Kuala Kangsar
geschrieben von Timo
Nach unserem Besuch der Cameron Highlands ging es mit dem Bus zurück ins Flachland. Auf der schlangenförmigen Straße ins Flachland war es wohl zu einem schweren Unfall gekommen, so dass wir lange im Stau standen, was bei einer Busfahrt ohne Toilette sehr unangenehm war. Wenn ich den Busfahrer richtig verstanden hatte, war es aber sogar zu dem Tod eines Motorradfahrers gekommen. Beim Vorbeifahren sah man jedenfalls ein Motorrad ohne Vorderreifen und ein beschädigtes Auto.
In Ipoh, einer Großstadt auf der malaysischen Halbinsel, angekommen, stiegen wir dann fast als einzige aus dem Reisebus aus, der die ganzen anderen weißen Touristen wohl noch weiter nach Penang fuhr. Ein netter Linienbusfahrer ließ uns eine halbe Stunde in seinem klimatisierten Bus warten, bis er uns günstig und pünktlich ins Zentrum fuhr. Es lief dauerhaft laute, Indische Musik und auf der Rückbank lag eine Matratze für ihn zum Schlafen. Nach einem längeren Fußmarsch durch die Stadt erreichten wir auf der anderen Flussseite unser Hotel für eine Nacht, das uns netterweise auf Nachfrage anbot, dass wir bis zum nächsten Tag um 3 Uhr nachmittags im Zimmer bleiben können. Nach dem Check-In gingen wir noch in ein Chinesisches Restaurant, das vom Lonely Planet empfohlen war. Alles war dort genauso hektisch und chaotisch wie im Buch beschrieben. Wir wurden zwar gefragt, ob wir essen wollen, da es keinen freien Tisch gab, dann wurden wir aber wieder vom Kellner vergessen oder ignoriert. Also setzten wir uns selber an einen Tisch und nahmen uns die Speisekarten. Ein nicht Englischsprachiger, alter Kellner ging umher und fragte nach Getränken, in dem er auf die wenigen Optionen der Karte deutete. Franzi bestellte etwas mit Zitrone und ich einen Chinesischen Tee. Kurz darauf brachte er die Getränke, allerdings war Franzis Getränk salzig! Eine lokale, Englischsprachige Frau nahm unser Entsetzen wahr und erklärte uns, dass es ein spezielles Getränk sei, dass einen stärken soll. Es war allerdings das Getränk eine Zeile oberhalb des Zitronengetränks, das Franzi bestellt hatte. Nachdem einige Zeit kein Kellner kam und sich schon eine Schlange vor dem Lokal gebildet hatte, ging ich direkt zu einem Kellner und bestellte das, was vom Menü noch verfügbar war. Das war nicht sehr viel, aber zumindest noch das typische Hühnchen mit Sojasprossen. Uns wurden noch zwei weitere Europäer an den Tisch gesetzt und kurz danach wurde ein leckeres aber nicht umwerfendes Essen geliefert. Die Menschenschlange wurde zeitgleich trotz der noch lange nicht eingetretenen Zeit für den Feierabend einfach aufgelöst und wir durften noch aufessen, obwohl um uns herum schon die Plastiktische aufgesammelt wurden und mit Schläuchen alles abgespritzt wurde.
Danach streunten wir noch über den Nachtmarkt mit vielen gefälschten Produkten und Franzi war so begeistert von einer Fußmassage, dass ich mich auch überreden ließ. Wir unterhielten und nett mit den beiden Einheimischen, deren Hände in Plastikhandschuhen unsere eingeölten Füße kneteten. Während Franzi es sehr genoss, litt ich die meiste Zeit der Massage unter Schmerzen. Immerhin fühlte es sich nach der halben Stunde bei uns beiden so an, als würden wir auf Wolken spazieren.
