Kanchanaburi
geschrieben von Timo
Ich bin mir nicht sicher, ob wir schonmal bei über 40 Grad Celsius unterwegs waren, aber in Kanchanaburi ist das die übliche Temperatur an jedem Tag im April wie mir meine Wetter App erklärte. Wenn jemandem die Temperatur von um die 42°C nicht passt, kann man sich ja über die gefühlten 48°C freuen.
Unsere Reise nach Kanchanaburi begann auch voller Hitze. Insbesondere mein Gemüt war erhitz, als uns eine empathielose Frau am Busschalter erklärte, dass 1. unser Bus eine halbe Stunde später fährt als wir gebucht haben und 2. wir nochmal den selben Preis wie online bereits bezahlt zahlen sollten, da unser Gepäck groß ist. Ich schlug einen Deal vor, der jedoch kompromisslos abgeschmettert wurde. Das sorgte dafür, dass ich die Frau im weiteren Verlauf des Wartens einige Male heftig auf Deutsch beleidigte, um meine Aggressionen zu verarbeiten. Bisher war es in Thailand so, dass man immer einen Kompromiss fand und Verständnis für die andere Seite gezeigt wurde. Vielleicht auch deswegen entschuldigten sich andere in Hua Hin ansässige Reisende am Terminal für das Verhalten der herzlosen Frau. Völlig lächerlich zwang sie uns bei Abfahrt eingequetscht über unserem Gepäck auf zwei Plätzen zu sitzen, da wir uns geweigert hatten mehr zu bezahlen, und das obwohl der gesamte restliche Bus frei war. Glücklicherweise war der Fahrer entspannter und wir durften bis der Bus auf der Strecke voll wurde auf leeren Plätzen sitzen. Schließlich wurde der Bus voll und nach einiger Zeit hielten wir zum Tanken an und dabei baute der Fahrer so um, dass auch wir komfortabler sitzen konnten. Schon interessant, dass unsere Zahlung für das Gepäck wohl nicht für mehr Platz im Bus sondern mehr Willen bei den Angestellten geführt hätten.
Hua Hin war schon von den jungen, weißen Reisenden übersprungen worden, da diese fast alle direkt nach Bangkok durchfuhren. Lediglich alte, weiße Männer mit jüngeren Thaifrauen liefen viele durch die Stadt sowie ein paar ältere, weiße Ehepaare im Urlaub. In Kanchanaburi schien es nun so, dass nicht mal diese weißen Menschen mehr hier waren. Aber als wir die Hauptstraße am Fluss Kwai erreichten, strahlten uns viele alte, weiße Menschen aus den Pubs an der Straße an. Es wirkte fast wie beim Public Viewing eines großen Turniers. Wir richteten uns erstmal in unserem schönen Bungalow mit Klimaanlage ein ehe wir ein Grab zum Museum JEATH bestellten. In Deutschland wären wir die Strecke gelaufen, aber hier hätte das Museum dann erstmal einen Mob bereitstellen müssen, um unsere zerflossenen Körper wieder zusammen zu bringen.
Im Museum geht es um den zweiten Weltkrieg und im speziellen über den Bau der Thailand-Burma Eisenbahn, die die Japaner umsetzten und dabei den Tod zehntausender Kriegsgefangener der Alliierten und noch viel mehr Arbeitssklaven aus Asien in Kauf nahmen. Das Museum steht an einer historischen Stelle, denn unter ihm steht der Anfang der alten Holzbrücke über den Fluss Kwai. Von der Terrasse aus lässt sich die Eisenbahnbrücke über den Kwai beobachten, über die sogar eine Eisenbahn rüberfuhr, als wir schauten, während die vielen Touristen auf die Balkone der Brücke auswichen.
Dieses historische Bauwerk, dass durch einen Roman und später einen Hollywood Film so richtig berühmt wurde, hatte ich mir viel größer vorgestellt. Schockierend dass die Methodik des Bauens so eine hohe Auswirkung auf die Sicherheit der Arbeiter hat. Sicherlich wäre ein Bau auch damals schon möglich gewesen, ohne dass Menschen sterben. So wie im Museum dargestellt war es aber eher eine Vernichtungsarbeit für die Gefangenen, auch wenn das Ziel 1943 erreicht wurde und die Eisenbahn Bangkok mit Rangun in Myanmar verband. Das endgültige Ziel Japans war es wohl Britisch Indien so anzugreifen, aber dazu kam es nie.
