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Patagonien mit Kopfschmerzen

Huaraz

geschrieben von Timo

Als uns der sehr pünktliche Bus aus Casma vom Meer hoch auf 3.000m nach Huaraz fuhr, setzte der Regen schon langsam ein. Die trockene Phase zwischen Juni und August hatten wir in diesem Wanderparadies bereits verpasst. Nun wollten wir das beste aus der einsetzenden Regenzeit machen. Nass und erschöpft kamen wir in unserer sehr günstigen Unterkunft an, mit der wir uns erstmal wieder um den Preis stritten. Es gibt ein Gesetz, dass Ausländer, die seit 59 Tagen Peru bereisen oder Peruaner eine 18% Steuer zahlen müssen. Wir sind inzwischen tatsächlich seit über 59 Tagen im Land. Wir hatten im Bus die Unterkunft entdeckt und sie für einen Preis von 46 Soles auf Booking.com buchen können ohne Steuern. Wir riefen in der Unterkunft an, und wollten einen günstigeren Preis vereinbaren. Allerdings bestanden die Betreiber auf 60 Soles pro Nacht für ein Doppelzimmer, was immernoch günstig ist, aber wenn wir die Wahl haben, nehmen wir für das gleiche Produkt natürlich den günstigeren Preis. Vor Ort wollten sie dann ohne unsere Aufenthaltsdauer zu checken 55 Soles, also den Buchungswert auf Booking.com inklusive der Steuern und hätten uns nicht reingelassen, wenn wir das nicht gezahlt hätten. Jetzt reklamieren wir die Steuern bei Booking.com zurück, da sie laut Booking.com bei dieser Unterkunft ausschließlich für Peruaner anfallen. Im Zuge der Diskussion bekamen wir mit, dass die Eigentümer gut 5 USD Komission an Booking.com zahlen, also gut 20 Soles. Angenommen sie führen die Steuern brav an den Staat ab, könnt ihr euch ja jetzt grob ausrechnen, was sie mit einer Booking.com Reservierung verdienen. Kein Mensch versteht, warum sie uns das Zimmer nicht günstiger geben wollten, wenn wir direkt bei ihnen buchen statt über Booking.com. Polemisch würde ich behaupten, dass sie das Buchungsportal einfach so gerne mögen, faktisch können aber beide glaube ich nicht mit Zahlen umgehen. Wir zahlten also brav den gewünschten Betrag und waren froh, dann ins Bett gehen zu können. Eigentlich waren die beiden auch sehr nett wie sich später rausstellte. Allerdings mussten wir erstmalig auch unsere Verlängerung über Booking.com buchen, da sie stur bei ihrem Preis blieben. So dumm war bisher noch kein Gastgeber gewesen. 

Am ersten Tag in Huaraz litt Franzi dann ausnahmsweise nicht an Höhenkrankheit sondern an einer verlegenen Schulter, die sie sehr einschränkte. Die Gelegenheit nutzten wir, um eine Serie zu bingen. Später am Tag schrieb ich ein paar Blogartikel, wurde dabei aber jäh unterbrochen. Hannah aus London, die wir beim Frühstück kennengelernt hatten, fragte, ob ich Spanisch könne. Nicht ohne Stolz bejahte ich. Sie fragte, ob ich ein Krankenhaus in Lima anrufen könne, da sie ein paar Medikamente benötigte. Da war ich schon weniger selbstsicher, aber wir versuchten zusammen ein Krankenhaus zu erreichen. Dabei stellte sich heraus, dass sie eine Tollwutimpfung brauchte und sie war auch schon den Tränen nahe. Sie erzählte, dass sie auf dem Weg zur Lagune Wilcacocha von einem Hund gebissen wurde, der auf sie zugelaufen war und dann einfach ihren Unterschenkel blutig gebissen hatte. Daraufhin war sie ins Krankenhaus von Huaraz gegangen. Die hatten aber am Sonntag kein Tollwutmedikament. Man braucht aber innerhalb von 24 Stunden eine Tollwutimpfung, sonst ist man sicher tot, wenn die Krankheit ausbrechen sollte. Dazu kam noch, dass Hannah nicht gegen Tollwut geimpft war. Deshalb brauchte sie zusätzlich Immunglobulin. Wir riefen also in Lima an, um zu erfahren, ob sie dort die Medikamente haben. Der Arzt sagte am Telefon "of course". Wir wissen ja inzwischen, dass Peruanern solche Garantien sehr leicht und unabhängig der Realität über die Lippen gehen. Also buchte Hannah einen Nachtbus zurück nach Lima, statt ein paar Tage später den viertägigen Santa Cruz Trek anzufangen, den wir auch buchen wollten. Wir gingen noch zusammen etwas essen, auch um Hannah etwas zu beruhigen. Meine Lomo Saltado Lasagne war im Übrigen recht lecker. Danach machte sie sich auf den Weg nach Lima, wo sie zum Glück am nächsten Tag die Spritze bekam. Sie braucht ohne Impfung, glauben wir, allerdings noch einige weitere. Das Immunglobulin hatte das Krankenhaus leider nicht. Daher fliegt sie jetzt mit Unterstützung der Britischen Botschaft zurück nach Großbritannien, damit sie dort das Medikament erhalten kann. Wir hoffen, dass es für sie gut ausgeht. Ihr Reiseerlebnis ist natürlich jetzt schon schwer beschädigt. Sie hat nur vier Monate Zeit. Ich halte es auch für fraglich, ob sie nach so einem Rückschlag die Energie findet nochmal weiterzureisen. Ich hoffe für sie natürlich, dass sie es schafft und das alles gut heilt. Nach einem Tag ohne viel für uns zu machen, folgte ein Tag voller Planungen, der ganz erfolgreich verlief. Wir erhielten erste Hinweise für den sehr abgelegenen Nationalpark Río Abiseo, den wir noch besuchen wollen, im Nationalparksbüro vom Nationalpark Huascarán, den wir hier vor Ort besuchen werden. Außerdem sammelten wir viele Informationen zum Santa Cruz Trek, der in vier Tagen durch die schöne Hochgebirgslandschaft des Huascarán führt. Abends gönnten wir uns nach einem Peruanischen Mittagessen eine große Menge Nachtisch im gemütlichen Café Andino.  

