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Fastenbrechen

Penang

geschrieben von Timo

Nach unseren untouristischeren Halten in Ipoh und Kuala Kangsar gelangten wir in Georgetown auf der Insel Pinang zurück auf die übliche Route der weißen Touristen. Da es sich auch um ein Welterbe zusammen mit Melakka handelt, waren wir natürlich dennoch völlig zu Recht hier. Schon nach unserer Fährfahrt von der Stadt Butterworth an Land rüber nach Georgetown liefen die ersten Deutschen, die wir noch aus den Cameron Highlands kannten, an uns vorbei. Pinang, das früher von den Briten Prince of Wales Island genannt wurde, nachdem es 1786 für die Krohne auserkoren worden war, fühlt sich nicht an wie eine Insel, da es groß ist, über eine riesige Brücke bzw. alternativ über zuverlässige und regelmäßige Fähren mit dem Festland verbunden ist. Ebenso wie Singapur und Melakka zählt es zu den "Straits [of Malakka] settlements" der Briten, die zu kolonialer Zeit entscheidend für den Handel waren. Während Malakkas Abstieg mit dem Ende der napoleonischen Kriege und der Übernahme der Briten von den Niederländern besiegelt war, stieg Georgetown Anfang des 19. Jahrhunderts erst so richtig auf. Genauso wie in den anderen beiden Orten ist die Stadt voll mit leckerem Essen der Malaysischen, Chinesischen und Indischen Küche, Menschen deren Vorfahren aus eben diesen drei Kulturkreisen stammen sowie kolonialen und Peranakan Gebäuden, der Chinesischen Immigranten, die es zu Geld geschafft hatten.

Auch unsere Unterkunft war ein ehemaliges Shophouse, also ein Gebäude, in dem früher unten ein Laden war, und oben die Betreiber gewohnt haben. Es war sehr hübsch eingerichtet. Drinnen standen lauter Antiquitäten und es gab ein Café, das gefühlt je nach Laune manchmal geöffnet hatte und wenig Tische und Besucher hatte, dafür mit zwei Mitarbeitern, die selten etwas zu tun hatten, völlig überbesetzt war. Wenn man durch das lange Gebäude durchging folgte irgendwann ein sehr schön begrünter Hinterhof und auch unsere Unterkunft sowie einige andere Unterkünfte. Nach dem Marsch durch den kleinen Urwaldweg kam man zu unserer zweiflügligen Holztür, durch die man in den unteren Bereich unserer Wohnung kam. Dort war die Toilette und Dusche sowie ein Bücherregal mit einigen Büchern, die andere Reisende wohl hier gelassen hatten. Tatsächlich inspirierte es mich mal wieder ein Buch zu lesen, was ich bestimmt schon ein Jahr lang nicht mehr getan hatte. Ich schaffte es sogar vor der Weiterreise fertig zu lesen. Es war eine moderne Liebesgeschichte eines Österreichischen Autors. Es gab alte Fensterläden aus Holz sowie grob und bunt verputzte Wände. Es war sehr stimmig. Eine steile Treppe weiter oben lag unser Doppelbett, das nur dilettantisch durch ein Moskitonetz geschützt war. Leider fingen wir uns so in vielen Nächten Stiche. Besser wurde es nur, wenn wir nachts die Klimaanlage laufen ließen, die zu ließ, dass wir uns unter die dünne Decke legen konnten, ohne zu überhitzen, was Stiche an großen Teilen des Körpers verhinderte. 

