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Von den Bergen in den Dschungel

Santa Cruz

geschrieben von Timo

Von Sucre aus ging es bergab in das Flachland Boliviens im Osten des Landes. Weit unten war auch unsere Laune, als wir mit dem Bus aus Sucre in Samaipata ankamen. Die Busse von Sucre nach Santa Cruz, die durch Samaipata fahren, fahren alle erst am späten Nachmittag bzw. abends ab. Wenn man also nicht mit einem Trufi- einem Minivan- fahren möchte, kommt man frühestens kurz nach Mitternacht in Samaipata an. Es war 01:30, stockdunkel und stark am regnen als wir durch Samaipata fuhren. Als wir den Ort laut GPS in Google Maps schon fast wieder verlassen hatten, und wir schonmal gegen die verschlossene Tür der Fahrerkabine geklopft hatten, hielt der Bus an einer Tankstelle und ließ uns samt Ausladen des Gepäcks raus. In voller Regenmontur traten wir mit Taschenlampen den Weg zu unserer Unterkunft an. Da ich mein Handy als Taschenlampe benutzte, war der Bildschirm schnell so nass, dass ich es garnicht mehr zum Navigieren nutzen konnte. Es ging bergauf und bergab und selbst als wir schon auf dem Gelände unseres Hostels waren, war es nicht so leicht unser Zimmer zu finden. Das hatte immerhin geklappt, so dass ein Raum offen war und der Schlüssel steckte, so dass wir ein Bett für die restliche Nacht hatten. Das Hostel hatte auch vorgeschlagen, dass wir in einer der vielen Hängematten schlafen könnten. Da waren wir sehr froh, dass wir nicht dieser Fraktion angehörten, sondern eher eine Nacht mehr bezahlt hatten. Dennoch war es abenteuerlich die nassen Sachen und die Moskitos nicht ins Zimmer zu holen, das im Prinzip nur aus dem Doppelbett bestand, und unser restliches Hab und Gut reinzuholen. Das Gelände ist auch ein Camöingplatz und in unserem Gebäudekomplex gab es keine Toiletten und Waschbecken. Mit unserem Flaschenwasser putzten wir noch schnell im Freien die Zähne bevor es ins Bett ging.  

 

Beim Reinholen der getrockneten Regenhose am nächsten Morgen war mir nicht aufgefallen, dass die Hose übeer Nacht einen Bewohner bekommen hatte. Als ich sie aufs Fußende des Bettes legte, hüpfte plötzlich ein kleiner Frosch aus ihr heraus. Das gelb- braune Amphieb klebte daraufhin an der Wand. In Unwissenheit jedweder Gefahren des Frosches entfernte Franzi diesen souverän mit Handschuhen aus unserem Zimmer und konnte sogar noch in Froschkönigmanier posieren. 

 

Nach diesem kleinen Abenteuer ging es auch schon zur Plaza der Kleinstadt auf der Suche nach einem Taxi zum Weltkulturerbe, das in 12 km Entfernung in den Bergen liegt. Nach etwas Verhandeln und Zahlen des eigentlichen Standardpreises nölte uns der Fahrer einige Zeit voll, dass man in Europa ja viel mehr Geld verdient und das für uns ja alles so günstig sei. Er habe auch schonmal in Europa gearbeitet. Die 8€ für 20 Minuten Taxi waren allerdings echt nicht so günstig. Auf der Fahrt überholten wir auch ein Mototaxi mit einer anderen Touristin. Ich hatte mich geweigert diese günstigere Transportform zu nutzen aus Sicherheitsgründen. Franzi wäre begeistert gewesen, da sie es aus Togo kennt. Wir fragten Claudia aus Sardinien, nachdem wir ihren Namen und ihre Herkunft erfuhren, wieviel sie bezahlt hatte für das Mototaxi nachdem wir in etwa zeitgleich angekommen waren beim Fuerte de Samaipata, dem Welterbe in der Nähe der Stadt. Es war etwas weniger als halb so teuer wie unser Taxi. Allerdings meinte sie auch, dass sie auf der Schotterpiste voller wassergefüllter Schlaglöcher etwas Angst vor einem Unfall hatte. Nicht ganz zu Unrecht. Unser Taxifahrer fuhr wegen der Schlaglöcher häufig auf der falschen Fahrbahnseite auf der kurvigen Bergstraße und es hätte nicht viel gefehlt, dass er ein entgegenkommendes Motorrad aufgegabelt hätte, wenn es nicht noch ausgewichen wäre. Er hatte das relativ regungslos zur Kenntnis genommen. Sehr spannend war auch, dass er ohne Gäste wieder zurück in die Stadt fuhr, nachdem er uns abgesetzt hatte, wobei es ja vielleicht noch andere Besucher gab, die zurückwollten spätestens aber wir nach unserem Rundgang. Er hatte uns auch angeboten für den doppelten Preis auf uns zu warten und uns wieder zurückzufahren. Das hatten wir aber dankend abgelehnt, da wir schon häufiger die Erfahrung gemacht hatten, dass Fahrer nicht so lange warten wie wir brauchen, sondern so lange wie sie denken, dass es dauern sollte. Da wir tendenziell langsame und ausführliche Besucher sind, versuchen wir dieses Model zu vermeiden.  

