Puerto Velasco Ibarra
geschrieben von Timo
Der Begriff Paradies ist natürlich schnell gesagt oder geschrieben, auch wenn es für gewöhnlich immer etwas zu beanstanden gibt. Aufgrund einiger organisatorischer Gegebenheiten ergab es sich, dass wir kurzfristig die untouristischste der vier bewohnten Inseln im Galápagos Archipel ansteuerten, die Franzi unbedingt besuchen wollte. Isla Floreana war tatsächlich die erste dauerhaft bewohnte Insel im Archipel u.a. weil es eine Süßwasserquelle gibt. Und das Spannendste ist, dass nicht irgendwelche Ecuadorianer die Insel bewohnten, sondern um das Jahr 1930 herum unterschiedliche, Deutsche Siedler hier ankamen. Zunächst ein Zahnarzt mit seiner Geliebten, der hier ein esoterisches Leben verbringen wollte. Durch seine Briefe, die über Yachten an die Deutsche Presse gerieten, erfuhr auch Familie Wittmer mit Vater, Mutter und krankem Sohn von der abgelegenen Insel und kam drei Jahre später hier an. Darüber hinaus kam eine Österreichische, selbsternannte Baronin mit zwei Geliebten, die sich zur Inselleiterin erklärte und ein Hotel für reiche Gäste bauen wollte. Es gab Konflikte um das rare Trinkwasser und die Geschenkte, die Schiffe für die Wittmers und Dr. Ritter und seine Geliebte mitbrachten und von der Baronin eingesackt wurden. Irgendwann verschwand die Baronin mit einem Geliebten für immer spurlos und Dr. Ritter starb kurz danach an einer Fleischvergiftung, nachdem der Vegetarier Fleischsuppe gegessen hatte. Seine Geliebte verließ die Insel gen Deutschland und der zweite Geliebte der Baronin war zuvor schon auf Isla Marchena verdurstet und verhungert, nachdem er mit einem Fischer versucht hatte wieder wegzukommen. So blieben nur die Wittmers, die schon nach wenigen Monaten ein Kind- Rolf- gebaren, das der erste Ureinwohner der Insel ist. Heute steht eine Statue von Rolf im Hafen und ein Hotel Wittmer, das von Floreanita, Rolfs Schwester, und ihrer Tochter betrieben wird am schwarzen Strand (Playa Negra) direkt neben dem Hafen. Es wird noch Deutsch gesprochen, aber natürlich auch Spanisch, schließlich sind wir in Ecuador. Wenn ihr mehr über diese spannende Siedlungsgeschichte wissen wollt, empfehlen wir euch die TerraX Doku, die wir gesehen haben, als wir eigentlich etwas über die Tiere auf der Insel erfahren wollten und stattdessen Einblicke in diesen Teil der Deutschen Geschichte bekommen haben. Man kann es auch gut mit Darwins Evolutionstheorie vergleichen, die ja auch auf seinem Besuch im Galápagos Archipel beruhte, und die besagt, dass die Stärksten überleben. Das waren in dieser prekären Umgebung offenbar die Wittmers aus Köln. Viele Deutsche Reisegruppen kommen hier her. Wir begegneten auch einer. Ansonsten ist die ganze Insel aber auch im speziellen der Strand faszinierend schön und gleichzeitig herrlich abgeschieden. Die Elemente Kokospalmen, schwarzer Sand und schwarze Lavasteine, Seerobben, Pelikane, ab und an Galápagos Pinguine, viele bunte Fische und riesige Fischschwärme unter Wasser, kreisende Fregattvögel in der Luft und unmittelbare Nähe zu einem schicken Hotelzimmer, machen das Hotel zu einem paradiesischem Ort.
Etwas abgezockt wurden wir mit der Fähre hierher. Der nette Fährenmann in Puerto Ayora sagte uns, dass wir nur mit dürfen, wenn wir die Tour auf Floreana mitmachen, bei der alle außer uns am Ende eines langen Tages wieder zurück nach Puerto Ayora fahren würden. Statt 30 USD für die Fähre zahlten wir also 100 USD pro Person für eine Tour. Die Tour war nicht schlecht, aber man auch gut alles selber erkunden können in den drei Tagen, die wir hier sein würden. Schon am Hafen wurden wir von unzähligen Meerechsen begrüßt, die hier in der Sonne entspannten und lediglich heftig mit dem Kopf nach oben und unten wackelten, wenn sie Gefahr witterten. Das war der Fall, wenn die Menschen ihnen zu nahe kamen. Manche von ihnen waren rot und grün gefärbt. Das sind wohl Männchen, die in der Paarungszeit besonders anziehend aussehen wollen. Auch sahen wir die Statue von Rolf und die Post Office Box im Hafen. Eigentlich steht die Original Post Box, eine Holztonne, an einem anderen Ende der runden Insel. Die ursprüngliche Idee war es, dass Seeleute, die hier anlegen schauen können, ob sie einen Brief von anderen Leuten mitnehmen können, wenn sie in den richtigen Teil der Welt fahren. Heute ist eine Attrappe der Tonne mit derselben Idee im Hafenort Puerto Velasco Ibarra aufgestellt, der zugleich der einzige Ort der Insel ist.