Eine der Llanganuco Lagunen. Tolle Farben. Ein wenig erinnerte sie uns an die Arayanen und das Wasser im Los Alerces Nationalpark in Argentinien.
Eine der Llanganuco Lagunen. Tolle Farben. Ein wenig erinnerte sie uns an die Arayanen und das Wasser im Los Alerces Nationalpark in Argentinien.

Der nächste Tag begann sehr früh. Zusammen mit Beth, die aus Bishop's Stortford stammt, wo heute Teile meiner Familie leben, und die auch mitgeholfen hatte Hannah etwas aufzuheitern, ging es bereits um kurz nach 5 Uhr morgens nach einem kurzen Frühstück in einen Tourbus. Das Ziel war heute, 700 Meter bergauf zu wandern bis zur Lagune 69, die nach der Nummerierung des dazugehörigen Gletschers benannt wurde. Da die Lagune 4.600 Meter über dem Meeresspiegel liegt, nahm ich sorgenvoll wahr, dass Franzi bereits sehr matschig am Frühstückstisch saß. Glücklicherweise stellte sich heraus, dass es an der Uhrzeit lag. Kurz vor einem Frühstücksstop konnten wir den einzigen Blick des Tages auf den Huascarán werfen, den höchsten Berg Perus mit über 6.700 Metern. Beim zweiten Frühstück unterwegs erzählte uns Beth dann, dass sie am Vortag zur selben Lagune gehen wollte, wo Hannah gebissen wurde, und dort auch viele, aggressive Hunde antraf und sogar die Einheimischen diese teilweise mit Steinen beschmissen. Die Wanderung ist beliebt zur Akklimatisierung, aber offensichtlich gefährlich wegen der Hunde im unteren Bereich. Nach dem Frühstück besuchten wir die schönste Lagune des Tages. Die Llanganuco Lagunen haben eine ganz besondere, grün- blaue Farbe und die Bäume mit den rot- orangenen Stämmen, die neben ihnen wachsen, komplettieren das schöne Bild der Berglandschaft in einem Tal. Kurz danach begann die Wanderung zur Lagune. Es gab eine Toilette, aber sie kostete 1 Sol. Daher gingen wir lieber ins Gebüsch. Es ist zwar nur 1 Sol (0,25€) aber wenn ich schon 30 Soles Eintritt für einen Eintageswanderweg zahle, dann nervt es mich, wenn ich dann noch extra für eine Toilette zahlen muss. Die Wanderung führte flach am Fluss entlang durch das begraste Tal. Hier grasten auch viele Kühe mit Hörnern, die sich freundlicherweise nicht so für uns interessierten. Ich finde, dass Kühe nichts in diesem Nationalpark verloren haben, wenn man ernsthaft Flora und Fauna schützen will, da sie das ganze Gras fressen und überall ihre Haufen hinterlassen. Angenehmer waren die folgenden Blicke auf die Gletscher und den eisbedeckten Gipfel des Chacraraju sowie einige Wasserfälle, die das Wasser vom Gletscher ins Tal transportieren. Wir mussten uns etwas ranhalten, da unser Guide uns nur drei Stunden Zeit gegeben hatte, um bis zur Lagune zu kommen und davon schon knapp die Hälfte um war, als wir noch beim ersten von zwei langen Anstiegen waren. Hier schluckte ich auch meine erste Höhenkrankheitspille, da ich stechende Kopfschmerzen bekam und mir beim Laufen sogar etwas schwindlig wurde. Danach war es zum Glück besser. Sonne und leichter Regen wechselten sich immer wieder ab. Auf der ersten Hochebene erreichten wir die "Lagune des Trostes", die uns allerdings nicht sonderlich beeindruckte. Entsprechend machten wir keine Pause, sondern liefen weiter und überholten so einige Teile unserer Gruppe. Nach einem langen, anstrengenden Anstieg erreichten wir die Lagune 69, die eine schöne, hellblaue Farbe hat, aber weniger schön war als gedacht. Leider hingen über den Gletschern und Schneegipfeln über uns fast lückenlos Wolken, die sich nach kurzer Zeit oben ihres geladenen Hagels entledigten. Ich zog schnell alle mir verfügbaren Klamotten an und dennoch wurde ich schnell kalt und nass. Beth war schon länger oben gewesen und verließ den höchsten Punkt der Wanderung daher direkt als wir ankamen. Nach einem mühsam erstellten Foto meines Smartphones, dessen nasse Oberfläche kaum zu Nutzen war und einer sehr unappetitlichen, da zermatschten Banane, machten wir uns auch direkt wieder an den Abstieg. Dennoch waren unsere Finger schon angefroren von der kurzen Zeit oben. Statt einer geplanten Stunde hielten wir es oben nur gut 20 Minuten aus.