 

Wir nahmen uns eine Spanisch sprechende Führerin für den Besuch der archäologischen Städte, die sich viel Mühe gab alles verständlich für uns zu beschreiben. Zunächst einmal konnte sie uns beruhigen, dass die Frösche hier alle nicht giftig seien. Das "Fuerte" ist keine Verteidigungsanlage gewesen sondern eher ein kulturelles und spirituelles Zentrum für unterschiedliche Kulturen über die Jahrhunderte. Die Quechua konnten es erst einnehmen als vorherige Völker es bewusst verlassen hatten. Das Zentrum ist ein großer, roter Stein, der mehrere hundert Meter lang und breit ist. Um ihn herum gab es früher Siedlungen. Insbesondere aus der Quechua Zeit sind noch Ruinen von Häusern übrig geblieben. Auf dem roten Stein wurden Schnitzereien vorgenommen, die Kunst waren- z.B. Tiere darstellten, aber auch für Rituale wurde der Stein genutzt. Am beeindruckendsten finde ich eine meterlange Schlange, die in den Stein geritzt wurde von einem Volk und später von den Quechua genutzt wurde, um Flüssigkeiten bei Festivitäten durchfließen zu lassen. Eigentlich ist der Stein auch kein  klassischer Stein, sondern die kahle, stumpfe Oberfläche einer Hügelspitze. Der Hügel ist grün bewaldet und umgeben von vielen anderen grünen Hügeln. Auffällig war dass die Hügel in Richtung Amazonas wesentlich stärker bewaldet waren als die grünen Hügel in Richtung der trockeneren Region Chaco. Hügelig ist es weil die Region in den Ausläufern des Andenhochlandes liegt. Auf dem Stein selber durfte in unterschiedlichen Kulturen höchstens der spirituelle Anführer leben und am Hügel wurden wichtige Persönlichkeiten begraben.  

 

Nach der Tour rief uns ein Mann ein Taxi zurück in die Stadt, das extra aus der Stadt angefahren kam. Bis es da war, war schon jemand anderes eingetroffen, der auch zurück wollte, aber sich leider auch schon ein separates Taxi gerufen hatte. So fuhren wir zu zweit zurück und passierten unterwegs eine Wanderin. Es war Claudia, die uns schon bei der Tour mit dem Guide nicht begleiten wollte, da ihr Budget knapp ist und nun zurück laufen wollte nach der schlechten Motorrad Erfahrung auf dem hinweg. Wir sammelten sie mit dem Taxi ein und gingen danach etwas mit ihr essen. Sie erzählte uns, dass sie im Moment Südamerika bereist, aber vorher auch schonmal lange in Bolivien als Freiwillige gearbeitet hatte in einem Projekt für die Fürsorge von wilden Tieren, die alleine nicht überlebt hätten. Das erinnerte uns sehr an Manu, unseren Guide aus Sucre, und ein Projekt von dem er erzählt hatte, in dem er gearbeitet hatte. Und tatsächlich die beiden kannten sich und wir sendeten Grüße an Manu aus Samaipata. Vor 2 Jahren hatten sie kurz zusammen in dem Projekt gearbeitet. Allerdings ließ Claudia, die seit der Schulzeit bereits in Großbritannien lebt und einen starken, britischen Akzent in ihrem Englischen hat, kein gutes Haar an dem Projekt. Die Volontäre wurden ausgenommen, in dem sie viel zu viel arbeiten mussten und als sie in der Waldbrandsaison mit bloßen Händen helfen sollten den Waldbrand zu löschen, wurden sie sogar gefährdet. Als dann die Armee dazukam, um die Waldbrände zu löschen, gab es leider auch noch einige Fälle von sexueller Belästigung, die es für Claudia und die anderen Volontäre dort sehr unangenehm machte. Zumal sie von der Leitung teilweise ausgegrenzt wurde, da sie sich auch mal kritisch äußerte. Es war dennoch ein Spannendes und Schönes Gespräch mit Claudia. Sie erzählte uns auch von chronischen Geldnöten mit einem Zoologieabschluss, da es wenige (gute) Jobs für das Studium gibt. Dass sie Zoos nicht mag und Vegetarierin ist, hatte ich mir schnell gedacht. Allerdings ekelt sie Fleisch nicht an, da sie Monate lang Schweineleichen zersägen musste für die Raubkatzen im Reservat. Eine Saison kehrte sie zuletzt zurück nach Sardinien, um im Sommer im Restaurant viel Geld zu machen. Sie meinte das sei das schlimmste gewesen. Man arbeitet fast den ganzen Sommer durch und die Urlauber die seit Jahrzehnten aus Deutschland und Italien diesen Ort auf Sardinien besuchen, haben sie irgendwie auch verwundert. Sie fragte sich, ob diese Menschen keinen Drang haben Neues zu entdecken. Abschließend stellten wir fest, dass wir auf demselben Campingplatz wohnen und gingen zurück zur Unterkunft. 