Wir gingen im Folgenden an zwei unterschiedlichen Stränden schnorcheln. Es gab viele bunte Fische zu sehen und Meeresschildkröten. Die riesigen Tiere gleiten relativ langsam durchs Wasser und futtern Pflanzen von den Steinen. Eine Schildkröte entspannte auch am Strand als wir kamen und verabschiedete sich dann aber gemächlich ins Wasser als wir kamen. Später wurden alle Tiere, die wir hier sahen eher langweilig da man sie überall sah. Unsere neue 70 USD Unterwasserkamera aus Cuenca schrotteten wir auch direkt, da Wasser reinkam. Daher versuchten wir es im Folgenden mit einer Unterwasserhülle fürs Handy. Franzis neues Smartphone, das wir erst seit Lima hatten, machte so zwar ab und an schöne Bilder unter Wasser, aber nach drei Wochen Galápagos hatte sich Nässe im Inneren gesammelt, die bis ins neue Jahr hinein immer noch nicht verschwunden ist, so dass wir später in Puerto Ayora ein Induktionsladegerät kaufen mussten, da das Smartphone bis heute nur selten ein Laden mit Kabel wegen der Feuchtigkeit im Anschluss akzeptiert. Die Lobería, also Seelöwenbucht, war ein schöner Ort zu Schnorcheln. In der Ferne sah man Seelöwen am Strand. Das Gestein, das in schönen Sandstrand überging, war schwarz und unförmig. Man kann erkennen, dass es so wie ganz Galápagos einmal Lava war und dann gefroren ist. Der zweite Strand, an dem wir schnorchelten war Playa Negra. Der schwarze Sand gibt dem Strand seinen Namen. Es war auch der Strand, an dem wir die nächsten Tage verbringen würden, da hier das Hotel Wittmer liegt. Das wussten wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Fast alle der Tourgruppe waren etwas schnorchelmüde nur Franzi entdeckte viele bunte Fische nahe der Felsen. Nach dem Mittagessen ging es noch ins "Hochland" der Insel, die etwas kleiner ist als Isla Santa Cruz. Hier liegt auch die aus der Doku besagte einzige Süßwasserquelle der Insel, um die es bei den Deutschen vor hundert Jahren Streit gab. Ein stetiger, langsamer Tropfen kam zwischen den Steinen hervor. Inzwischen sieht der Ort etwas industrieller aus und ist abgesperrt. Dazu gibt es auch eine Meerwasserentsalzungsanlage. Dennoch ist Leitungswasser gemischt süß und salzig, da es trotz weniger Bewohner nicht genug Süßwasser gibt. Auch sahen wir hier die natürliche Lavahöhle, in der Rolf Wittmer geboren wurde. Das muss schon eine krasse Wandlung sein, sein Kind in einer Höhle auf einer nahezu unbewohnten Insel am Äquator zu bekommen statt in Köln mit allem was dazu gehört. Ebenfalls trafen wir die Floreana Landschildkröten hier an, unsere ersten dieser Gattung. Sie sind sehr groß und leben derzeit einige Tage eingesperrt, damit sie nicht das Gift fressen, was Helikopter auf der Insel verteilen, um den Ratten Einhalt zu gebieten. Ab und an sahen wir auch den Helikopter kreisen. Spannend ist ihre Geschichte bzw. die Theorie zu ihrer Geschichte. Landschildkröten waren willkommene Vorräte für Seeleute, da sie ein Jahr lang überleben konnten ohne Verpflegung. Daher wurden sie gerne mitgenommen in der Vergangenheit. Das rottete die Floreana Landschildkröte aus. Aber auf anderen Galápagos Inseln gibt es zum Glück noch Landschildkröten. Man konnte bei einigen Landschildkröten auf Isla Isabela feststellen, dass sie auch Eigenschaften der ausgestorbenen Floreana Landschildkröte besitzen. Die Theorie ist, dass Seeleute mal eine Landschildkröte über Bord haben gehen lassen und diese nach Isabela getrieben wurde, wo sie sich daraufhin mit den dortigen Landschildkröten vermischten. Jetzt gibt es ein Wiederansiedelungsprogramm für die Schildkröten, von denen einige Vorfahren vielleicht ursprünglich mal auf dieser Insel gelebt hatten. Genauso wie auf Santa Cruz ist das Hochland auch auf Floreana sehr grün und logischerweise nass. Uns erwischte auch ein schöner Regenschauer.