Nachdem wir ein paar Meter herabgestiegen waren, wurde es direkt wärmer. Hier blies nicht der eiskalte Wind wie oben an der Lagune. Mein Kopf pochte etwas beim Abstieg. Es war gerade so viel, dass ich keine Kopfschmerztablette nahm. Von unseren Höhenkrankheitstabletten aus La Paz ist auch nur noch eine übrig. Nach dem ersten Abstieg machten wir auf einem Stein in der Nähe der Trostlagune eine Pause, um Teile der vielen Klamotten wieder auszuziehen, die wir bei nun wechselhaftem Wetter nicht mehr brauchten. Plötzlich schrie Franzi erfreut auf. "Vizcachas", ließ sie verlauten. Und in der Tat liefen die hasenähnlichen Tiere mit buschigem Schwanz durchs gelbe Gras, in dem sie sehr getarnt waren oder hüpften von Stein zu Stein. Gut, dass wir unsere neuste Anschaffung, einen großen Feldstecher, den wir in Lima gekauft hatten, dabeihatten. Das Foto durch diese Linse mit dem Smartphone, wie wir es in Manú geübt hatten, gelang zwar nur mittelmäßig, aber mit den Augen konnte man die Tiere sehr gut durch das Fernglas beobachten, was insbesondere Franzi sehr begeisterte. Nach diesem Highlight der Wanderung eröffnete Franzi mir, dass sie den 4-tägigen Santa Cruz Trek hier in der Berglandschaft des Huascaran Nationalparks nicht laufen möchte. Sie fand die Landschaft zu ähnlich zu Patagonien mit Lagunen, Gletschern und einer Art Tundralandschaft und wollte lieber schneller Reisen, um anderes zu sehen. In der Tat wirkt der Nationalpark hier ähnlich zu Patagonien nur 3.000 Meter weiter oben und viel näher am Äquator. Anders ist noch, dass die Berge weniger spitz sind als in Patagonien. Meine Kopfschmerzen verhinderten eine direkte Antwort, aber meine Motivation auf den Trek, den ich schon vor langem für uns rausgesucht hatte, hielt sich auch in Grenzen. Dazu kam, dass die Regenzeit langsam einsetzte. Während es in Huaraz im Juni bis August fast garnicht regnet, so regnet es hier jetzt häufig nachmittags. Manchmal schüttet es auch richtig. Ich hatte schon den Gedanken wieder nach Lima zu fahren und nach Mexiko City zu fliegen, um die Reise andersherum fortzusetzen, da das von der Wetterlage besser passen würde. Während im Norden Südamerikas langsam die Regenzeit einsetzt, ist in Mexiko gerade die Hurricane Saison vorüber. Aber zunächst einmal wollen wir an unserem Reisestil ohne Fliegen festhalten. Dennoch sah ich mich auch noch nicht nach einer Wanderung im strömenden Regen abends in ein Zelt schlüpfen, das vielleicht kein Wasser abhält und mich auch nicht ausreichend vor den Minusgraden schützt. Darüber hinaus gestaltete sich die Organisation mit einer Agentur etwas schwierig und alleine wollten wir den Trek auch nicht angehen, da wir nicht die Materialien mit uns führen, die es braucht, da es auf dem Trek keine Infrastruktur gibt und wir entsprechend alles mieten müssten. Wir müssen mal beobachten, wie sich der Regen weiter entwickelt und ob er uns zu stark einschränkt. In der Gegenwart holte uns erstmal unser Guide ein, da wir etwas trödelig unterwegs waren und jetzt die Letzten der Gruppe waren. Nach normalem Weiterlaufen überholten wir die langsamen Teilnehmer unserer Tour aber wieder. Schließlich erreichten wir das Klohäuschen am Ausgang weit vor den anderen, so dass ich genug Zeit hatte, nochmal auf Klo zu gehen, bevor wir die fast dreistündige Rückfahrt antraten. Ich bin da sicherlich zu unentspannt, aber mich nervt es, Geld für das Klo zu zahlen, wenn man schon den Eintritt für den Park gezahlt hat. Als der Mann mir dann noch lächerliche drei Papiere Klopapier für das extra Geld in die Hand drückte und auf Nachfrage nicht mehr gab, wurde ich auf Deutsch etwas ungehalten. Nach diesem unerfreulichen Abschluss der Wanderung setzte ich mich mit Kopfschmerzen in den Bus, in dem sich der Klomann auf die Treppen zur Tür neben mich setzte, da wir ihn offebar als letzte Tagesbesucher mitnahmen in seinen Heimatort. Das trug nicht zu meiner Entspannung bei. Unerfreulicherweise mussten wir dann auch noch vom Büro der Agentur bis zum Hostel laufen, was wir aber noch hinbekamen. Nach diesem sehr langen Tag war ich froh im Bett anzukommen.  