 

Praktischerweise vermittelte Claudia uns an ihre Französische Mitbewohnerin, die am nächsten Tag bei einem Spanisch- Französischen Pärchen einsteigen wollte, die eine Tour in den nahen Parque Nacional Amboró gebucht hatten. Morgens sprach mich die Französin an, ob wir das Deutsche Pärchen seien und wir trafen uns nach hastigem Frühstück und Packen an einer Pizzeria. Dort traf dann die andere Französin ein, sowie ihr (neuer) Freund, den sie auf der Reise auf der Fähre zwischen Puerto Montt und Puerto Natales getroffen hatte, und wir gingen zusammen zum Touranbieter. In einem klapprigen Van ging es mit unserem Guide und einem Fahrer eine kurvige Schotterpiste bergauf, bis wir in den Wolken waren. Die Hänge neben dem Auto wurden immer Steiler und dann hatten wir plötzlich einen Platten. Es gab eine Viertelstunde Anschauungsunterricht für uns vom Fahrer, wie man mit ein paar Steinen, manuellem Wagenheber und Ersatzreifen vom Dach das Auto wieder startklar machen kann. Wir schafften es bis zum Parkeingang- einem Häuschen mit alter Frau- den man angeblich nur mit Guide besuchen darf. Im Folgenden liefen wir so langsam, dass selbst Franzi es nicht zu schnell fand und machten immer wieder Pausen, in denen der Guide uns etwas über die Pflanzen erklärte. Irgendwie hatte er uns auf dem Kiecker und fragte sich und die anderen immer wieder, ob wir ihn überhaupt verstehen würden. Dabei stellte sich heraus, dass wir mindestens genauso gutes Spanisch sprachen wie die Französinnen. Das war etwas unangenehm. So richtig interessant fand ich seine Hinweise auch nicht, aber der Weg durch das dichte Grün mit dem Highlight der Riesenfarne, die wie eine Palme aus dem Boden wachsen und bis zu 15 Meter groß sind, entschädigten für den Aufwand des Ausfluges. Es sah in der Tat so aus, als könnte jederzeit ein Dinosaurier aus dem Dickicht kommen. Denn wir lernten, dass die Farne schon seit sehr vielen Millionen Jahren existieren und schon Nahrung für Dinosaurier waren. Am Aussichtspunkt wurden wir dann sehr enttäuscht, auch wenn wir es vorher schon vermuteten. Die Wolke umhüllte des gesamten Hügel und es war windig und so feucht, dass sich Tropfen auf den Pflanzen bildeten. Wir fuhren zurück in unsere Unterkunft, wo wir Claudia wieder trafen und ihr einen Boldotee machten, da sie nicht mitgekommen war weil ihr unwohl war. Boldo ist eine der Pflanzen aus dem Wald gewesen und hat keine Deutsche oder Englische Übersetzung. Er wird hier gegen Bauchschmerzen getrunken. Der Guide hatte uns einige Blätter abgezupft.  