Deftiges, Chinesisches Frühstück
Deftiges, Chinesisches Frühstück

Das Stadtzentrum von Georgetown ließ sich gut zu Fuß erkunden. Ich hatte den Eindruck, dass viele den Namen der Insel- Penang- als Synonym für den Namen der Stadt nutzten. Überall im Stadtzentrum findet man Shophouses, die in einer schönen Mischung aus etwas alt aber noch nicht stark renovierungsbedürftig erscheinen. Alles ist voll mit Geschäften - vor allem Restaurants- und Touristen. Auf einer der Hauptstraßen ist sogar eine kleine Strecke eingerichtet wie es sich für westliche Touristen gehört. Es gibt Pubs und Kneipen und ein bisschen Party Stimmung mit westlicher Musik. Das hat mich allerdings gar nicht angezogen, andere aber schon. In einem der vielen Chinesischen Restaurants an einer Straßenecke, der von der Stimmung her wie ein Hawker Center oder eine offene Kantine daher kam, aßen wir extrem leckeren, gebratenen Schweinebauch mit Reis und einer passenden Saucenbrühe. Auch beim Frühstück waren wir alleine dreimal im Lokal Tho Yuen, das ausschließlich von Chinesen besucht war und auch einige Stereotype bediente wie einen alten, dicken Chinesen, der laut rülpste und schmatzte während er seine Suppe aß oder einen alten Mann, der in seiner Chinesischen Zeitung las. Hier fuhr immer ein Wagen umher (ab 6 Uhr morgens), der Dim Sum (Gefüllte, heiße Teigtaschen) verkaufte. Franzi suchte sich immer die leckersten aus, während ich meistens ein Gericht vom Menü bestellte wie eine Suppe oder Reis mit Hähnchen. Aus europäischer Sicht sind das natürlich alles sehr mächtige Frühstücksspeisen, aber daran waren wir inzwischen schon gewöhnt. Zu Franzis Enttäuschung waren die Baos hier leider nicht sehr lecker, dennoch war sie die Hauptantriebsquelle immer wieder her zu kommen wegen der Dim Sums.

Hawker Center mit eines Asam Laksa Stand (links) und einem Rojak Stand (3. von links)
Hawker Center mit eines Asam Laksa Stand (links) und einem Rojak Stand (3. von links)

Auch die typisch lokalen Gerichte wie Asam Laksa und Rojak probierten wir auf einem offenen Hawker Center am Stadtrand, das dennoch gut gefüllt war. Während Asam Laksa, eine Art Fischsuppe, mir mundete, fand ich Rojak eher unappetitlich. Eine sehr viskose, dunkle Masse, in die man sein Essen hineindippte und die etwas süß schmeckte kam, nachdem wir Rojak bestellt hatten. Es fiel mir schwer es auf zu essen. Franzi fand es etwas besser aber auch nicht gut. 

Die katholische Kirche
Die katholische Kirche

Die Stadt wird mir vor allem wegen der vielen und diversen, religiösen Gebäude in Erinnerung bleiben. Ganz systematisch besuchten wir einige der bekanntesten von ihnen auf einer Route, die mal von einem Kulturverein zusammengestellt worden war und die man heute online abrufen kann. Die Strecke ist sehr kurz und beginnt mit zwei sehr weißen Kirchen. Eine ist anglikanisch und eine ist katholisch. Die katholische Kirche ist erstaunlich zurückhaltend gestaltet, da es kaum Figuren, Farben oder Ornamente gibt. Es wirkt fast wie eine evangelische Kirche.

Verbrennende, überdimensionale Räucherstäbchen
Verbrennende, überdimensionale Räucherstäbchen

Auf die Kirchen folgte ein Chinesischer Tempel, vor dem gerade viele, alte Chinesen auf eine Essensausgabe warteten und sich dann direkt auf dem Vorplatz über das erhaltende Essen hermachten. Manche hatten noch etwas für die Tauben übrig, die ihre ganzen Freunde zur Speise heran holten. Ein junger Chinese kaufte eines der riesigen Räucherstäbchen mit Drachenfigur drauf, die wir schon aus Kuala Kangsar kannten und ließ es anzünden. Dann hielt er es noch einige Zeit in der Hand und steckte es dann in eine Halterung vor dem Tempel, wo es noch lange rauchen würde, während der Mann zwischenzeitlich in den Tempel hinein ging und es auch später nicht mehr beachtete. Viele machen die uns schon bekannte Zeremonie vor dem Tempel, bei dem sie mehrere, kleine Räucherstäbchen in die Hand nehmen und mit ihnen vor dem Tempel zusammen mit dem gesamten Oberkörper auf und ab wedeln. Nach dem Prozedere werden die Stäbchen in eine dafür vorgesehenen Ständer, der mit Sand gefüllt ist, gesteckt wo sie weiter räuchern. Im Tempel war natürlich alles rot und voll mit Lampions und es gab einen Altar mit einigen Götterfiguren hinter einer Glasscheibe. Einige religiöse Besucher machten eine kleine Rituale für die sie Geld bezahlten und ihnen ein Experte half. Generell ist ein Chinesischer Tempel ein bisschen wie ein Einkaufshaus für Spirituelles. Draußen werden die Materialien verkauft und drinnen die Leute mit der Expertise. Sicherlich werden Zeit und Kosten akzeptiert, wenn sie einem dafür das nötige Glück im Leben bringen.