Ein Nagelkopf- der letzte den man in der Ruine von Chavín de Huantar noch findet.
Ein Nagelkopf- der letzte den man in der Ruine von Chavín de Huantar noch findet.

Für den nächsten Morgen hatten wir bereits Bustickets für 8 Uhr gekauft gehabt. Etwas nervös stellten wir fest, dass unser Frühstück nicht wie angekündigt um 7 Uhr sondern erst 20 Minuten später fertig war. Dennoch schafften wir es schnellen Schrittes noch unseren Bus nach Chavín de Huantar zu bekommen, der uns in knapp drei Stunden über die Bergkette fuhr bis in die kleine Ortschaft. Dort lief gerade eine Parade mit Posaunen um die Plaza allerdings gab es auch regelmäßig Explosionen, die wohl mit der Parade zusammenhingen und das ganze grüne Tal regelmäßig erschütterten. Später sahen wir die Explosionen, die in der Luft stattfanden, extrem laut waren und zunächst ein kleines Feuer in der Luft erzeugten und dann als schwarzer Rauch verdampften. Wir erschraken uns immer wieder. Unangenehm war auch der einsetzende Regen als wir unser Ziel, die Ruinenstätte in Chavín, betraten. Wir waren in einem grünen Tal und betrachteten eine grünbewachsene Ruine, die ein wenig einer Pyramide aus Stein entsprach. Später sahen wir noch einen großen, eckigen Platz und einen kleinen, runden Platz sowie Gebäude mit unterirdischen Galerien, die ebenfalls aus dem Stein der Berge gebaut waren. Beeindruckend war, dass die ganze Anlage schon um etwa 800 vor Christus als zeremonielles Zentrum in Benutzung war. Aus dieser Zeit war auch eine Steinstrebe, die voller illustrativer Schnitzereien war, von der wir erst im Nachhinein erfuhren, dass wir sie nicht hätten fotografieren dürfen. Es war ganz spannend, die steinernen Galerien zu erkunden, in denen man sich meistens bücken musste, um überhaupt reinzukommen. Ein paar Infotafeln auf Englisch gaben Hinweise über das Welterbe, das man übrigens nur besichtigen konnte, indem man das andere Welterbe, nämlich den Huascaran Nationalpark, durchquerte. Wir waren auch fast die einzigen, weißen Touristen hier neben vielen Peruanern. Ein Junge aus einer pubertären Schulklasse sprach uns mutig auf Englisch an, ob wir Englisch sprechen und ein Foto machen könnten. Etwas blamiert wirkte er, als Franzi ihm auf Spanisch sagte, dass wir auch Spanisch sprechen. Die Klasse freute sich sehr über das Foto mit den "Gringos" und als wir sagten, dass wir aus Deutschland kommen, konnte ein Junge mit Rüdiger, Kimmich, Müller und Ter Stegen sogar einige Fußballnationalspieler aufzählen. Interessant zu sehen, dass die Spieler von den großen Spanischen Vereinen und Bayern München hier am bekanntesten sind. Den Auftritt des großen Lionel Messi am selben Abend in Lima verpassten wir leider um einige hundert Kilometer, da wir nicht darauf in Lima warten wollten. Am Ende unseres Besuches entdeckten wir noch den berühmten "Nagelkopf", der einen menschlichen Kopf mit Katzenzügen darstellt und aus Stein gefertigt wurde. Am Hinterkopf befindet sich ein langer Steinnagel, der ihn in der Mauer hält und ihm seinen Namen gibt. Ähnliche Figuren haben wir auch in Tihuanaco schon gesehen, was ebenfalls eine antike Andenkultur war. Dieser Kopf sowie die Ruine befinden sich auch auf der Rückseite des 50 Soles Scheins. Nachdem wir mit der Anlage durch waren, gingen wir durch eine matschige Baustelle zurück Richtung Ortszentrum. Dort gab es dann eine Portion