 

Am nächsten Tag wollten wir Claudia noch mehr beschenken, da sie preisgab, dass es ihr Geburtstag ist. Nachdem die dritte, neue Mitbewohnerin ihr in der Nacht schon das Geschenk gemacht hatte um 3 Uhr betrunken anzukommen und dann in den Raum zu kotzen, woraufhin Claudia sich genötigt sah es zu reinigen, wollte sie an ihrem Ehrentage selber etwas unterwegs sein. Wir hingegen gingen zur Feier des anderen Jahrestages- auch Samaipata hatte nämlich Geburtstag. An der Plaza liefen alle Berufsgruppen eingeteilt mit ihren Kollegen zu Militärkappellenmusik im Quadrat über Stunden. Unser Guide hatte uns auch erzählt, dass er teilnehmen müsse. Entsprechend unbegeistert wirkten die meisten Teilnehmer auch. Umso begeisterter waren die Zuschauer- zumeist Kinder und Hausfrauen. Ich war auch spätestens dann nicht mehr begeistert, als zum Abschluss das Militär schwer bewaffnet zu Fuß und formiert um die Plaza lief. In Erwartung von Gewehrschüssen floh ich in eine Seitenstraße. Ich hasse sowas. Beim Hafengeburtstag halte ich mir auch die Ohren zu, falls eine Fregatte bei der Einlaufparade schießt. Nach der Parade aßen wir an der Plaza zu Mittag. Ein älterer Mann, der gefühlt vor 30 Jahren als Backpacker hier gestrandet ist, wollte uns (erneut) Ketten mit Schmucksteinen verkaufen. Wir lehnten dankend ab. Allgemein soll Samaipata rasant wachsen, auch weil viele Westeuropäer hierher ziehen. Es soll auch einen gewissen spirituellen Grund geben vom Fuerte, aber auch einfach wegen der entspannten Atmosphäre. Unser Campingplatz war letztendlich auch eine schicke Hippiekolonie, wenn man ehrlich ist. 

 

Abends gingen wir noch mit Claudia anlässlich ihres Geburtstags essen, was sie sehr freute. Sie macht sich zwar nicht so viel aus Geburtstagen, aber das fand sie dann doch nett an ihrem 27. Ehrentage. Auch am nächsten Tag waren wir wieder zu dritt unterwegs und zwar als wir nach dem Frühstück zur Station für Trufis gingen, um mit einem solchen Minivan nach Santa Cruz zu fahren. Die Alternative wäre gewesen sich nachts an die Tankstelle zu stellen und den großen Bus zu nehmen, was für uns nicht in Frage kam. Es war zwar nicht so komfortabel im Trufi, aber für die drei Stunden ging es. Abgesehen davon dass ich dauerhaft Angst hatte, dass unser Gepäck vom Dach fällt. Das war aber gut angeseilt. Wenn es angefangen hätte zu regnen, wäre es auch schlecht gewesen, aber auch das war nicht der Fall. Es ging auch vorbei an einem spektakulären Fels mit riesiger Höhle in großer Höhe, in dessen Nähe Ellen wohl mal in einem Hostel freiwillig gearbeitet hatte, als sie vor sieben Jahren hier unterwegs war. Wir wagten jedoch nicht mitten an der Landstraße auszusteigen und uns durch den Dschungel zu schlagen ohne den exakten Ort zu kennen und ob er überhaupt noch existiert. 

 

Nach unserer Ankunft im Hostel, an das wir uns im Laufe des Abends etwas mehr gewöhnten (siehe Artikel "Abstieg in die Absteige"), liefen wir noch etwas über die schöne Plaza, luscherten in die Kathedrale und inspizierten schonmal das Harry Potter Restaurant, das wir später noch besuchen würden. An diesem Abend aßen wir allerdings in einem schicken Restaurant, das traditionelle, Bolivianische Küche anbot. Das Spannendste waren die Getränke. Es gab Chicha, den fermentierten Maistrunk, von dem wir schon gehört hatten, Moncochinchi, ein sehr süßliches Getränk, in dem unten ein getrockneter Pfirsich schwamm und ein Bitter, das man zum Trinken immer umrühren musste, damit sich das Bittere mit dem Süßen mischt. Wir saßen in einem kleinen, kolonialen Patio, in dessen Mitte ein Brunnen stand, um den ein paar Schildkröten im Wasser schwammen. Franzis Salat war dann aber überraschenderweise gekochtes Gemüse. Das kam sehr überraschend.  