Der nächste Chinesischen Tempel wirkte danach komplett anders. Er war auch geöffnet, aber niemand war hier. Umso besser, denn so konnten wir in Ruhe sein schönes Äußeres und Inneres erkunden. Viele schicke Motive schmücken die Holzkonstruktion, die durch ihren Bau mit einem Zwischenhof sehr angenehm durchlüftet ist trotz der extremen Hitze, die wir jeden Tag in Georgetown erleben mussten. Beruhigend war, dass auch die Einheimischen es zu heiß fanden.

Unser Besuch danach führte uns in die Kapitan Keling Moschee. Wie schon bei unseren Besuchen in Singapur und Kuala Lumpur sprach uns eine Frau am Eingang an, die uns eine Führung geben wollte, die eher über die Religion als über das Gebäude informierte, weswegen ich nicht so begeistert war. Franzi hatte allerdings von Anfang an gute Laune, da die Tour Damen sie für ihr Äußeres mit Kopftuch (Multifunktionsschal) und langer Hose sowie Bluse mit langen Ärmeln lobten. Gleichzeitig wurde eine Gruppe Französischer Touristen aufgehalten, da sie nicht adäquat gekleidet waren. Wir hatten uns trotz Hitze extra lange Hosen für die vielen Tempel des Tages angezogen und hier hatte es sich erstmals ausgezahlt. Während der Tour stellte sich dann heraus, dass Anis, wie unsere Führerin hieß, sehr sympathisch und offen für unsere Fragen war und dass sie uns auch einiges erzählte, das wir noch nicht wussten. Sie erklärte uns auch einiges über Ramadan, da die Fastenzeit kurz vor unserem Besuch in dieser Moschee begonnen hatte. Über das Moschee Gebäude erfuhren wir nichts Spannendes, aber das war nach dem netten Gespräch auch nicht so schlimm. Anis empfahl uns noch eine Moschee außerhalb der Stadt auf der Insel, die "schwimmt". 

Zwei Chinatempel und einen Kokosnussmilkshake sowie eine frische Kokosnuss später (Ich mag übrigens frische Kokosnussprodukte) besuchten wir das letzte Ziel unseres Ausflugs. Die Moschee am ruhigen Ende der "Harmony Street", deren viele religiösen Stätten wir besucht hatten, ist nach der Stadt Aceh benannt, die wir auf Sumatra besucht hatten. Das Minarett erinnert etwas an einen Leuchtturm und war schön mir Girlanden geschmückt. Wir kamen pünktlich zum Nachmittagsgebet und durften den Männern von außen beim Beten zuschauen. Sehr aufschlussreich für uns war zuvor gewesen, als wir den Muezzin vor der Gebetsnische entdeckten, wie er über ein Headset zum Gebet aufrief und für uns klar wurde woher der Ruf des Minarettes kam. Zuvor hätte ich gedacht, dass die Ansage vom Band kommen könnte, aber es wird immer frisch und echt eingesprochen. Auch beim Gebet nutzte er noch das Headset und seine Gebetsverse konnte man leise durch die Lautsprecher hören. Wir waren die einzigen Touristen hier und ein Mann zwang uns freundlich einige Plastikschalen mit Porridge auf, die eigentlich an die Gläubigen vergeben wurden für das Fastenbrechen bei Sonnenuntergang. Wir lenkten ein und nahmen einige der Schalen mit, wobei wir etwas sortierten, da die meisten den Brei auch von außen dran kleben hatten. Daraufhin spendeten wir noch etwas und wollten gehen. Dabei wurden wir von einem anderen, der wohl zuständig war für die Essensausgabe und vorher nicht dabei gewesen war, skeptisch beäugt, da er wohl dachte, dass die Touristen das Essen für das Fastenbrechen klauen. So war es aber definitiv nicht gewesen. Das Essen schmeckt vermutlich auch besser, wenn man es nach 13 Stunden ohne Essen und Trinken zu sich nimmt, als wenn man schon den ganzen Tag gegessen hatte.