An unserem einzigen Tag in Ipoh erkundeten wir die koloniale Architektur der Stadt auf dem "Heritage Trail", den die Tourismusbehörde erstellt hat und besuchten auch ein Museum über den Abbau von Zinn, der zu viel Reichtum in Malaysia geführt hat, aber gleichzeitig für viele Menschen eine knallharte Arbeit darstellte. Das Museum hatten uns die beiden vom Abendessentisch empfohlen gehabt. Zunächst ging es zum Frühstücken in ein schönes, Chinesisches Lokal im Peranakanstil, in dem wir unseren eigenen Patio hatten und ich das Malaysische Frühstück Nasi Lemak genoss, das neben Reis und einer Kokosnusssauce aus sauer eingelegtem Gemüse, Erdnüssen und einigem anderen besteht. Auf dem Weg zum Museum wurde wohl ein Laden eines Chinesen eingeweiht, ansonsten konnte sich unser Guide am Folgetag die zwei tanzenden Löwen sowie die Figur eines Chinesen mit einigen Zuschauern vor der Ladentür nicht erklären. Das Ritual soll Glück für den Laden bringen.
Die Tour im Museum war dann wie versprochen exzellent. Das Gebäude, in dem die Tour stattfand war der ehemalige Gentlemen´s Club der Chinesen in der Stadt, in der die Männer ungestört ihr Geld bei Spielen gegeneinander verdaddeln konnten. Es wurde erklärt wie die Arbeit in den Flüssen in der Nähe von statten ging, um das Zinn zu gewinnen. Für nicht sehr viel Geld musste man dafür stundenlang am Tag in der brütenden Hitze körperlich arbeiten. Viele nutzten daher abends Opium, um die Anstrengungen und Leiden zu vergessen, was hier ebenfalls dargestellt wurde. Die Chinesen, die mit dem Geschäft reich geworden waren, wurden im oberen Raum beim Spielen von Mah-Jongg oder auch einem wesentlich simpleren und auf Glück basierendem Spiel gezeigt, bei dem sie ihr Geld einsetzten. Auch wurde erklärt, dass es mehrere Clans in der Stadt gab und alle Chinesischen Männer umworben wurden, um nach einem Eintrittsritual Teil eines der Clans zu werden.
Nach unserer Tour stärkte ich mich mit dem inzwischen üblichen Kokosnussshake, den es fast überall in Asien bisher gab und der aus Eis, Sahne, Kokosnussspeiseeis und Kokosmilch oder ähnlichen Zutaten besteht. Bei der "Heritage Tour" stachen dann nur wenige der Gebäude hervor, die wir sahen, während wir durch die Innenstadt in der prallen Sonne liefen. Am Ende der Tour am Bahnhof, der vielleicht das hübscheste Gebäude war und passend zu seinem Vorbild "Mini Taj Mahal" genannt wird, saß Franzi mit einem halben Hitzeschlag unter einem Baum. Nur mit Mühe schaffte sie es zurück ins Hotel, wo es nach dem Packen noch zu einem Indischen Restaurant ging, wo leckeres Essen auf Bananenblättern serviert wurde. Ich habe mich schon daran gewöhnt, dass man einfach etwas bestellen sollte und dann schaut was kommt. Franzi versuchte zwei Gerichte aus der Karte miteinander zu kombinieren und das den Indischen und nicht so gut Englisch sprechenden Kellnern zu erklären. Natürlich scheiterte es und danach wurde sie aus ihrer Sicht provokant von allen gefragt, ob denn alles gut sei. Mit der Taktik einfach irgend etwas zu bestellen und sich überraschen zu lassen, fahre ich inzwischen deutlich besser. Mit dem Gepäck ging es danach zu Fuß zurück zum Bahnhof, den die Briten architektonisch in der Tat der Mogularchitektur Indiens nachempfunden haben. Mit einem bequemen Pendelzug ging es eine halbe Stunde nach Kuala Kangsar, von wo aus wir erneut abseits des Gringo Pfades versuchten ein Welterbe zu besichtigen.