 

Am zweiten Tag trafen wir einige Vorbereitungen für einen potenziellen Besuch des abgelegenen Nationalparks Noell Kempff Mercado. Nach einem netten Gespräch mit der Frau bei der Reiseagentur Ruta Verde war allerdings klar, dass ein Besuch höchstens möglich wäre, wenn man mit einem Kleinflugzeug in den Park fliegt und alles mitnimmt was man benötigt. Unter 2000 USD p.P. wäre das schwer möglich für einen Viertagestrip und wir müssten eine andere Agentur dafür finden. Amboró Tours bot uns später diesen Deal an, aber uns war das trotz des Welterbestatuses vom Park zu teuer. Dafür sahen wir später am Tag im gleichnamigen Museum die ausgestopften Tiere aus dem Park in Santa Cruz. Die Schmetterlinge können riesig sein. Andere Tiere waren im Einmachglas oder unter Glasscheiben nicht so hübsch anzusehen. Schöner anzusehen waren die Tiere von José Moreno, dessen Atelier genau neben unserem Hostel war und der einige impressionistische Bilder von seiner Heimat im Regenwald ausgestellt hatte. Er sprach uns an und erzählte ein bisschen und malte nebenbei an einem Vogel weiter, der wie ein Storch aussah und im Wasser stand gegenüber von einem Capybara im Regenwald. Ich fand es recht faszinierend mit wie wenigen, einfachen Strichen man so ein hübsches Bild erschaffen kann. Wir lernten auch noch Pablo kennen, der auch malt und sehr kommunikativ ist sowie einen weiteren Mann. Uns wurde plötzlich ein Kaffee angeboten und kurz darauf wurden wir mit zur nahe gelegenen Plaza genommen, um in der Casa de la Cultura bei der Eröffnung einer Kunstausstellung von weiteren Malern teilzunehmen. Es herrschte schon reges Treiben und wir wurden von Pablo immer neuen Künstlern als die Deutschen vorgestellt. Zwei Künstler hatten jeweils einen Raum als Sonderausstellung und wurden kurz danach von einer Frau, die wohl zum Haus gehörte, vorgestellt und durften sich auch kurz selber einführen. Die vielleicht fünfzig bis hundert Gäste lauschten gespannt bevor alle noch einmal die Bilder ein wenig anschauten, Pablo mit jedem im Raum anstieß und sich die Versammlung langsam auflöste. Während wir noch einige neue Leute kennenlernten, hatte sich José schon längst davongeschlichen. Zumindest sahen wir ihn nicht mehr wieder. Pablo bezeichnete ihn immer nur als "den Maestro" also den Lehrer, auch wenn er nur ein weiterer Künstler war. Während der Veranstaltung wurden meine Schmerzen im Unterleib leider immer stärker und der Schmerz wanderte in den rechten Hüftbereich. Franzi holte sich noch etwas zu essen während ich schon leidend ins Bett des Dormrooms ging. Wir vereinbarten, dass wenn es am nächsten Morgen nicht besser ist, wir ins Krankenhaus gehen werden. Und das taten wir dann auch. Nur zehn Stunden später war mein Wurmfortsatz raus und weitere 24 Stunden später war ich schon wieder aus dem Krankenhaus entlassen. Ich wurde sehr nett mit dem Rollstuhl zum Ausgang des Krankenhauses transportiert und ab dort musste ich dann alleine bzw. mit Franzi klarkommen. Die paar Schritte ins Auto waren trotz Schmerztabletten anstrengend und die Fahrt im Uber zu unserem neuen Hotel war sehr qualvoll, da die Straße sehr uneben war. Ich war zwar noch eine Woche lang auf Schmerztabletten, aber am ersten und zweiten Tag nach der OP brauchte ich noch Hilfe beim Stuhlgang und bin kaum aufgestanden. Der Erfolg des Tages war es schon morgens die vier Stocke zum Frühstücksbuffet mit dem Fahrstuhl hochzufahren. Mir war unklar wie ich am Montag, drei Tage nach der OP, jemals wieder ins Krankenhaus kommen soll in meinem Zustand. Allerdings wurde es dann tatsächlich Tag für Tag besser. Der Doktor wollte mich am Freitag allerdings nochmal sehen. So hatten wir eine Woche Zeit in Santa Cruz ein bisschen zu entspannen. Bei unserem Besuch im La Casona, einem Deutschen Restaurant, trafen wir den Deutschen Besitzer, den wir von Doktor Foianini grüßen sollten, nicht an und so genossen wir unser Bolivianisches alkoholfreies Bier "Prost" und unser leckeres Schnitzel ohne Grüße auszurichten. 