Ceviche in den Bergen. Dass die Forelle hier nicht frisch ist, erscheint logisch. Leider schien sie bei Franzi aber im Inneren noch tiefgefroren zu sein. Das Resultat zeigte sich am Folgetag. Nach dem Mittagessen ging es zum Busunternehmen, bei dem wir uns schon unsere Rückfahrt für 16:30 Uhr sicherten, da das Museum nur bis 16 Uhr aufhaben sollte, was wir noch besuchen wollten. Schließlich erreichten wir das Museum am komplett anderen Ende des Ortes. Keine Ahnung wer sich in dieser kleinen Ortschaft überlegt hatte das inhaltlich mit der Ruine verbundene Museum ans genau andere Ende des durch die Berge vorgegebenen, schmalen Ortes zu legen. Wir hatten also noch knapp über eine Stunde und wurden direkt negativ überrascht. Die Info von unserem Flyer, den wir bei der Ruine erhalten hatten, dass das Museum im Ruinenticket enthalten ist, war veraltet. Meine schlechte Laune deshalb konnten wir immerhin dahingehend nutzen, dass wir nur den Studentenpreis zahlen mussten. Es war gut dass wir die Sonderausstellung über Feminismus in Peru am Eingang übersprangen, denn eine Stunde stellte sich als zu wenig für dieses Museum heraus. Wir hatten eine schlechte Ansammlung an Artefakten erwartet, aber es war eines der besseren Museen Südamerikas bisher. Es gab Englische Texte, anschauliche Darstellungen und 3D Modelle mit Erklärungen. Darüber hinaus gab es Originalteile aus Chavin und es war sehr geräumig und fokussiert eingerichtet. Es war auch viel besser besucht als man am Ende eines Dorfes denken würde. Neben den Peruanischen Schulklassen, die morgens noch in der Anlage waren, trumpelte auch eine Amerikanische Reisegruppe lautstark durch das Museum und stellte sich so selbstbewusst und ignorant vor ein Schild, das ich gerade las, um ihrem Guide zu lauschen, wie ihre nationale Armee in manches Land einmarschiert. Abgesehen von den störenden Einflüssen anderer Besucher, waren wir positiv überrascht von einer großen Sammlung weiterer Nagelköpfe, die für ihr Alter von knapp 3000 Jahren super erhalten waren. Einige aneinandergereihte Köpfe, deren Größe einen eigentlichen, menschlichen Kopf übertraf, stellten die Verwandlung eines Schamanen in einen Jaguar dar. Damals wurden schon Halluzinogene genutzt von Schamanen, die solche Verwandlungen in der Vorstellung der Menschen möglich machten. Im sich gerade verwandelnden Zustand ist der Fluss der Rotze aus der Nase sehr deutlich im Stein festgehalten worden. Weitere gravierte Steine und Steinsäulen waren noch fantastisch erhalten. Die Schließung des Museums und die Abfahrt des Buses rückte aber unweigerlich näher. Schließlich hielten wir unseren Bus auf dem Weg zum Terminal an, der uns gerade überholt hatte, und stiegen schon ein. Eine gute Idee, da er das Terminal bereits fünf Minuten vor Abfahrtszeit wieder verließ und wir es bis dahin nicht zu Fuß zum Bus geschafft hätten. Abends gingen wir zum zweiten Mal in Folge ins Café Andino, in dem wir am nächsten Tag den Hattrick an Besuchen voll machten. Das gemütliche Restaurant mit Kamin und lackiertem Holzboden hat nicht nur leckere Kaffeegetränke und Kakaos, sondern auch ein super leckeres Curry, schmackhaften Kuchen und freundliche sowie aufmerksame Kellner. So konnten wir einen tollen Tagesausflug dort ausklingen lassen. Vielleicht war er auch so toll weil wir ihn selber organisierten und es keine Tour war.  

