Buenos Aires
geschrieben von Franzi
Inzwischen zieht unser Frühstück wieder einige neidische Blicke auf sich. Mit etwas Obst, Gemüse, Wurst und Käse haben wir das angebotene Baguette mit süßen Aufstrichen, schon wieder ordentlich aufgepeppt. Es gibt für uns nun täglich gekochte und gerührte Eier, Roquefort und Scheibenkäse mit Tomate, Oregano und Salat, Salami, O-Saft, Milchkaffee, Dulce de Leche mit Banane, Orange, Apfel und Pfirsich.
So konnten wir uns heute gut gestärkt auf den Weg nach Palermo machen. Bevor es los ging, konnten wir vom Balkon des Hostels aus eine Demonstration beobachten. Worum es ging wissen wir nicht
genau. Es schien um linke Parteien zu gehen, ein besseres Sozialsystem, Mahlzeiten für Bedürftige und bessere Arbeitsbedingungen. Das Gesicht Che Guevaras Gesicht war allgegenwärtig.
Nachdem der Zug der Demonstranten vorüber gezogen war, machten wir uns auf, um zum ersten Mal mit der U-Bahn zu fahren. Dabei mussten wir einmal umsteigen und kamen bei der bekannten Station
"Peru" vorbei, die durch sein schmuckes Inneres begeistern soll. Tatsächlich ist die Station behängt mit interessanten antiken Werbeplakaten, wirklich schön fanden wir sie aber nicht.
Am Plaza Italia, dem Zentrum der vier Viertel Palermos, machten wir auf einer schattigen Bank Rast und ich las eine kurze Einführung aus dem Reiseführer vor. Palermo
Chico (Kleines Palermo) soll besonders schick sein. Palermo Viejo (Altes Palermo) ist das Designerviertel und wird heute auch Palermo Soho genannt,
wobei ich nicht weiß, ob Soho eine eigene Bedeutung hat oder schlicht ein Name ist. Das dritte Viertel des Stadtteils wir auf Grund seiner Prägung durch das Show
Business Palermo Hollywood genannt. Wir machten uns auf in das "normale" Palermo, das sich wohl keinen eigenen Beinamen verdient hat, aufgrund der ausgedehnten Grünanlagen für uns
aber am attraktivsten war.
Zunächst schlenderten wir durch den Botanischen Garten, der über 5.000 verschiedene Pflanzenarten beherbergen soll. Eine davon ist wohl der ombú, der für Antoine de Saint-Exupérys Affenbrotbaum des "Kleinen Prinzen" Modell stand. Der "Kleine Prinz" ist uns auf unserer Reise über den Weg gelaufen. Er scheint hier sehr bekannt zu sein und gefühlt versucht jeder, eine Verbindung zu Monsieur de Saint-Exupéry herzustellen. Wir haben den Baum aber leider nicht gefunden. Genauso wenig fanden wir den Ausgang. Es stellte sich heraus, dass die vielen Eingänge des eingezäunten Botanischen Gartens verriegelt waren. Nur das Tor, durch das wir hereingekommen waren, ließ uns wieder hinaus. So mussten wir den ganzen Weg im Botanischen Garten zurücklaufen. Diese Einschränkungen ärgerten uns sehr. Wir finden, dass der Garten, zumindest zu den Öffnungszeiten tagsüber viel besser zugänglich gemacht werden sollte. Ebenso merkwürdig war der Schmetterlingsgarten im Park. Dieser war nur an Wochenend- und Feiertagen für jeweils eine Stunde geöffnet. Das war für unseren Geschmack schon reichlich restriktiv.
Da ich als Tages-Highlight unbedingt noch durch den Japanischen Garten spazieren und im dortigen Teehaus einkehren wollte, war ich nun schon etwas angespannt ob der verlorenen Zeit. Ich plädierte für den direkten Weg an der Straße entlang, doch Timo war vehement für den schöneren Umweg durch einen weiteren Park hindurch. Ich ließ mich breitschlagen.
Am Eingangstor fragte ich den Parkwächter, ob man an der anderen Seite wieder hinaus käme, da auch dieser Park leider umzäunt war. Er bejahte etwas irritiert. Schnellen Schrittes begannen wir die Grünanlage zu durchqueren. Nebenbei machte ich ein paar Fotos, den von Springbrunnen und Skulpturen gesäumt, machte der Park einiges her.
Plötzlich blieb ich stehen. Ein Pfau! Direkt vor uns auf dem Weg! Ich drehte mich zu Timo und wollte auf den Pfau deuten, da sah ich direkt neben Timo einen von ihm unbemerkten Pampashasen! Meine Augen begannen zu leuchten und ich beobachtete die Tiere fasziniert. Auf dem Teich entdeckte ich nun zwei große Wasservögel. Ich besann mich, auf dem steinernen Eingangstor irgendetwas mit Botanisch und Zoologisch gelesen zu haben.