Kurz darauf stellten wir auf dem Rückweg die Essensschalen vor dem Hindutempel der Altstadt ab, um auch diesen von innen zu besuchen. Er hatte gerade auf gemacht und war geschlossen gewesen, als wir ihn vorher besuchen wollten. Man durfte innen im Gegensatz zu den bisherigen Hindutempeln unserer Reise keine Fotos machen und so waren wir schnell wieder draußen. Schön anzusehen war es dennoch vor allem der Tempelaufbau mit seinen vielen bunten Figuren, die hier noch um Lichterketten ergänzt waren. Ein Mitarbeiter mit einer kuriosen Afroperücke kehrte den Dreck im Tempel zusammen. Einer der Priester mit typischen, brustfreien Gewand surfte noch auf dem Smartphone ehe die Gläubigen kamen, was aber laut Tempelregeln verboten war. Die Tour durch die religiösen Stätten war touristisch gesehen sicherlich das Spannendste was wir in der Stadt gemacht haben. Allerdings hatten wir zuvor schon einige andere Attraktionen angesehen. 

Die blaue Villa gehörte einem Chinesen, der es wahrlich vom Tellerwäscher zum Millionär geschafft hatte nachdem er als armer, junger Mann Mitte des 19. Jahrhunderts aus Südchina zunächst nach Jakarta (damals Batavia) gegangen war und dann später sein Traumhaus für seine Lieblingsehefrau (ich glaube seine siebte. Ich glaube er war alt und sie knapp zwanzig Jahre alt, als sie heirateten) in Penang errichten ließ, das wir nun besichtigten. Es wirkt von außen gar nicht so groß wie es von innen ist, da es nicht extrem viel in die Höhe und in die Breite gebaut ist sondern auch vor allem viel in die Tiefe. Sie wirkt sehr mediterran durch ihren blauen Anstrich und die schönen, pinken Blüten, die an ihr ranken. Von innen sahen wir dann den üblichen Peranakan Stil, den wir schon zur Genüge aus Malakka, Singapur und Medan kannten. Dennoch war es bei den heißen Temperaturen angenehm sich den schicken und gut ventilierten Ort anzuschauen, auch wenn unsere Führung mit über vierzig Teilnehmern etwas vollgestopft war für ein etwas verwinkelt gebautes Gebäude. Daher schauten sich viele auch das Gebäude lieber selber an, als der Guide zu folgen. Unsere Bekannten aus den Cameron Highlands und das Pärchen, mit dem wir in Ipoh gegessen hatten, waren auch mit dabei. Man trifft sich auf der Malaysia Reiseroute auf jeden Fall auch wieder. Große Teile des Gebäudes, das nur nicht zerstört wurde, da es die Japaner für einen Tempel hielten während der Besatzung im zweiten Weltkrieg und das völlig renovierungsbedürftig Ende des 20. Jahrhunderts "wiederentdeckt" wurde, sind heute ein sehr schickes Boutique bzw. Heritage Hotel.

Ein modernes Highlight der Stand sind die Wandgemälde eines Litauers, der hier vor einigen Jahren aktiv war und so eine neue Attraktion geschaffen hat, die ein wenig an Banksy erinnert. Wir besuchten die Kinder auf dem Fahrrad auf dem Weg zum Chew Jetty. Sie wurden auf eine hässliche, graue Mauer gemalt und scheinen auf einem permanent befestigten Fahrrad zu fahren, das wirklich vor der Wand steht. Auch einige weitere Gemälde entdeckten wir in der Stadt u.a. an der Außenwand unserer Unterkunft. Dort scheint sich ein riesiges Mädchen auf zwei Fenster Giebel zu stützen und hat es damit auf einige Postkarten der Stadt geschafft.

Auch Moped fahren ist auf den engen Gassen des Chew Jetty möglich
Auch Moped fahren ist auf den engen Gassen des Chew Jetty möglich

Der Chew Jetty ist ein Stadtteil, der dem Wasser abgerungen wurde. Im Gegensatz zum modernen Ansatz, der wir in Dubai, Singapur oder den Niederlanden gewählt wurde, um Land zu gewinnen, wurden hier einfach alle Gebäude und Wege auf Holzpfeilern ins Wasser gebaut. Es ist auf dem Hauptweg sehr touristisch und man kann überall etwas kaufen und auf dem Nebenweg sehr untouristisch, da es nur aus Wohnhäusern besteht. Hier haben alle eine kleine Terrasse vor der Tür mit einem Schuhregal, da man wohl nur barfuß oder sockfuß reingeht und einem Chinesischen Tempel im Eingangsbereich. Es waren eher schlichte Unterkünfte. Auf einem Schlauch im Wasser entdeckten wir ein Tier, dass aussah wie eine Mischung aus einem Fisch und einem Amphib und das wir später als Schlammspringer identifizieren konnten. Die Augen sitzen lustig wie zwei Scheinwerfer auf dem Körper drauf.