Am nächsten Tag warteten wir im Hostel auf die Abholung unseres Touranbieters. Der Hostelbetreiber fragte worauf wir warteten. Da fiel ihm ein, dass er die Tour, die er uns am Vortag bestätigt hatte, gar nicht reserviert hatte. Zum Glück waren wir früh dran und konnten noch aufgenommen werden. Eine halbe Stunde später wurden wir abgeholt. Es saßen schon ein Kanadier und ein Amerikaner im Bus, doch danach stiegen fast nur noch Peruaner ein. Am Ende musste ein Kind und der Guide Alex im Transporter stehen. Zwei müssen stehen? Vielleicht waren das die beiden Plätze, die wir spontan noch bekommen haben? Was tut man nicht alles für seinen Umsatz. Wir fuhren eine Stunde Richtung Pastoruri Gletscher im Nationalpark Huascaran, den wir heute nochmal besuchen wollten, ehe wir in einem Restaurant hielten um Kokatee zu trinken wie unser Guide, der versuchte Comedian zu sein, erklärte. Die Nordamerikaner konnten ihn übrigens nicht als Comedian wahrnehmen, da er nur Spanisch sprach. Irgendwie eine komische Konstellation in diesem Bus. Die gesamte Tour war auch auf Peruanische Touristen zugeschnitten mit insgesamt zwei Restaurantpausen auf Hin- und Rückweg, die über zwei Stunden dauerten und jeweils der erste und letzte Stop waren. Die Peruaner fanden das ganz toll. Die Oma mit der Familie oder die Frau, die ihr kleines Kind und den Hund auf dem Schoß dabei hatte. Einstimmig fanden wir Gringos einschließlich des Inders, der sein gesamtes Erwachsenenleben aber in den USA und den Niederlanden verbracht hat und jetzt durch Südamerika reist wie alle anderen Backpacker, diese Aufenthalte Zeitverschwendung. Es gab auch keinen Kokatee. Man konnte sich einen angeblichen Kokatee kaufen, der dann aber keiner war. Etwas genervt fuhren wir zum Nationalpark. Ich war schon komplett voreingenommen, da Franzi lauter schlechte Bewertungen der Agentur vorgelesen hatte. Wir gaben dem Guide das Geld für das Nationalparkticket, das für uns Ausländer knapp dreimal so teuer war als für Peruaner. Mehrmals hatte Alex darauf hingewiesen, dass die Preise auch am Parkbüro angeschlagen stehen, ohne das jemand sie anzweifelte. Wir wussten schon, dass wir erneut 30 Soles zahlen würden. Äußerst ungerne gab uns Alex später das Wechselgeld wieder, aber die Tickets erhielten wir noch nicht. Als wir am Rangerbüro nochmal auf Klo gehen wollten, lief direkt eine alte Frau los, um uns dafür gesondert abzukassieren. Genervt davon pissten wir hinter ihr Klohaus. So machten wir es auch den Rest des Tages. Begründet hatte ich das ja vorher bereits. Der Fokus richtete sich dann wieder auf die schöne Berglandschaft. Immer mehr schneebedeckte Gipfel tauchten auf. Wir hielten bei einer Lagune, die sieben Farben haben sollte. Sie hatte zwar nur eine, aber das türkis- hellblau war sehr schön.

Seht ihr die 7 Farben? Ich sehe vor allem eine und die ist in der Tat schön.
Seht ihr die 7 Farben? Ich sehe vor allem eine und die ist in der Tat schön.
Tierquälerei der lokalen Bevölkerung. Angeleinte Alpakas, die Sonnenbrillen aufgesetzt bekommen hatten. Ich habe es nur zu Dokumentationszwecken fotografiert und mit keinem Cent unterstützt.
Tierquälerei der lokalen Bevölkerung. Angeleinte Alpakas, die Sonnenbrillen aufgesetzt bekommen hatten. Ich habe es nur zu Dokumentationszwecken fotografiert und mit keinem Cent unterstützt.

Auch das dauerhaft sprudelnde, kalte Wasser in einer Art Pfütze war spannend. Inhaltlich erklären konnte unser Entertainer das aber auch nicht. Stattdessen machte er Werbung für die alte Frau mit zwei Alpakas neben der  Wasserquelle. Sie hatten den Alpakas Sonnenbrillen aufgesetzt und wollte natürlich Geld für Fotos. Erstaunlich wie viele Teilnehmer die Tierquälerei unterstützten. Am Ende lief sie mit einem orientierungslosen, stolpernden Alpaka los, während das andere ausrastete und versuchte seine Brille abzuschütteln, was es irgendwann auch schaffte und dann auch das Seil losriss mit dem es festgebunden war. Genauso gequält werden im übrigen hier im Nationalpark die Nutztiere, die überall rumstehen. So wurden Pferde und Kühe mit einem Seil unter anderem die Vorderbeine zusammengebunden, so dass sie nur hüpfen konnten oder es wurden die Köpfe von zwei Tieren zusammengebunden. Ich bin jetzt kein Tierliebhaber, aber das löste in mir den Wunsch aus die Tiere zu befreien von den Tätern, die ihnen das antaten. Schwer vorstellbar was Franzi fühlte als echte Tierliebhaberin.