 

Wir besuchten La Rinconada, ein Garten auf der anderen Seite des Flusses, auf dem lediglich ein paar umzäunte Gemeinschaften leben, die vermutlich mehr Geld haben als der Bolivianische Durchschnittsbürger. Der Garten war wenig besucht, als wir bereits morgens ankamen und wir warteten eine weitere Stunden in Hängematten bevor ein Regenschauer vorbei war. Um überhaupt auf die andere Seite des Flusses zu kommen, muss man über die einzige Brücke der Stadt fahren. Sie wurde nach Mario Foianini benannt, als nach jemandem mit dem selber Nachnamen wie mein behandelnder Arzt und die Klinik, in der ich operiert wurde. Später lernten wir, dass Mario der Onkel von meinem Arzt war und die Brücke der Stadt geschenkt hat. Allerdings hatte er Immobilien auf der anderen Seite des Flusses, die ihren Wert durch die Brücke mehr gesteigert haben als die Brücke gekostet hat. Später wählte er wohl den Freitod und nun sind seine Kinder, also die Cousins von meinem Arzt, die Reichen der Stadt. Als die Sonne wieder schien streunten wir durch den verwinkelten Garten, der auch einen kleinen Schwimmbereich hat. Ein Highlight ist die größte Seerose der Welt, die hier mal schwamm und in Metall gegossen verewigt wurde. Danach begeisterte uns aber auch noch eine Riesen-Affenschaukel, die wir beide kichernd mal ausprobierten sowie unterschiedliche Brücken, auf denen man über einen kleinen Teich balancieren konnte. Später saßen wir uns noch ins Kaffee und überblickten den See, die Gärten und Wiesen von La Rinconada und waren uns beide einig: Wenn dieser Ort hier nicht so weit weg wäre, würden wir hier gerne unsere Hochzeit feiern. Es gibt Spielmöglichkeiten für Kinder, eine große Wiese für die Trauung und eine überdachte Restaurantfläche für den Abend bei Speis, Trank und Tanz. Man kann La Rinconada auch für Veranstaltungen buchen, aber da wir hier in Bolivien sicherlich nicht feiern werden, fragten wir nicht danach auch wenn es uns interessiert hätte. Abends überlegten wir etwas, entschieden uns dann aber dafür in das tempelartige Restaurant "Jardin de Asia" zu gehen, das sehr teuer ist. Es lohnte sich aber. Wir nahmen im schicken Inneren die Plätze an einem Live-Cooking Tisch ein neben einer Familie mit drei Kindern. Die Eltern fragten uns wo wir herkommen und erzählten uns, dass ihre Kinder auf einer Deutschen Schule seien. Und in der Tat konnten wir im Folgenden mit den Kindern, die zwischen sieben und fünfzehn Jahren alt waren, ein wenig auf Deutsch reden. Der älteste wir nächstes Jahr auch für vier Monate nach Deutschland gehen. Wir unterhielten uns auch nett mit dem Vater, der sehr gebildet wirkt. Ich habe den Eindruck je gebildeter die Leute hier sind, desto besser können sie sich in uns hineinversetzen und unsere Situation verstehen warum wir hier reisen. Das sorgt häufig dafür, dass man bessere Gespräche hat, die uns mehr Spaß bringen. Wir erfuhren noch, dass der Mann Manager in einer Versicherung ist und dass die Familie auch in einer umzäunten Gemeinschaft außerhalb der Stadt lebt. Sie sind privat krankenversichert und vertraten die Meinung, dass wenn man in staatlichen Krankenhäusern behandelt wird, leicht sterben kann. Nach der Einschätzung war ich nochmal glücklicher in so einer Eliteklinik behandelt worden zu sein. Achso und das Essen war auch gut, aber die Show war spektakulär. Insbesondere das brennende Öl, das für Stichflammen vor unserer Nase sorgte, war spannend. Der Service war allerdings eher schwach insbesondere wenn man berücksichtigt, dass die Rechnung mit ca. 50€ am Ende doppelt so hoch war wie in anderen guten Restaurants der Stadt.  