Ich fühlte mich mehr als entschädigt für den nervigen Umweg und war sehr froh, dass Timo sich durchgesetzt hatte. Von nun an verlangsamten wir unsere Schritte deutlich und wir schlenderten vorbei an diversen Pfauen und Pampashasengruppen, die auch Maras genannt werden. Beide Tierarten laufen übrigens ebenfalls im Tierpark Hagenbeck frei herum.
Später kamen auch eingezäunte Tiere. So fanden wir endlich die lang gesuchten Flamingos. Auch Kamele, Nandus und Lamas lebten im Park. In einer sehr großen Voliere lebte ein Condor. Sobald wir
rausgefunden hatten, welcher Vogel darin lebte, kam uns der Käfig aber gar nicht mehr so geräumig vor. Ein Papagei saß neben seinem Pfleger auf einer Stange frei im Park und wir entdeckten auch
zwei schwimmende Augen, die wohl zu einem Otter gehörten.
In einem Gehege sollte ein Tapir leben, doch da nichts zu sehen war, gingen die meisten Leute rasch weiter. Meine geschulten Hagenbeck-Augen entdeckten das Tier jedoch nach einer Minute etwas
versteckt hinter Blättern.
Glücklich verließen wir den Park, an dessen Ende noch ein hübsches altes Karussell stand, dessen moderne Musik so gar nicht in die idyllische Atmosphäre passen wollte.
Wir überquerten eine 13-spurige Straße und fragten uns, wie wohl weniger fitte Menschen, den Weg schafften. Die Unterführung war gesperrt, wir liefen bei grün zügig los und dennoch fehlten uns ein paar Meter, als die Autos schon wieder losdüsen wollten. Mit Krücken oder Rollator wäre die Straße wohl nur mit der Gunst der Autofahrer überwindbar gewesen.
Nach kurzem Fußmarsch erreichten wir den Japanischen Garten, wo wir direkt das Teehaus ansteuerten, gerade noch rechtzeitig, wie sich herausstellte.
Wir nahmen an einem anscheinend typischen Tisch ähnlich dem an meinem Geburtstagsabend in Encarnación Platz. Er war in den Boden eingelassen, die Bänke mit Kissen und der Boden unterm Tisch mit Teppich ausgestattet. Durch ein großes Bullauge hatte man einen traumhaften Blick über den Japanischen Garten.
Als unsere Hintern kaum die Kissen berührten rauschte schon eine Kellnerin heran und fordertr uns nicht unfreundlich, aber sehr bestimmt dazu auf, unsere Schuhe auszuziehen. Wir kamen der Aufforderung nach und ich war recht dankbar, dass der Nachbartisch unbesetzt war. So gemütlich wir in unseren Strümpfen dasaßen, so sehr hätten wir die anderen Gäste belästigt. Timo war schon abgehärtet und meinte, der Gestank sei nicht annähernd so schlimm wie im Sommer, als er mit seinem Onkel Martin nach mehrtägiger Wanderung ohne vorher duschen zu können, direkt beim Abendessen Platz nehmen musste. Das sei wohl einige Nummern härter für die beiden selbst und sicher auch für die anderen Gäste gewesen.
In Rekordzeit bestellten wir rasch zwei Vorspeisen und zwei Hauptspeisen. Dazu wollte ich eigentlich gerne einen passenden Tee genießen, der an anderen Tischen in wunderschönen Keramikkännchen serviert wurde. Trotz der Klimaanlage entschieden wir uns zum Wohle unserer Körpertemperatur aber für die gekühlte Variante.
Der Eistee wurde weniger stilvoll in schlichten Gläsern serviert. Geschmacklich war er in Ordnung, wenn auch nicht so spannend, wie ich es mir im Vorwege ausgemalt hatte.
Das Essen war dafür umso spektakulärer. So spektakulär sogar, dass wir zwar gefühlt jeder Empanada fotografieren, bevor wir sie verspeisen, das Ablichten der kunstvollen Sushi-Rolle aber komplett vergaßen. Das sollte mir später zum Verhängnis werden, da mir der Beweis dafür fehlte, dass Timo durch sein Einverleiben von drei der fünf Stücke bereits mehr als die Hälfte des Leckerbissens verzehrt hatte. Er war der Meinung, es seien sechs gewesen und er habe sich an eine präzise Teilung gehalten. Nur gut, dass wir aufgrund der jetzt schon hohen Rechnung von knapp 30€ keinen Kosakenzipfel mehr zum Nachtisch bestellen konnten.
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