Stattdessen bombardierten alliierte Bomber 1945 die Brücke und rissen viele Kriegsgefangene in den Tod, die hoffnungsvoll auf der Brücke gewunken hatten. Das Hauptziel des Angriffs war es aber die Brücke zu zerstören und nicht die Gefangenen zu retten. Das Museum hatte aus meiner Sicht viel Material aber es gab wohl keinen Kurator. Anders kann man sich das Chaos, das es für nicht mal einen Euro Eintritt bot nicht erklären. Alleine der Name JEATH ist schon merkwürdig. Er steht für Japan, England, Australia, Thailand and Holland. Das sind die Länder, aus denen die meisten Menschen kamen, die hier involviert waren. Thailand kämpfte wohl zunächst an Japans Seite bis man Angst vor den Alliierten bekam und lieber die Seite und den Regierungschef tauschte. Die Abkürzung hat dennoch überhaupt keine historische Bedeutung. Auch wehen hier gefühlt alle Flaggen der Welt auch von Ländern, die es damals nicht mal gab wie z.B. Kroatien. Die anstrengend zu lesenden Informationen, die ungeordnet auf DIN A4 Zetteln ausgestellt herum hängen sind nicht vollständig, so dass man Texte meistens nicht zu Ende lesen kann. Auch wiederholen sich die wichtigsten Texte entlang der durch Pfeile markierten Strecke durch das Museum bestimmt teilweise zehn Mal. Manchmal hingen auch zusammenhangslose, Deutsche Texte aus. Ernsthaft gruselig fand ich den Keller, wo Figuren das Leid der Arbeiter ausstellten, während plötzlich Hunde aus einer Ecke laut los bellten, ein riesiger Waran in der Ausstellung hastig vor uns flüchtete und Mitarbeiter vor Ladenschluss das Licht ausschalteten, so dass es recht dunkel wurde. Es gab auch noch einen Ausstellungsraum mit einem Glaskasten voll mit Knochen von angeblich toten Alliierten. Im selben Raum waren Fotos und Gemälde von Hitler aber auch Napoleon Bonaparte und anderen Größen der Europäischen Geschichte dargestellt an allen Wänden und der Decke fast ohne Erklärungen. Ein weiteres Haus, das aussah wie ein Tempel präsentierte an der Außenfassade lauter Herrscher von Thailand. Offenbar hatte der König den Ort Ende des 19. Jahrhunderts mal besucht und er hatte nichts mit dem Museum zu tun. Ich hatte genug von diesem Ort, an dem man nicht wirklich viel neues lernen konnte und war froh, dass ich Franzi in diesem Chaos wiederfand.
So konnten wir direkt zur Brücke gehen. Dort herrschte aber auch ein richtiger Rummel und die vielen Fotos, die auch lokale Guides mit Touristen machten auf der Brücke fand ich ob der Geschichte der Brücke extrem unpassend. Ich weiß nicht wie man sich darüber freuen kann an einem Ort zu sein, an dem viele Menschen unter schlimmsten Bedingungen starben, weil sie ihn erstellen mussten. Etwas mehr Andacht hätte ich angebracht gefunden. Allerdings wurde die Fröhlichkeit von den Thailändern vorgelebt durch die Guides oder den Nachtmarkt, der "Gefangenencamp" heißt und unter einem nachgebauten Wachturm steht. Auch das Museum hatte sich schon keine Mühe gemacht zwischen Tätern und Opfern zu unterscheiden und so wirkt es als wäre es aus Thailändischer Sicht einfach nur eine willkommene Möglichkeit Geld mit Touristen zu verdienen, dass es diese Orte hier gibt. Schließlich sind auch nicht viele Thailänder beim Bau der Eisenbahn gestorben, wenn ich es richtig verstanden habe. Ein lautes Partyboot fuhr unter uns entlang, während wir einige Aufnahmen in der Dämmerung von der Metallbrücke machten. Auf dem langen Rückweg (1,7 km) schwitzte ich trotz untergegangener Sonne und Restaurant Pause so hart, dass meine lange Hose in der Unterkunft fast operativ von meinem Bein entfernt werden musste. Es waren immer noch an die 33°C.
Den nächsten Tag wollten wir mal entspannen und nicht viel machen. Franzi stellte sogar fest, dass sie nicht viel machen konnte, da die Hitze bei ihr sogar Übelkeit und Erschöpfung verursachte. So blieb sie große Teile des Tages im Bett unter der Klimaanlage liegen. Wir schafften es immerhin unser Internet zu verlängern, in dem wir gleich eine neue SIM Karte kauften, statt die alte aufzuladen. So geht es natürlich auch. In einem Restaurant zwischen zwei Bars voller alter, weißer Menschen stellten wir dann auf Grund der Plakate in den Restaurants und den T-Shirts mancher Besucher fest, dass heute ANZAC Day ist und die Menschen aus Australien und Neuseeland angereist waren, um morgens zur Dämmerung an die toten Soldaten aus ihren Ländern zu erinnern.
So wäre unser eigentlich geplanter Besuch heute am Hellfire Pass, dem Pass der Eisenbahnlinie, der für das größte Leid bei den Arbeitern gesorgt hatte, sicherlich ein interessantes Erlebnis geworden. Nach dem ganzen Gedenken am Pass und später auf dem Kriegsfriedhof in Kanchanaburi stand offenbar Saufen auf dem Programm für den Nachmittag. Das erklärte aber zumindest die vielen alten, weißen Menschen in der Stadt, die wir beobachtet hatten. Abends schauten wir passend zum Anlass und Ort den Film "Die Brücke am Kwai", der jedoch teilweise fiktiv ist und von einer Britischen Militäreinheit erzählt.
