena

Geschrieben von Timo

Ein Abenteuer in vielerlei Hinsicht war der Besuch der Sierra de las Ánimas. Wie im Lonely Planet beschrieben, fragte ich via Whatts App bei der Telefonnummer des privaten Naturreservats an, ob und wann wir es denn besichtigen können, ob man sein Gepäck lagern kann etc.. Daraufhin erhielt ich die vielleicht längste Whatts App Nachricht, die ich je erhalten habe voller !!!Ausrufezeichen, Fettgedrucktem und GROßBUCHSTABEN!!! Viel genervter als ihr jetzt habe ich mich vermutlich gefühlt, als ich sie erstmals sah, zumal sie in Spanisch war. Nach tagelangem ignorieren, entschlüsselte ich schließlich mit Franzi den Inhalt der Nachricht auch mit Hilfe von Google Übersetzer. Hier soll gesagt sein, dass Google Übersetzer einfach mehrere Absätze bei der Übersetzung wegschnitt und durch ein Sternchen ersetzte, die sehr wichtig waren. Tolle Hilfe- nicht. Und tatsächlich war die Nachricht voller Vorschriften. Man muss genug Wasser mitnehmen und zwar nur in Flaschen, die markiert sind mit Füllmengen ( 2 Liter pro Person), Wanderschuhe, Wandersocken, man DARF keine Flip Flops dabei haben, ein Rucksack mit unterstützdendem Tragesystem, ein Handy, das geladen ist und für uns am interessantesten, wenn man kein Spanisch spricht, muss man eine Person mitbringen, die dies tut. Das stand als einziges auf Englisch im Text, was Google Übersetzer erneut zum Scheitern verdammte, so dass wir es im Spanischen Text fanden und nicht im übersetzten, Deutschen Text. Zusätzlich zu den vielen Anforderungen war auch noch eine Herausforderung die "Gebirgskette" (Sierra) überhaupt zu erreichen. Sie lag ca. 40 km entfernt von unserer Basis in Punta Ballena an der Autobahn, wie wir durch die Koordinaten aus der Whatts App Nachricht erfuhren. Im Busterminal von Punta del Este erfragten wir, ob denn auch Busse ab Punta Ballena dort hin fahren würden, und ja angeblich sollten sie das. 

 

Also stellten wir uns nach einem nahrhaften Frühstück an die Autobahn in der Nähe unseres Hostels und versuchten jeden Bus anzuhalten, der kam. Einer von Copsa, die wir extra gefragt hatten, ob sie zur Sierra de las Ánimas fahren, hielt auch an. Der Beifahrer machte jedoch genervte Affenlaute, als wir ihn nach unserem Ziel fragten und fuhr weiter. Von Copsa war bisher jeder Mitarbeiter unfreundlich.  Unsere erste, unerfreuliche Buserfahrung in Südamerika endete nach 45 Minuten warten an der Autobahn mit einem COT Bus, der anhielt und sogar wusste wo wir aussteigen wollen als wir ihn über unser Ziel informierten. Und tatsächlich nach etwa 30 Minuten wurden wir vor einem Zaun an der Autobahn rausgelassen, wo an einem kleinen Schild stand, dass hier der Eingang zur Sierra de las Ánimas ist. Wir gingen ca. 15 Minuten auf einer Schotterstraße ehe wir eine ältere Frau im Gartenstuhl erreichten hinter einer Schnur, die den Eingang versperrte. Sie hatte Nummern auf ihrem Tisch liegen, offensichtlich um bei mehreren wartenden ein Nummernsystem anzuwenden. Wir waren aber die einzigen, die dort waren, dennoch hätte sie uns fast eine Nummer gegeben. Sie meinte wir sollen auf eine andere Person warten und machte dann ihr Kreuzworträtsel weiter. Wir meinten nur: "Sí, Sí", da wir ja nicht durch schlechtes Spanisch und disqualifizieren wollten. Was dann kam war wirklich unfassbar. Die Whatts App Nachricht realisierte sich vor uns. Eine ca. 40- jährige Frau kam auf uns zu und fragte roboterartig unser Gepäck ab und kontrollierte wirklich, ob wir keine Flip-Flops dabei haben etc. Das ist mir noch vor keiner anderen Wanderung passiert. Danach wurden wir 45 (!!!!) Minuten lang eingeführt über die Wanderwege, die aus irgendwelchen Gründen nicht beschriftet werden, sowie über Tiere, unsere Verhaltensweisen etc. Immer wieder wirkte die Frau etwas verzweifelt, da sie dachte, dass wir kein Spanisch verstehen und wir bangten, ob unsere Anreise völlig umsonst war. Franzi verstand jedoch sehr viel und auch ich schloß mir vieles aus dem Zusammenhang, was mich auch zu einigen Fragen verleitete. Wenn ich diese äußerte, wurde ich allerdings fies angeguckt und mir wurde gesagt, dass ich diese am Ende zu stellen habe. Logischerweise hatte die Frau diese nach ihrem Monolog schon wieder vergessen und ging nicht mehr darauf ein. Sehr unsympathisch. Als sie endlich fertig war und wir doch rein durften, vermutlich weil wir abgesehen vom Spanischen sehr gut ausgerüstet waren, waren wir dennoch etwas verunsichert. Wie viele Vipern gibt es jetzt im Park? Und an welchem Abzweig muss man wann nicht nach links abbiegen? Fragen, die vermutlich auch jeder Spanisch sprechende Freund nicht mehr hätte beantworten können, nach diesem Informationsbeschuss.