Die Puya Raimondii. Vorne eine gestorbene Pflanze, dahinter junge Pflanzen und ganz hinten eine gestorbene Pflanze, die noch nicht umgefallen ist.
Die Puya Raimondii. Vorne eine gestorbene Pflanze, dahinter junge Pflanzen und ganz hinten eine gestorbene Pflanze, die noch nicht umgefallen ist.

Danach ging es mehr um Pflanzen. Die Bromelie Puya Raimondii wächst fast nur noch hier. Erst ist sie ein Busch mit grünen, breiten Blättern in alle Richtungen. Dann wächst ein Stiel, der über zehn Meter hoch werden kann aus der Mitte des Busches und blüht vier Monate. Er ist dann ebenfalls grün und hat unzählige Blüten mit entsprechend unfassbar vielen Samen, die wohl Kolibris auf über 4000 Meter Höhe abholen und verteilen. Wir sahen fast nur schwarze, tote Pflanzen, die später einfach auf den Boden fallen. Eine Bromelie blühte auch grün in der Ferne. Statt sie zu besuchen, fuhren wir aber weiter. Wir fragten nochmal nach unseren Nationalparktickets und Alex zeigte sie kurz und sagte, dass er sie später verteile. 

Die Route der 4 im 4x4 gleicht enorm unserer Route sowohl in Bezug auf die Zeit als auch die Orte. Viermal trafen wir uns fast bisher. Auch sehr schön, dass alle Welterbe auf ihrer physischen Karte im Auto eingezeichnet sind.
Die Route der 4 im 4x4 gleicht enorm unserer Route sowohl in Bezug auf die Zeit als auch die Orte. Viermal trafen wir uns fast bisher. Auch sehr schön, dass alle Welterbe auf ihrer physischen Karte im Auto eingezeichnet sind.

Wir fuhren einige Zeit mit dem Bus bergauf an einigen Gletschern vorbei bis zu einem Parkplatz auf knapp 5000 Metern über dem Meer. Dort stand ein altes Feuerwehrauto mit einem Deutschen Kennzeichen aus Weiblingen und einigen Fahnen von Ländern, die offenbar schon besucht wurden. Nach einem Besuch hinter dem Klohaus liefen wir als letzte los. 1,5 Stunden hatte Alex uns gegeben, bis das Auto wieder losfahren sollte. Als wir nach 30 Minuten sehr erschöpft am Pastoruri Gletscher ankamen, wussten wir dass das zu wenig Zeit ist. Insbesondere weil Teile der Tour ja noch für einen weiteren Restaurantbesuch gebraucht wurden, nervte mich das. Ältere Teilnehmer nutzen kostenpflichtige Pferde, um Richtung Gletscher zu kommen. Allerdings endete der Pferdeweg schon bei der Hälfte des Weges aus unerklärlichen Gründen. Die älteste Frau schaffte es dennoch bis zum Gletscher und zurück, auch weil wir schließlich knapp 2,5 Stunden vor Ort waren. Wir nutzten die Zeit und unterhielten uns mit der Schwäbischen Familie aus dem Feuerwehrauto. Die Vier im 4x4, wie sie sich nennen, sind schon seit Mai 2022 mit dem Auto auf Tour. Die Eltern mit ihren Kindern im Kindergartenalter reisten erst einige Monate durch Nordeuropa und dann nahezu auf der selben Route durch Südamerika wie wir und auch ungefähr gleich schnell. Ihr Auto wurde von Hamburg nach Montevideo verschifft. Im Juni hatten wir es tatsächlich zufällig unter dem Tukanbaum bei Johan im Garten gesehen, allerdings ohne mit ihnen in Kontakt zu kommen. Es ist auf jeden Fall sehr beeindruckend, dass sie so eine Tour mit Kindern und eigenem Auto über zwei Jahre auf die Beine stellen. Später besuchten wir noch ihr mobiles Zuhause von innen.

Das ist der 4x4 ohne die 4, den wir in Bolivien schonmal entdeckt hatten.
Das ist der 4x4 ohne die 4, den wir in Bolivien schonmal entdeckt hatten.
Der Pastoruri Gletscher, der sich die letzten Jahre erschreckend schnell verkleinert hat.
Der Pastoruri Gletscher, der sich die letzten Jahre erschreckend schnell verkleinert hat.