Als die Tour zu Ende war und die anderen Touristen wieder zwei Stunden zurück fuhren nach Santa Cruz, erreichten wir unser zuhause für die nächsten Tage. Das Hotel Wittmer zählte für uns mit 70 USD pro Nacht ohne Frühstück zu den teureren Unterkünften. Allerdings war es jeden Cent wert. Die Lage hatte ich ja vorhin schon beschrieben. Dazu kam die spannende Geschichte mit der Eigentümerin Floreanita, die als zweite auf der Insel geboren wurde, und ihrer Tochter die heute das Hotel betreibt. Die Tochter empfing uns auch sehr freundlich auf Deutsch und wir waren uns sehr sympathisch. Zum Beispiel empfahl sie uns original Floreana Kaffee von ihrer Nachbarin zu kaufen. Wegen einer verworrenen Ausrede sollte das aber nicht klappen, aber dann doch als wir mit der Nachbarin an der Tür sprachen. Frau Wittmer war mit mir mitgekommen. Nach dem Gespräch dachte ich nur so, dass das genau die Art ist die mich so an Südamerika stört und unaufgefordert beschwerte sich Frau Wittmer auch genau darüber.
Wir gingen auch noch im kleinen Dorfladen einkaufen. Es gab zwar nicht viel, aber wir kauften Brotbelag, Joghurt, Nüsse, Pasta und Tomatensauce und holten Brot beim Bäcker. Frau Wittmer gab uns noch eine mobile Herdplatte und so kamen wir die gesamte Zeit ohne Restaurantbesuch aus. Der ist auch nicht so einfach, da man sich mittags für abends ankündigen muss, sonst öffnet das Restaurant nicht. Vielleicht waren wir an einem Tag auch mal die einzigen Touristen auf der ganzen Insel. Insgesamt wohnen auch nur ein paar hundert Leute hier. Es war sehr friedlich und dörflich hier. Im Laden wurden wir zwar interessiert angeguckt, aber fühlten uns total wohl. Jedes Produkt wurde einzeln auf einen Zettel geschrieben und so abgerechnet. Abends gingen wir nochmal zum Strand, an dem wir die Meerechsen beobachteten, die auf den Steinen saßen oder aus dem Meer zurück kamen. Es war sehr friedlich und vor allem waren wir fast alleine hier. Man entdeckte auch immer wieder am Strandweg Meerechsen, an denen man zuvor schon haarscharf vorbei gelaufen war. Manchmal waren sie schwer von Steinen auseinanderzuhalten und man musste aufpassen nicht draufzutreten.
An meinem Geburtstagsmorgen war ich schon früh wach und genoss den Blick auf den Strand mit den regelmäßig schlagenden Wellen, den Seelöwen, die aus dem Wasser wieder kamen und dem Wind, der durch die Palmblätter wehte. Drinnen wurden durch Franzi noch letzte Vorbereitungen im Zimmer getroffen. Als ich wieder reinkam und kurz die Augen zumachte, sah ich Franzi mit einem Kuchen in der Hand singen und Ballons in der Form einer zwei und einer acht.
Den Kuchen hatte Frau Wittmer spontan am Tag unserer Ankunft für uns gebacken. Ich wurde reich mit guten, frischen Socken beschenkt- zuletzt eine Mangelware im Gepäck. Auch gab es neben dem Kuchen und dem Floreana Kaffee, den ich am Vortag geholt hatte, frische Früchte von der Insel. Die ließen sich gut mit Joghurt und den Nüssen zu einem Frühstück mischen. Die Maracuyá war super zum einfach so snacken. Zum Glück liebt Franzi sie nur als Saft, da sie ihr sonst zu sauer ist. Nach viel gemütlichem Liegen in der Hängematte und Kommunikation nach Deutschland, starteten wir einen kleinen Spaziergang zum Flamingosee in der Mittagshitze. Letztlich gab es dort gar keine Flamingos, aber der Weg durch zerklüftetes Lavagestein war dennoch spannend. Immer wieder versteckten sich Lavaechsen und Meerechsen auf den Steinen und in den heranrauschenden Wellen sahen wir Meeresschildkröten schwimmen. An einem Strand lagen fünf Meeresschildkröten auf einem Haufen und gingen langsam und nacheinander ins Wasser als wir kamen.