Nach einem langen Fußmarsch vom Bahnhof zu unserer Unterkunft, den wohl sonst jeder mit einem Gefährt zurück zu legen scheint, war ich froh, dass unsere Unterkunft schon aufgeschlossen war und ich so erstmal auf der Toilette verschwinden konnte. Wir gehen inzwischen so selten mit dem Backpack, dass es ungewohnt stark auf meinen Unterleib zu drücken scheint insbesondere in Kombination mit der Aufnahme nicht komplett hygienischer Lebensmittel. Nach dem schnellen Betreten der Unterkunft, begrüßte uns unser Gastgeber Jasmond, der genauso gut Englisch sprach wie er meinungsstark auftrat. Dabei war er allerdings recht sympathisch und wir verabredeten uns am nächsten Tag gemeinsam zu frühstücken. Auch arrangierte er uns einen Guide, der uns am nächsten Tag ins Lenggong Tal mitnehmen würde, um das dortige Welterbe zu besichtigen.
Morgens ging es wie angekündigt um Punkt 9 Uhr zum Chinesischem Frühstücksort, wo allerdings schon einige Produkte ausverkauft waren, da manche Stände unerwartet geschlossen hatten. Da ging die sehr überzeugte Rechnung mit der Uhrzeit von Jasmond wohl doch nicht so gut auf. Für meine Nudelsuppe brauchte der geschäftige Stand dann über zwanzig Minuten, so dass Jasmond schon zur Arbeit fahren musste, als ich gerade erst anfing zu essen. Das war aber nicht weiter schlimm, da inzwischen unser Guide Chou eingetroffen war und noch einen Kaffee trank, wären ich mein Frühstück beendete. Zunächst zeigte er uns den Chinesischen Tempel gegenüber von unserem Frühstücksmarkt, der unter einem großen Wellblechdach von statten ging.
Vor dem Tempel standen in einer rechteckigen Formation riesige Räucherstäbchen mit 3D Drachenmotiven und Chinesischen Texten, die Namen darstellten. Wir hatten diese aus der Entfernung zunächst mit geschlossenen Sonnenschirmen verwechselt. Tatsächlich brannte die vordere Reihe der roten Stelzen aber gemächlich wie ein Räucherstäbchen ab. Auch dieses Ritual soll natürlich Glück bringen oder Wünsche erfüllen und wurde im Zusammenhang mit dem neuen, Chinesischen Jahr des Drachen begonnen. Nach der kleinen Besichtigung machten wir noch eine Tour durch Kuala Kangsar, was zwar eine kleine Stadt ist, aber tatsächlich voll mit interessanten Gebäuden wie wir feststellten. Ich wusste von der "königlichen Moschee", die mit ihrer goldenen Kuppel so spektakulär aussah wie auf den Fotos, die ich vorab gesehen hatte. Von der Moschee aus sah ich allerdings noch mehr goldenen Kuppel in der Entfernung, die sich als Königsresidenz herausstellten. Also fuhren wir auch noch dort hin, wobei man den gigantischen Palast zwischen den Bäumen aus der Nähe gar nicht mehr so erkennen konnte, wie man ihn aus der Entfernung gesehen hatte. Dafür stand ein kleinerer, unbenutzter Holzpalast im Freien, der an den Sultanspalast aus Malakka erinnerte. Auf meinen Wunsch hin hielten wir noch bei einem Stand, bei dem ich mir einen Tee mit Milch holte, der in einer Plastiktüte mit Strohhalm zum Mitnehmen serviert wurde.
Das Lenggong Tal, durch das der Perak Fluss fließt, der der Region von Malaysia ihren Namen gibt und mich im Unklaren lässt, warum das Tal dann überhaupt Lenggong Tal heißt und nicht Perak Tal, hat eine bedeutende prä-historische Geschichte vorzuweisen. Hier wurde der Perak Mann gefunden, eines der ältesten, kompletten Skelette Südostasiens, und auch noch ältere prä-historische Werkzeuge wie z.B. eine Steinaxt. Darüber wurden wir in einem großen Museum, das aber nur einen Raum, der dennoch alles Nötige zeigte, geöffnet hatte, aufgeklärt. Vorher hatten wir schon einen Stausee besichtigt, der für die urzeitlichen Menschen und ihre Vorfahren von großer Bedeutung war, da sie im Wasser ihr fischiges Essen fanden.