 

Ein anderer Ort auf der anderen Seite des Flusses ist das Biocentro Güembé, das wir am darauffolgenden Tag besuchten. Es hatte trotz des Feiertags Cuerpo Christi geöffnet, den wir erst nach einigem Überlegen als "Fronleichnam" identifizierten. Das Biocentro bestach durch seine Tiere, die hier leben. Nachdem Franzi zu meiner Zufriedenstellung einen alten Herren vor seiner Familie zurechtwies, dass er die große Schildkröte doch bitte wieder auf den Boden absetzen solle und sie nicht für ein Foto hochheben solle, beobachteten wir die Fütterung der Schildkröten, zu der auch unzählige Affen aus den Bäumen herangeklettert kamen und den Schildkröten das Futter klauten. Der ganze Bereich war nicht umzäunt und so sicherte ich lieber mein Handy in der Tasche. Danach ging es in das riesige Gehege für Papageien, Aras, Tukane und Co. Auf einem Höhenpfad saßen die Vögel alle auf dem Geländer und man musste quasi zwischen ihnen durchlaufen. Ich tat dies mit etwas Unbehagen auf Grund ihrer spitzen Schnäbel und der Umzingelung von beiden Seiten. Allerdings bleiben sie friedlich sitzen. Erst als Franzi vor einem Tukan posierte, sprang dieser plötzlich in ihre Richtung und biss ihr fast in den Arm. Daraufhin hielten wir Abstand und beobachteten wie andere Besucher viel näher mit dem selben Tukan posierten. Nachdem drei Menschen erfolgreich mit ihm posiert hatten, wagte es Franzi mit etwas Sicherheitsabstand auch nochmal. Das erste Foto gelang und beim zweiten Foto, bei dem Franzi mit dem Rücken zum Tukan zugewandt war, sprang er plötzlich wieder von seinem Gestell aufs Geländer, streckte sich uns biss Franzi ins Handgelenk. Franzi beschuldigte mich mit dem Tukan unter einer Decke stecken, da er erst zubiss, als sie wegguckte, während sie mehr unter dem erneuten Schock als unter Schmerzen litt. Eine mini Stelle war an ihrem Handgelenk, in der man minimal Blut erkennen konnte. Wir waren ähnlich verunsichert wie nach dem Piranhabiss vor drei Jahren, aber die Tierwärterin und auch Doktor Foianini konnten uns am nächsten Tag beruhigen, dass ein Tukanbiss unproblematisch sei. Die Tiere mit ihren schon unnatürlich schönen Schnäbeln sind bei Franzi jetzt etwas weniger beliebt als vorher. Im Folgenden ließen uns die Schmetterlinge im Schmetterlingshaus in Ruhe und wir konnten den Rest des Parks genießen, in dem wir noch einen einzelnen Affen sahen sowie einen Tapir, ein Capybara und einen Nandu. Später schwamm Franzi noch ein wenig im schicken Freibad während ich meine Bauchwunden schonend ihr zuschaute wie sie Spaß hatte. Abends ging es dann mal wieder in ein Argentinisches Restaurant mit dicken Steaks, auf dessen Terrasse wir Edgar wiedertrafen, den wir zuletzt in Sucre getroffen hatten. Er hatte sich von Santa Cruz aus für Jobs beworben, bei denen er dafür verantwortlich ist als Bauingenieur den Bau von US- Botschaften im Ausland zu betreuen. Er hatte gerade den sicherlich intensiven Check der US- Behörden abgeschlossen, die sein gesamtes Leben durchforsten inklusive seiner Deutschen Ex-Freundin, damit er sauber ist, um an den Botschaften zu arbeiten. Auch erzählte er uns davon, dass sein Bruder seine Appendizitis nur knapp überlebte, da der entzündete Wurmfortsatz schon entzündet und aufgerissen war, als er operiert wurde. 