Achso und den Pastoruri Gletscher besichtigten wir auch noch, der ein Sinnbild für den Klimawandel ist. Seine Rückbildung ist beispiellos und erschreckend. Allerdings war das nicht der Fokus unseres Besuches. Eher fand ich die unterschiedlichen Reisestile bei gleicher Reiselänge spannend. Die 4 im 4x4 konnten im Gegensatz zu uns kaum Spanisch. Dafür waren sie auch noch nicht so genervt von den Leuten. Ihr Auto bringt sie außerdem an entlegenere Orte. So verbrachten sie viel Zeit an der einsamen, Argentinischen Küste oder schwammen mit ihrem Auto auf einem Boot durch den Pantanal und sahen vier Jaguare. Auch trafen sie Andendorfbewohner, die noch nie weiße Menschen gesehen hatten und trotz ausschließlicher Körperkommunikation super hilfreich, herzlich und zuvorkommend waren.

Eine lebende und ausgebildete Puya Raimondii. Wenn sie weiß blüht, ist sie wohl noch beeindruckender. Foto durch unser neues Fernglas geschossen.
Eine lebende und ausgebildete Puya Raimondii. Wenn sie weiß blüht, ist sie wohl noch beeindruckender. Foto durch unser neues Fernglas geschossen.

Alex rief uns irgendwann zurück zum Auto, als alle Peruaner wieder eingetrudelt waren. Erstaunlicherweise hielten wir auf dem Rückweg auf meine Nachfrage bei der blühenden Bromelie, was auch den fotografieaffinen Inder freute. Eigentlich hatte Alex gesagt, dass die Gruppe Hunger hat und jetzt ins Restaurant möchte. Dann war er eingeschlafen. Aber just bei der Bromelie wachte er auf und ließ uns feststellen, dass wir nicht sehr nah rankamen, da die Landschaft sehr sumpfig war. Die Peruaner waren natürlich nicht ausgestiegen. Wir waren auch froh wieder schnell im Auto zu sein, da ein Hagelsturm einsetzte.

Auf erneute Nachfrage bekamen wir dann auch endlich die Nationalparktickets. Es waren die selben Tickets wie zwei Tage zuvor bei der Laguna 69 für den Nationalpark. Allerdings waren sie im Gegensatz zu den von vor zwei Tagen nicht mit Datum abgestempelt, gelocht und hatten auch keine fortlaufende Seriennummer. Das machte uns stutzig neben den bisherigen Indizien, dass etwas komisch läuft und der Tatsache, dass Alex sehr viele Tickets in seiner Tasche hatte- gefühlt mehr als Teilnehmer an diesem Tag. Unser Verdacht ist, dass er einen Altbestand an unbenutzten Tickets immer dabei hat und einen Deal mit der Rangerin, dass er sich einen Teil des Geldes, das er für den Nationalpark einsammelt in die eigene Tasche steckt. Wir können es nicht beweisen, aber ich stichelte ihn noch etwas dazu und er konnte sich auch nicht entlasten. Immerhin konnte ich die anderen Gringos auch noch überzeugen ihr Ticket abzuholen, in der Hoffnung dass er fünfmal weniger seinen Betrug vornehmen kann und keine unersättliche Quelle an Tickets hat. Der Inder hatte auch das Gefühl, dass nicht alles mit rechten Dingen zuging. Wir schrieben später eine Rezension mit unserem Verdacht bei Google für die Agentur mit dem Tipp, dass man dem Ranger das Ticket direkt abkauft und nicht dem Guide Geld gibt. Wir mussten dann trotz Fragens eine Stunde auf die futternden Peruaner warten, bis wir endlich nach Huaraz fuhren, wo wir letztmals ins gemütliche Café Andino einkehrten. Um dort hinzukommen, liefen wir durch den heftigen Platzregen in der Dunkelheit. Ich hatte einfach die Tür des Transporters aufgerissen, als wir am nächsten Punkt des Restaurants waren, obwohl Alex es wegen angeblicher Polizeikontrollen in diesem Bereich untersagt hatte. Ich wollte aber nicht länger als nötig durch den Regen laufen. Ein unharmonischer Abschluss mit einem Guide, der in Teilen einfach das falsche Klientel in seiner Gruppe hatte. Die Peruaner fanden ihn mit seinen dummen Witzen und unnötigen Essenspausen bestimmt erstklassig.  

 

Die Umgebung von Huaraz ist fantastisch. Allerdings würde ich sie jedem außerhalb der Regenzeit und mit Tollwutimpfung empfehlen. Vielleicht kommen wir im Deutschen Sommer nochmal wieder um den Santa Cruz Track zu machen. Jetzt geht es zurück an den Pazifik. Da dort Wüste ist, regnet es sicherlich nicht.  

Blick vom Hostel durch einen Park auf die Berge hinter Huaraz. Oft war es regnerisch und bewölkt, aber zum Abschluss ergab sich nochmal dieser tolle Blick.
Blick vom Hostel durch einen Park auf die Berge hinter Huaraz. Oft war es regnerisch und bewölkt, aber zum Abschluss ergab sich nochmal dieser tolle Blick.

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