Nach dem wenig beeindruckenden Chew Jetty besuchten wir noch einige koloniale Gebäude wie den weißen Uhrturm, der für Queen Victorias sechzigjähriges Krohn Jubiläum gebaut wurde oder das Rathaus. Im Gegensatz zu den Tempeln waren die Gebäude aber eher wenig spannend. Franzi hatte zu dem Zeitpunkt auch schon wieder mit der Hitze zu kämpfen und war mental schon nicht mehr ganz anwesend, so dass wir lieber schnell nach Hause gingen.

Franzi informiert sich akustisch über Kräuter und Gewürze
Franzi informiert sich akustisch über Kräuter und Gewürze

Sehr schön war der Tagesausflug an die Nordwestküste der Insel. Dort besuchten wir den Tropical Spice Garden, einen großen Garten mit einer Sektion zu Gewürzen und vielen Blumen, Pflanzen und ähnliches aus der Region sowie aus den Tropen weltweit. Es gab einen sehr guten Deutschen Audioguide, der nur in manchen Bereichen wegen mangelndem WLAN nicht funktionierte und uns vielen Neues zu den Pflanzen erzählte, die wir sahen. Normalerweise finde ich Pflanzen zwar spannend, aber es ist mir zu anstrengend und langweilig mich näher mit ihnen zu beschäftigen. Durch diese Führung wurde uns aber einiges näher gebracht und wir verbrachten gut vier Stunden damit alles einmal anzuhören und anzuschauen. 

Auf dem Rückweg mit einem Linienbus, der preiswert ist und sehr gut funktionierte (Vielleicht sollten die Stadtplaner von hier mal aus KL angeheuert werden), stiegen wir bei der "schwimmenden" Moschee aus, die uns Anis empfohlen hatte und die tatsächlich sehr hübsch war und auf Stelzen stand. Witzigerweise arbeitete Anis heute hier und erkannte uns wieder. Sie hatte nicht gedacht, dass wir ihrem Rat folgen würden und erzählte uns, dass sie jeden Tag in einer von vier touristischen Moscheen auf der Insel arbeitet, um Touristen über den Islam zu informieren. Schockiert war sie als ich in kurzer Hose nochmal in die Moschee reinlief, um ein Foto zu machen, als diese gerade leer war. Ich hatte vergessen, dass ich meinen kniebedeckenden Umhang bereits ausgezogen hatte und Franzi rief mich netterweise zurück In unserem Gespräch mit Anis lud sie uns ein am nächsten Tag mit zu einer kleinen Moschee in Georgetown zu kommen, um dort mit ihr das Fasten zu brechen. Tatsächlich fastete sie gar nicht, da sie derzeit ihre Tage hat und man dann genauso wie wenn man krank oder schwanger ist vom Fasten ausgenommen ist. Wir sagten ihr bereits zu, da wir einen Abend im Ramadan unter Muslimen eine spannende Erfahrung fanden, die sich wohl so schnell nicht wieder ergeben würde. Außerdem verstanden wir uns sehr gut mit Anis. Auf dem Weg zurück in die Unterkunft hielten wir bei einem Open Air Hawker Center, das kaum Gäste hatte kurz nach Sonnenuntergang. Allerdings stellten wir fest, dass das nur für den vorderen Bereich galt und hinter einer Sichtbarriere schon sehr viel Trubel war. Dort probierten wir das Asam Laksa und Rojak, das ich weiter oben schon angesprochen hatte ehe es mit dem verlässlichen Linienbus zurück zur Unterkunft ging. 