 

Wir beschlossen erstmal unseren persönlichen Bedürfnissen nachzukommen und verschwanden im nächsten Busch. Das Papier nahmen wir danach ordnungsgemäß in einer Tüte wieder mit. Es ging lange durch Wald bergauf, Franzi ging vor, um das Tempo zu bestimmen. Als uns die ersten überholten, die nach uns den Einlauf bekommen haben, war Franzi etwas enttäuscht da sie so langsam ist. Später überholten wir sie jedoch wieder, was Franzi umso mehr freute. Wir kamen auf eine offene Fläche uns sahen dann den Gipfel. Der Cerro de las Ánimas (Hügel der Seelen) ist der zweithöchste Gipfel Uruguays, was euch auch Wikipedia bestätigen wird. Wir gingen die restlichen Meter hoch und kamen als erste beim Gipfel an. Wir können also sagen, dass wir auf den zweithöchsten Gipfel eines südamerikanischen Landes gewandert sind. Muss ja keiner wissen, dass er nicht in den Anden liegt und nur 501 Meter hoch ist. Von hier oben gibt es wirklich eine tolle Aussicht über den Río de la Plata, Piriápolis und bis nach Punta del Este, deren Hochhäuser wir in der Ferne sahen und wo wir am Vorabend noch einkaufen gewesen waren. Natürlich war es sehr windig, aber wir waren top vorbereitet. Bisher war kurze Hose und Merino T-Shirt angesagt, das wurde jetzt ergänzt mit Buff über die Ohren, Merino Pullover und Regenjacke gegen den Wind, sowie ganz leckeren Sandwiches mit Mortadella, Mozarella, Tomate, Salat und Oregano, die Franzi morgens gemacht hatte. Zum Abschluss gab es noch ein lecker Stück Schokolade ehe es wieder bergab ging. 

Nach einem einstündigen Abstieg fanden wir die Gabelung wieder, an der wir jetzt nicht zurück zum Eingang weitergingen, sondern bergab in eine Schlucht. Hier sollte es laut Lonely Planet "natürliche Pools und Wasserfälle" geben. Das Kopfkino war natürlich gestartet, als wir das lasen. Umso größer die Enttäuschung als wir nach über einer Stunde durch das Unterholz beim ersten Pool mit "Wasserfall" ankamen. Der Wasserfall war versiegt und der Pool hatte schwarzes Wasser. Hier würde niemals jemand baden, dachten wir. Wir versuchten den zweiten Pool zu finden, es gelang uns jedoch nicht. Kurze Zeit später kamen uns die anderen Besucher entgegen und verrieten uns, wo es zum zweiten Pool ging, verheimlichten jedoch auch nicht ihre Enttäuschung davon. Sowohl der zweite als auch der dritte Pool waren schwarz bzw. ohne Wasser und die Wasserfälle waren nur Steine im Fels. Der Bach floss nicht. Nach dieser Enttäuschung machten wir uns zurück zum Eingang, was nochmal gut zwei Stunden dauerte. Am Ende des Tages hatten wir bestimmt über hundert Äste im Gesicht gehabt und sind auch gegen mehrere hart mit dem Kopf gegengelaufen. Vielleicht kamen auch daher die Kopfschmerzen, die bei Franzi ohne eine Kopfschmerztablette wohl nicht weggegangen wären. Am Eingang angekommen saß die alte mit der jungen Frau auf ihren Stühlen vor ihrem Auto und hatten einen Fernseher auf die Motorhaube gestellt und tranken Mate. Wir verabschiedeten uns freundlich, jedoch war ich immer noch genervt von der jungen Frau. Ich kann verstehen, dass sie Sicherheiten braucht, wenn sie Leute für Geld auf ihr privates Grundstück lässt und sie nicht abends den Rettungstrupp in den Park schicken möchte. Allerdings verstehe ich nicht wie so ein Grundstück überhaupt privat sein kann. Es ist riesig und umfasst den zweithöchsten Gipfel des Landes. Ich finde es sollte öffentlicher Raum sein. Sehr schade, dass man dann als Besucher durch so eine Tortur muss. Nun ja es ist wie es ist. Man muss sich ja nicht drauf einlassen, wenn man es nicht möchte.

 

Auf dem Weg zurück zur Autobahn gabelte uns ein belgisches, älteres Päarchen auf und fuhr uns zur nächsten Bushaltestelle. Dort musste Franzi mit krassen Kopfschmerzen noch ca. 30 Minuten warten bis ein Copsa Bus mit freundlichen Mitarbeitern für uns anhielt, während die Sonne im Hintergrund verschwand. Er brachte uns zurück zu unserer Haltestelle nach Punta Ballena, wo nach der Besserung der Kopfschmerzen noch ein Bier mit leckerer Pizza von Nicolas drin war. Danach fielen wir ins Bett, ich sogar ohne mich nochmal aufzuraffen Zähne zu putzen. Es war ein anstrengender Tag. Gut dass wir unsere Idee nicht umgesetzt hatten nachts von dem Park noch 6 Stunden mit Gepäck bis nach Colonia zu reisen. Das heben wir uns für den nächsten Tag auf.

Kommentar schreiben

Kommentare: 0