 

Nachdem am Freitag der Doktor gesagt hatte, dass er mich Montag auch nochmal sehen möchte, ging es mir leider abends schlechter. Wir vermuteten Eiter in der Wunde, was sich als falsch herausstellen sollte. Dennoch gingen wir nochmal in die Notaufnahme des Krankenhauses und der Arzt rammte erst eine Betäubungsspritze in meinen Bauch und schnibbelte danach an meiner vermeintlich entzündeten Wunde am Bauchnabel herum. Den Besuch, der uns 90€ kostete und hoffentlich auch noch von der Versicherung übernommen wird, hätten wir uns im Nachhinein sparen können zumal die Wunde nun noch länger braucht um zu heilen. Allerdings war Doktor Foianini am Montag zufrieden genug mit der Wunde, als dass er uns viel Spaß bei der weiteren Bolivienreise wünschte. Allerdings muss Franzi nun jeden Tag ein Wattestäbchen in meinen aufgeschnittenen Bauchnabel rammen, um die Wundflüssigkeit rauszulassen, damit sie sich nicht entzündet. Als der Doktor das das erste Mal machte, stand sie schockiert neben mir was mich beunruhigte, da ich nicht hinsah was er machte. Aber nach reichlich Überwindung von uns beiden schafften wir es im Folgenden täglich, wenn auch mit teilweise langen Verzögerungen meinerseits am Beginn, da ich es sehr unangenehm fand, die Operation auszuführen. 

 

Sehr schön war noch unser Besuch im Irish Pub, um das Champions League Finale auch großer Leinwand zu schauen. Da ich weiterhin mehrfach täglich in der kicker App unterwegs bin, fiel es mir schwer auf dieses Highlight der Europäischen Fußballsaison zu verzichten. Vom Pub aus sahen wir auch noch ein Stadion, allerdings ergab es sich nicht, dass wir am nächsten Abend noch das Spiel von Oriente Petrolero, einem Verein der Erdölarbeiter, im Stadion sahen. Stattdessen hörte ich mir im ersten Telefonat mit Felix, den ich schon seit September nicht gesehen hatte, an wir er im Frühjahr ein Spiel in Tunesien besuchte, was auch sehr abenteuerlich war. Wir hatten ja auch schon ein Bolivianisches Spiel im Stadion gesehen. Abends nach dem Finale suchten wir noch nach einem Friseur. In dem Einkaufszentrum artigen Komplex, in dem der Pub war, wollte der Friseur für ein bisschen Haare schneiden bei Franzi noch 17€ haben. In einem ärmeren Viertel 20 Minuten zu Fuß weiter kostete es in einem sehr einfachen Einkaufszentrum dann nur noch 3,35€. Franzi schlug zu und nun sehen ihre Haare wieder etwas sortierter aus, behauptet sie. Ich navigierte uns erfolgreich mit einem Bus direkt zu unserem nicht besonders schönen aber passablen Hotel, in dem wir ein großes Zimmer hatten. Nach ein paar Tagen hatten wir  

 

Nach der letzten Arztvisite entschieden wir uns spontan dafür noch einen Tag länger zu bleiben und besuchten noch den Botanischen Garten, in dem wir leider nicht das Faultier entdeckten, das hier leben soll. Allgemein konnte der Park nicht mehr so begeistern nach dem Besuch bei La Rinconada zuvor. Abends war Franzi umso begeisterter von den Figuren im Harry Potter Restaurant, mit denen sie posierte, nachdem wir unser erstes Butterbier getrunken hatten, das jetzt nicht so lecker schmeckte. Während des Tages hatte ich starke Schmerzen im Bauch. Vielleicht lag es an den zwei Tage zuvor abgesetzten Schmerztabletten, dass es jetzt weh tat. Zum Glück gingen die Schmerzen in den Tagen danach weg. Der Uber Fahrer, der uns am Tag danach zum Terminal brachte, war wegen seiner Unfreundlichkeit der erste von bestimmt über dreißig in Südamerika bisher, der nicht eine fünf Sterne Bewertung bekam. Franzi schleppte unser gesamtes Gepäck ins Terminal, damit meine Wunden nicht zu sehr belastet werden. Sie machte immer wieder Pausen. Die Frau verkaufte uns ein Busticket für einen Bus nach San José in zehn Minuten und nachdem wir zwanzig Minuten später fragten, sagte sie uns dass er Bus jetzt gleich erst kommt aber natürlich erst in über einer halben Stunde abfährt. Wir sind wieder zurück auf der Reise mit all seinen Kehrseiten. 

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