Den letzten Tag verbrachten wir im Hin Bus Depot, das heute kein Busdepot mehr ist, sondern ein Raum für Kunst mit Ausstellungen, dauerhaften Läden und Galerien sowie ein Ort für Workshops und für Events. Besonders spannend fanden wir das Motto des Tages: "Die kleine Raupe Nimmersatt", und fragten uns wie sie wohl eingebunden sein würde. Es stellte sich heraus, dass sie bis auf einen kleinen Stand, an dem man eine Raupe aus Pappe basteln konnte, nichts von der Geschichte zu sehen war und auch die Leute, die wir fragten nichts von dem Motto wussten. Dennoch war es ein cooler Ort, den wir auch auf Grund der vielen Hipster Optionen für Kaffee, Kuchen und Getränke spannend zu erkunden war. Es gab Töpfer- und Bastelworkshops im Angebot, die aber mit Voranmeldung funktionierten und einen Laden eines Australiers, der vor über zehn Jahren beteiligt war ein Portugiesisches Schiff auf dem Meeresboden auszuräumen und heute auf scheinbar legalem Wege die Waren- Porzellan aus einer Chinesischen Dynastie von vor über vierhundert Jahren- in der Form von Schmuck verkauft. Wir kauften nichts, aber hatten ein interessantes Gespräch mit ihm während im Hintergrund Videos der Tauchaktionen liefen, die die Schätze vom Meeresboden empor gebracht hatten. Ben war damals als Taucher für das Filmen zuständig, da er eigentlich Journalist war. Das Sandsackwerfen in ein Loch über einige Meter brachte uns Spaß und cool war noch ein Stand der anbot ein Gedicht in 20 Minuten über eine persönliche Geschichte der eigenen Wahl zu schreiben, nachdem man diese Preis gegeben hatte. Ansonsten gab es viele Schmuckstände, ein paar Kartenleger und einige weitere Antiquitäten in einem Flair, das an die Schanze erinnerte. 

In dieser kleinen Moschee verbrachten wir den Abend mit dem Fastenbrechen
In dieser kleinen Moschee verbrachten wir den Abend mit dem Fastenbrechen