Nach einem weiteren Kaffee aus der Tüte fing unsere kleine Höhlentour an. Die Höhle, die definitiv Welterbe ist, ist leider nur über einen dreitägigen Genehmigungsprozess und mit Guide besuchbar und unser Guide wollte diesen Prozess nicht umgehen, auch wenn die Erfolgschancen, dass der entsprechende Zaun auch so geöffnet sein würde, wohl nicht allzu schlecht standen, wie ich aus unterschiedlichen Quellen wusste. Stattdessen besuchten wir andere Höhlen derselben Felsformation, in dem wir das Auto in einem Wohngebiet parkten und einen schlecht gepflegten, kurzen Weg durch den Dschungel in der brütenden Hitze gingen. Im Wald war es dann deutlich angenehmer ohne direkte Sonneneinstrahlung. Die Höhle, die den Urmenschen wohl als großer Unterstand diente, war von rechteckigen Löchern geprägt, in denen Archäologen ihre Ausgrabungen vornehmen. Besonders aktiv oder abgeschlossen wirkte die Ausgrabungsstätte allerdings nicht. Auch hier gab es einen Zaun, der aber zum Glück geöffnet war. Nach diesem Ausflug fuhren wir nur ein kleines Stück weiter, um einen zweiten, ähnlichen Ausflug vorzunehmen. Nachdem es zunächst durch eine Kautschukplantage zu Fuß ging, wurde der menschengemachte Weg immer verwachsener und als wir durch das Unterholz liefen verloren wir diesen ganz. Es war zwar nicht weit bis zu der Höhle, aber ein paar Meter waren leider sehr sumpfig unter dem Laub, so dass meine Sneaker schön in den Schlamm einsanken. Die Höhlen glichen der ersten und waren teilweise von Ausgrabungen gezeichnet. In die zweite Höhle mit hoher Decke konnte man hineinlaufen und es gab einen Punkt, an dem der Boden dunkel war, wenn man keine Lampe verwendete und man nur das Sonnenlicht vom Eingang und einem Fenster in der Entfernung sah. Unangenehm fand ich, dass die Fledermäuse, die hier leben um uns herum flogen, da wir sie wohl aufgeweckt hatten. Die Tiere, die möglicherweise Tollwuterkrankt sind, fliegen schnell im Dunkeln und ich habe Furcht davor, dass sie sich vampirartig auf mich stürzen und beißen und ich mich nicht dagegen wehren kann, da ich sie ja gar nicht sehe. Zum Glück ist dieser Fall wohl eher sehr unwahrscheinlich, beschäftigt mich aber in solchen Fällen dennoch. Unser vorletzter Stopp führte zu einer großen Freifläche, die früher mal der Boden des Flusses war. Hier fand man ein urzeitliches Werkzeug, das bis zu 200.000 Jahre alt gewesen sein könnte. Heute fließt der Fluss 72 Meter weiter im Tal und der Ort wäre ohne die Info vielleicht der uninteressanteste in ganz Malaysia. Froh zurück im klimatisierten Auto zu sein fuhren wir zum letzten Halt. Zwar nicht Teil des Welterbes, aber für Chou einer der spannendsten Orte, waren einige Malereien an der Außenwand eines weiteren Felsens. Sie sollen alte Überlieferungen der Ureinwohner darstellen und wurden vor über hundert Jahren einem weißen Besucher gezeigt, der sie fotografierte. Unter anderem sieht man Affen an einem Baum. Heute wirkt aber alles viel unklarer als auf dem Foto, was darauf hindeutet, dass die Malereien nicht viel älter als das Foto von ihnen sein kann. Chous Theorie nach wurden sie aber über Jahrhunderte immer wieder aufgefrischt. Wir waren noch mehr als bei anderen Höhlenmalereien skeptisch was ihre Bedeutung anging. Nach etwas Schlaf auf der Rückfahrt ging es zurück nach Kuala Kangsar, von wo uns der Zug nach Butterworth brachte und wir zum Sonnenuntergang mit der Fähre nach Georgetown auf Penang fuhren.
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