Buenos Aires
Geschrieben von Timo
Nach unserer Tanzstunde bei Guillermo am Montagabend am Ende des Planungstages wollten wir heute mal an einer echten Milonga teilnehmen. Bei diesen Tango Tanzpartys gibt es oft auch Livemusik. Nach einer weiteren, einstündigen Tanzstunde mit Guillermo in einem der Wohnzimmer des Hostels mit Parkettboden gingen wir zum Umziehen noch einmal in unser Hostel Dormroom. Es roch erbärmlich stark nach Zigarettenqualm und wir entdeckten sogar Kippenreste unter dem anderen Doppelbett des Zimmers, in dem keiner von uns beiden schläft. Plötzlich kam unser Mitbewohner, ein ca. 60 jähriger Argentinier, rein. (Anmerkung von Franzi: Ich halte ihn eher für 35-45 Jährig.) Wir fragten ihn, ob er im Zimmer geraucht habe. Er reagierte empört und meinte sowas würde er niemals tun. Er sagte die andere Frau, die die Nacht vorher noch dort geschlafen hatte, hätte dort Tags zuvor geraucht. Das war sehr merkwürdig, da es erst ab diesem Abend so stark nach Zigarettenrauch roch und auch die Kippen vorher noch nicht dort waren. Wir akzeptierten jedoch zunächst seine Aussage und meinten zu ihm, dass wir dann die Rezeption darüber informieren, auch um zu schauen, dass der Mief wieder aus dem Zimmer geht. Dies gelang sehr gut und das Thema beschäftigte uns zwar noch etwas aber eigentlich war es vorbei. Kurz bevor wir zur Milonga starten wollte, kam unser Mitbewohner allerdings nochmal auf uns zu. Uns war schon aufgefallen, dass er nach unserem Gespräch seine Sachen aus dem Zimmer geholt hatte- und tatsächlich war er kurz nach unserem Gespräch in ein anderes Zimmer in einem anderen Stockwerk umgezogen, wie uns der freundliche Rezeptionist später mitteilte. Nun beschuldigte der ehemalige Mitbewohner uns allerdings nochmal, dass wir sein Handyladekabel geklaut hätten und bat uns ins Zimmer mitzukommen, um es wieder rauszurücken. Wie durch ein Wunder hatten wir es nicht und er suchte es vergeblich. "Dann melde ich das halt der Rezeption", murmelte er auf Spanisch vor sich hin. Das war der Moment, in dem wir wussten unsere Gegenstände, auch die außerhalb des Pacsafes, sind in Gefahr. Wir fotografierten alles vor dem Abmarsch zur Party und meldeten unsere Bedenken dem Rezeptionisten. Dieser hatte zum Glück viel Verständnis und auch Guillermo, der auch im Hostel arbeitet, war inzwischen dazu gekommen. Der Rezeptionist bescheinigte sogar, dass der komische Mitbewohner während er an der Rezeption um den Zimmerwechsel bat verbotenerweise eine brennende Kippe in der Hand hatte. Wesentlich deutlicher geht es natürlich nicht. Der Rezeptionist war deshalb aber auch auf unserer Seite und versprach, dass der komische Typ das Stockwerk nicht mehr betreten werde. Das stimmte uns dann doch ruhiger und wir gingen mit Guillermo auf Milonga Tour.
(Anmerkung von Franzi: Der Rezeptionist sprach meiner Erinnerung nach lediglich von einer Kippe der selben Marke in seiner Hand wie die, die in unserem Zimmer gefunden wurden. Nicht davon, dass die Zigarette wirklich brannte. Komisch ist es aber in jedem Fall.)
Wir kamen gegen 11 Uhr nachts an diesem Donnerstagabend bei einer Art großen Garage an, aus der schon Tango Musik dröhnte. Von weitem erkannte man schon eine große Lichtershow, die mit einem Beamer an die Wand geworfen war, die intensiv an die Windows Media Player Darstellungen bei Musikwiedergaben erinnerte. Auf einer anderen Wand lief drinnen noch eine andere Projektion mit etwas verstörenden Cartoons. Es lief gerade populäre Diskomusik, da eine Tanda zu Ende gegangen war. Eine Tanda ist ein Quartett an Tango Argentino Stücken, die nacheinander mit kurzer Unterbrechung gespielt werden, wobei das Tanzpaar sich nur kurz auf der Tanzfläche erholt und beim Start des nächsten Stückes fortfährt. Nach einer Tanda ist ein freier Tanz angesagt, den aber kaum jemand zum Tanzen nutzte, ehe es danach in die nächste Tanda, meistens mit neuem Partner geht. Wir stürzten uns direkt an der Bar vorbei auf die Tanzfläche und machten mit. Es klappte auch zunächst ganz gut, doch schnell verkrampfte ich leider und wurde total unsicher. Dadurch fühlte Franzi sich schlecht geführt, was wiederum in Bewegungen von ihr resultierte, die ich garnicht beabsichtigt hatte, was mich wiederrum noch mehr verkrampfte. Diese tänzerische Todesspirale führte schließlich dazu, dass wir vorzeitig zur Bar abdampften und ich mir einen Fernet- Cola und Franzi sich einen Campari bestellte. Nach einigem Aussetzen, das Franzi schon nervös auf dem Stuhl warten ließ, beschloss ich zur übernächsten Tanda wieder einzusetzen. Wir tanzten diese durch, jedoch gelang gerade zum Ende hin wieder deutlich weniger. Franzi bat mich darum mich einfach zu entspannen und Spaß zu haben, aber ganz so einfach war das leider nicht, da ich sehr angestrengt war die paar Figuren und Schritte, die ich konnte, zu führen. Ein zweiter Fernet Cola sollte dem besseren Tanzen zuträglich sein. Während ich diesen zu mir nahm, hatte bereits die Live Musik begonnen. Ein Akkordeon und ein Gitarrenspieler wurden von einer von ihnen eingeladenen Sängerin begleitet. Es klang sehr gut. Schließlich versuchten wir einen Tango mit Livegesang, doch auch dieser Versuch scheiterte leider. In großer Resignation setzten wir uns auf die Straße und waren wütend aufeinander. Die guten Vorsätze von vor ein paar Tagen haben sich nicht erfüllt. Nach einiger Zeit ohne Beruhigung ging Franzi wieder in den Club hinein, während ich mich auf eine Treppe setzte und pausierte. Nach über einer Stunde, während die ersten schon gingen, ging ich wieder in den Club hinein und fand Franzi, die mich glücklich in die Arme schloss. Sie hatte schon nach mir gesucht und mich vermisst. Auch Guillermo hatte mitgesucht und beschloss nun nach Hause zu gehen. Es war schließlich auch schon kurz vor 3 Uhr nachts. Zuvor hatte Franzi noch mit mehreren anderen Männern getanzt, die sie aufgefordert hatten. Diese haben teilweise sehr wilde Sachen mit ihr getanzt, die Franzi garnicht verstand. Und das besonderste am Tango ist wohl, dass der Mann manchmal wartet und die Frau so viel Zeit hat wie sie möchte, um Figuren zu tanzen. Allerdings wurden Franzis Beine teilweise in der Luft von den Männern sogar mitgeführt, so dass sie nicht mal darüber nachdenken musste. Wir waren glücklich uns nun wieder zu verstehen und wollten nochmal Tango tanzen, allerdings war gerade der letzte Tanz vorbei. Wir waren etwas traurig nur einen Tango mit Live Musik getanzt zu haben, aber wichtiger war, dass wir uns wieder verstanden.
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