Es wäre vermutlich cooler gewesen, wenn wir auch gefastet hätten, aber insbesondere der Teil mit dem kein Wasser trinken bei über 30 Grad Celsius war für uns keine Option. Wir waren aber auch sonst nicht darauf bedacht gewesen und kamen so nicht mit leerem Magen bei einer kleinen Moschee an einer lebendigen Hauptstraße an. Wir wurden von einigen Männern begrüßt und interessiert angeschaut und sahen dann auch schnell Anis, die uns ebenfalls begrüßte, wobei sie mich wie schon gewohnt nicht berührte, da der Körperkontakt zu nicht direkt verwandten oder verheirateten Männern ein Tabu ist. Wir hatten gehofft uns zu dritt zu unterhalten, aber fast wie von mir befürchtet gab es eine Trennung zwischen dem Männer- und dem Frauentisch. So saß ich mit vielen fremden Männern am Tisch und versuchte mit etwas Smalltalk mit ihnen ins Gespräch zu kommen. Das klappte so mittelmäßig, aber sorgte immerhin dafür, dass sie mich freundlich anlächelten und als die Sonne untergegangen war mir Essen und Getränke gaben vom Buffet, das vor uns stand. Ich war vorher gespannt wie sehr sie sich über die Nahrungsmittel hermachen würden nach einem langen Tag des Fastens. Sie aßen und tranken in der Tat sehr rasch, allerdings kann das auch daran gelegen haben, dass es nur kurz nach dem Essen zum Gebet ging. Ich fühlte mich etwas komisch mit in die Moschee reinzukommen und beim Gebet zuzuschauen, aber da Franzi im Frauenraum das selbige tat und mich ein "Bruder" mitnahm, schien mir das die bessere Option zu sein als alleine draußen zu sitzen. Das Gebet lief ab wie wir es schon zuvor bei der Acheh Moschee beobachtet hatten. Zunächst wuschen sich die Männer in einem Pool spezielle Körperstellen ehe sie hinein gingen wo der Imam bereits betete und in ein Headset sprach, das mit den Lautsprechern verbunden war. Außer "Allahu akba" (Gott ist der Größte) verstand ich logischerweise sehr wenig von dem was gesagt wurde. Allerdings ist auffällig, dass sich die selben Verse und Sätze ständig wiederholen genauso wie die Gebetsbewegungen, bei denen gebückt und gebeugt wird auf den schönen Teppichen im Innenraum. Ab und an sagten alle so etwas wie ein langgestrecktes "Eni", ansonsten redete nur der Imam oder jeder flüsterte ein paar Gebetszeilen für sich. Nach ein paar Minuten gingen die ersten wieder raus und ich folgte demjenigen mit dem ich auch reingekommen war. Dann wurde weiter geschmaust bis wir gefragt wurden, ob wir jetzt gehen wollen. Es stellte sich heraus, dass gegen 20:40 Uhr das Extragebet des Tages ansteht, dass es nur im Ramadan gibt und für dass es extra Belohnungen von Allah gibt, wenn man es absolviert. Es dauert aber nicht wie die fünf obligatorischen Gebete nur ein paar Minuten sondern etwa eine dreiviertel Stunde. Also setzte ich mich erneut in die letzte Reihe hinter die Gläubigen und schaute ihnen bei ihren Bewegungen zu und lauschte dem Imam, der die Zeilen melodisch Vortrag. Inhaltlich wirkte es wie eine unendliche Wiederholung des bereits bekannten Gebets. Einige Männer saßen auf Stühlen, da sie vielleicht körperlich nicht so fit waren. Einige schauten mich, wenn sich eine Gelegenheit bot, skeptisch an ob ich wohl immer noch dort hinten sitze. Andere die erst reinkamen und mit denen ich schon gesprochen hatte, lächelten mich an als sie reinkamen bevor sie anfingen zu beten. Das gab mir etwas mehr Sicherheit, dass es nicht sehr komisch ist, was ich hier mache, auch wenn Anis, mit der ich wegen der Geschlechtertrennung fast gar nicht sprach an diesem Abend, vorher gesagt hatte, dass es in dieser Moschee kein Problem ist. Einige Männer berührten sich mit den Zehen, wenn sie im Stehen beteten. Manchmal gingen einige in die letzte Reihe neben mich, wenn sie mal eine Runde aussetzten. Wir trafen an dem Abend auch den Präsidenten des Verbandes, der die Islamtouren für Touristen in den Moscheen von Penang organisiert und angeblich die Idee für ganz Malaysia hatte diese umzusetzen. Er war sehr bemüht freundlich zu sein und doch kam er manchmal nicht so rüber. Wie redeten zu dritt am Herrentisch und er sah ein leckeres Gebäck auf dem Frauentisch. Also rief er den Frauen zu, dass sie das Gebäck mal rüber bringen soll, um es uns anzubieten und natürlich um etwas davon selber zu essen. Nach dem Gebet drängte er mich dazu, dass er mich nach Hause fahren wollte, dabei unterhielten sowohl Franzi als auch ich mich noch mit anderen. Am Ende blieben wir und er war irgendwann nicht mehr zu sehen. Franzi unterhielt sich noch lange mit einer Chinesin, die Muslima geworden ist über den Islam, während ich mich mit ein paar Pakistanis über deren Leben unterhielt. Franzi lernte in ihrem Gespräch u.a., dass ursprünglich Allah wollte, dass man 50 mal am Tag zu ihm betet und Mohammed dann mit ihm verhandelt hat, bis sie sich auf fünfmal am Tag einigten. 