Sie schimmern in schönen Farbtönen. Das Geräusch der sich zurückziehenden Wellen auf den Steinen des Strandes war ebenfalls einprägsam und beruhigend. Abends gingen wir noch am Playa Negra schnorcheln. Wir waren die einzigen hier. Der Tag wurde mit einem Sonnenuntergang vom Balkon im Meer hinter den Palmen ausgeklungen.
Unseren ersten Blaufußtölpel entdeckten wir als wir eines Abends nochmal einen Spaziergang zur Lobería machten. Vor ihm war allerdings ein Pelikan mit seinem weißen, flauschigen Jungen, was noch spannender war. Die beste Begegnung mit Vögeln hatten wir allerdings beim Schnorcheln an der Playa Negra. Plötzlich schwammen drei Galápagos Pinguine neben uns. Sie putzten sich in Rückenlage an der Oberfläche und ließen uns ganz nah kommen ohne gestört zu wirken. Der Galápagos Pinguin ist der einzige, der auch in der nördlichen Hemisphäre natürlich vorkommt, da der Norden der Isla Isabela auf der Nordhalbkugel liegt. Einige Minuten schwammen wir mit den Pinguinen durch die Bucht ehe sie wieder abzischten. Franzi holte extra ihr Handy aus der Hülle um Überwasserfotos von den Pinguinen machen zu können, was mit dem neuen Handy beim Schwimmen natürlich nicht ganz risikofrei war. Dabei schoss sie ein Foto mit dem Pinguin im Vordergrund und Hotel Wittmer im Hintergrund, das auch das neue Werbefoto vom Hotel sein könnte.
Unser Jahrestag startete sehr früh. Zwei Tage nach meinem Geburtstag liefen wir hektisch zur sandigen Hauptstraße, um den Bus um 6 Uhr morgens zu bekommen. Tatsächlich fuhr er vor uns um 05:59 Uhr ab aber hielt nochmal beim Laden, so dass wir ihn einholen konnten. Er nahm uns mit bis zu einem kurzen Wanderweg auf einen Hügel im grünen Hochland mit schönem Blick über die Insel und eine halbe Stunde später nahm er uns wieder zurück ins Dorf. Der umgebaute Lastwagen mit überdachten Sitzreihen nimmt üblicherweise die Bewohner mit zu ihren Feldern im fruchtbaren Hochland und holt sie später wieder ab. Da Importieren teuer ist, wird vieles selber angebaut. Am Eingang des Wanderwegs führte ein weiterer Wanderweg zur Post Office Bay. Der originale Ort, wo man ein wenig Holzschrott sehen kann, was mal ein Postfass war, ist eigentlich nur noch über Kreuzfahrtschiffe zugänglich. Theoretisch gibt es eine Tagestour, bei der man von hier losläuft und dort mit dem Boot abgeholt wird und dann zurück nach Puerto Velasco Ibarra gebracht wird. Praktisch kostete sie für etwas Wandern aber mehrere hundert USD pro Person. Und ohne Guide darf man den Weg nicht gehen Erika Wittmer wurde sogar schonmal angekreidet, weil ihre Gäste in der Post Office Bay auf ein Kreuzfahrtschiff stießen und von den Mitarbeitern des Schiffes verhört wurden, die das wiederum dem Stadtrat meldeten. Durch solche Maßnahmen schafft es Galápagos wirklich eine nette Touristenattraktion nahezu unzugänglich zu machen und einem den Spaß zu verderben. Wären wir noch einen Tag länger geblieben, hätten wir die Wanderung ohne Guide gemacht, da sie an einem langen Tag hin und zurück zu Fuß zu bewältigen ist, solange einen der Bus wieder an der Hauptstraße einsammelt.
Zum Abschied steckten wir unsere Karten noch in die aktuelle Post Box am Hafen. Sie kamen in weniger als einem Monat in Deutschland an, da eine nette Frau aus München sie mitnahm und dann mit der Deutschen Post versendete. Vielleicht war sie sogar Teil der Deutschen Reisegruppe, mit der wir uns noch kurz unterhielten, als sie einen Abend im Hotel Wittmer mit uns übernachtete. Als ich eine Karte in der Box entdeckte, auf der Franzi und Timo steht, dachte ich erst Franzis Familie hätte etwas Besonderes organisiert zu unserem Jahrestag und diese Karte dort platziert, wie auch immer ihnen das gelungen war. Tatsächlich hatte Franzi sie im Laufe des Tages dort für mich platziert. Das war eine nette Überraschung vor Abschluss und Bootsfahrt zurück nach Santa Cruz.
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