50 erschien uns sehr viel zu sein, da auch jetzt schon für einen muslimischen Mann mit An- und Abfahrt zur Moschee gerechnet viel Zeit für die Religion aufgebracht werden muss. Natürlich würde man das als Gläubiger so nicht sehen. Ich lernte, dass die Jungs mit denen ich mich unterhielt aus Peschawar in der Nähe von Afghanistan kommen und neben Urdu unter einander hauptsächlich Paschtu sprechen, was auch Ursprung des Eigennamens und Amtssprache in Afghanistan ist. Sie erzählten mir, dass wenn ich durch die Region Khyber Pakhtunkwa (KPK) in Pakistan reisen würde, ich überall eingeladen werden würde und nur für den Transport zahlen muss, da die Leute so positiv aufgeregt sind, wenn sie weiße Menschen sehen. Die Jungs waren sehr begeistert und schienen mich überzeugen zu wollen so eine Reise in Angriff zu nehmen. Sie selber arbeiten hier in Hotels im Zimmerservice und verdienen ein Vielfaches von dem, was sie zuhause in besseren Berufen verdienen würden. Wir waren ja in Malaysia schon einigen Pakistani begegnet. Ich fragte sie auch, was sie von den Pakistanis halten, die einem eine große Wunde zeigen und einen um Geld bitten für eine Operation, wie es uns ja schon in Johor Bahru geschehen war. Sie meinten, dass das Betrüger seien, die sich selber diese krassen Verletzungen hinzufügen, um Geld zu erbetteln, während sie hart arbeiten gingen für das Geld. Sie meinten, dass solche Leute das Image ihrer Landmänner in den Dreck ziehen, da sie jetzt schon erleben, dass es schwieriger wird ein Arbeitsvisum zu erhalten. Dennoch würden sie ihnen wie es sich im Islam gehört Geld geben, wenn sie Mitleid mit ihnen fühlen. Alle drei mit denen ich sprach, haben ihre Frau und Kinder zuhause in Peschawar oder Umgebung. Der eine war schon seit über zehn Jahren in Malaysia und alle senden Geld nach Hause an die Familie. Der Jüngste war gerade einmal knapp über zwanzig und hat seine Cousine zuhause während der Pandemie geheiratet, die ihm von seinen Eltern vermittelt worden war. Da er zugestimmt hat, konnte es realisiert werden und nun hat er ein kleines Kind mit ihr. Sein Chef im Luxushotel ist auch Deutscher, aber er spricht nicht mit ihm, da er zu wichtig ist, daher konnte er mir nicht sagen, ob er sympathisch ist. Der andere war auch schon lange in Dubai zum Arbeiten gewesen und hat nach einiger Zeit zuhause nun nach Malaysia gewechselt. Generell waren die Ethnien in der Moschee sehr durchmischt. Es gab einige bekehrte Chinesen, die meist erst seit kurzem Moslems sind. Der Präsident war Inder, die meisten waren vermutlich Malaien, den Imam hatten sie aus Syrien geholt und es gab die Gruppe Pakistanis. Für die Integration ist die gemeinsame Religion mit exakt gleicher Handhabung auf der ganzen Welt natürlich eine tolle Chance, wenn man neu in einem Land ist, um die lokale Bevölkerung kennenzulernen, oder zumindest um Landsleute zu finden, die ebenfalls zum Arbeiten hier sind. In Peschawar dauert das Extragebet im Ramadan übrigens 20 Wiederholungen währen die 45 Minuten hier wohl nur acht Wiederholungen waren, wie mir erklärt wurde. Als Franzi müde wurde, holte sie mich ab und wir nahmen unproblematisch ein Grab nach Hause, da die Busse nicht mehr fuhren. Es war ein sehr spannender Abend mit vielen Erkenntnissen über den Islam und die Moslems, die in Georgetown leben. Es gibt viele Punkte, die uns am Islam stören, da sie logischerweise nicht progressiv sind, da der Islam dem Koran zu 100 Prozent folgt und dieser nun mal schon 1400 Jahre alt ist. Aber die Moslems und Muslima sind auf jeden Fall die Menschen in Georgetown und auch bisher in Malaysia und Singapur gewesen, die uns am offensten empfangen haben und uns wirklich abgeholt haben wie ihre Religion funktioniert und teilweise auch mehr über uns erfahren wollten und uns nicht verurteilt haben dafür, dass wir nicht dem Islam folgen. Diese systematische und auch persönliche Offenheit sowie das Interesse am Gespräch mit einem, muss man den Menschen des Islam hoch anrechnen.  

Auf der Rückfahrt mit der großen Fähre nach Butterworth von einem urbanen Raum in den anderen, ergaben sich nochmal schöne Fotomotive von Hochhäusern, grünen Hügeln, Kreuzfahrtschiffen und Frachtschiffen, die man in der Enge zwischen der Insel Penang und der Malaysischen Halbinsel sehen konnte. Vom angrenzenden Bahnhof ging es dann zusammen mit einigen anderen weißen Touristen zum selben Ziel: Die Insel Langkawi weiter im Norden. Alle stiegen aus dem Zug in Alor Setar aus und nahmen ein Grab. Die Fahrer lauerten darauf schon am Bahnhofsgebäude. Danach ging es mit der Föhre auf die Urlaubsinsel, wo sich die Wege am Fähranleger dann trennte, wobei die meisten wohl an den touristischen Pantai Cenang fuhren, an dem wir auch wohnten. 

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