Nach zwei Tagen Pause im Bungalow und einem großen Frühstück ging es mit einem Grab zum Busterminal von Kanchanaburi. Wir erzählten, dass wir einen Ausflug zum Hellfire Pass mit dem Bus machen wollten und wussten, dass wir für die vermeintliche Abfahrtszeit schon spät dran waren. Der Fahrer, der wie unser erster Fahrer hier einen laminierten Zettel mit touristischen Zielen in der Tasche der Rückwand seines Sitzes hatte, schien daraufhin langsamer zu fahren. Wollte er, dass wir unseren Bus verpassen, damit wir eher mit ihm fahren? Es stellte sich heraus, dass der nächste Bus sowieso erst in 50 Minuten abfuhr und ob wir einen Bus verpasst hatten, konnten wir auf Grund der Sprachbarriere nicht herausfinden. Also fuhren wir 50 Minuten später mit einem klapprigen, alten Bus, der zwar aus lauter herumhängenden Kabeln bestand, aber auch aus funktionierenden Ventilatoren an der Decke Richtung Hellfire Pass. Der hauptsächliche Wind kam aber durch die offenen Türen herein und das war auch gut so am angeblich heißesten Tag des Jahres. An einer Landstraße, an der auch die andere weiße Passagierin ausstieg, erwartete uns unter einem Torbogen ein Mitarbeiter des Museums mit einem T- Shirt der Australischen Regierung an. Dabei kam heraus, dass das Museum komplett von Australien betrieben wurde, was sich auch in der Qualität direkt zeigte im Gegensatz zum JEATH Kriegsmuseum von Kanchanaburi. Das moderne, offen gestaltete Gebäude empfing einen mit einem erschreckenden Zitat eines überlebenden Kriegsgefangenen und führte einen auf einen hellen, offenen Balkon mit Blick über die unter einem liegende, ehemalige Eisenbahnstrecke.
Danach ging es durch einen minimal beleuchteten Tunnel mit vielen Namen an der Wand und einem eingespielten Geklöppel auf Metall, das an Gleisbauarbeiten erinnerte. Die Beleuchtung könnte eine Anspielung auf den Namen Hellfire gewesen sein, der do entstand, da auch im Dunklen gearbeitet wurde und das bei leichtem Licht der Bambusfeuer. Das in Verbindung mit der Härte der Arbeit und den schrecklichen Bedingungen sorgte dafür, dass einer der gefangenen den Namen vorschlug. Das Museum nach dem Tunnel bestand fast nur aus einem Raum und war hervorragend gestaltet. Es führte einen vom geschichtlichen Kontext angefangen mit Hitlers Polenfeldzug zum Krieg in Ostasien und schließlich zum Bau der Eisenbahn zwischen Thailand, das den Alliierten 1941 den Krieg erklärte, und Burma durch die Japaner, die bezweckten so Truppen und Material nach Burma zu bekommen, das sie von den Briten eingenommen hatten. Das nächste Ziel war somit Indien von den Briten zu erobern.
Nach der Eroberung Singapurs und Malaysias sowie Jawas und Sumatras hatten die Japaner einen großen Pool Kriegsgefangener, vor denen sie keinen Respekt hatten, da für sie aufgeben eine Schande ist. Außerdem versklavten sie unter falschen Versprechungen über hunderttausend Asiaten wie Burmesen, Malaien und Indische Tamilen, die zuvor für die Briten aktiv waren und nun keine Beschäftigung mehr hatten. Der Bau der Eisenbahnlinie war von den Briten schonmal analysiert worden und auf Grund der matschigen Regenzeit und hügeligen Dschungellandschaft als zu schwierig empfunden worden. Nun wollten die Japaner, deren Ingenieure in u.a. London studiert hatten es dennoch versuchen. Durch eine extreme Ausbeutung der Arbeiter, die auf Grund von unterschiedlichen Schwierigkeiten fast alles manuell machen mussten also ohne schweres Gerät, wurden die über 400 km in knapp zwei Jahren fertig gestellt. In der Phase von April 1943 bis Oktober 1943 war den Offizieren durch den Kriegsverlauf ein extremer Druck entstanden, der zu ständigen 18 Stunden Arbeitstagen der Arbeiter führte. Dabei blieben Hygiene, Ernährung und Erholung der Arbeiter komplett auf der Strecke. Auch war es die Regenzeit, so dass Märsche, Arbeit und Schlafen unter sehr widrigen Umständen stattfanden. Viele waren geschwächt durch sichtbare Unterernährung und Schlafmangel. Kleinste Verletzungen, die leicht entstanden wie durch das Bearbeiten des omnipräsenten Bambus, der spitze Stachel hat, verheilten nicht und wurden zu offenen Geschwüren, die zu Amputationen führen konnten. Malaria war omnipräsent, aber kein Grund nicht zu arbeiten. Am gefürchtetsten war Cholera, das oft zum Tod führte. Die Alliierten Gefangenen waren als Team füreinander da in allen Momenten wie gut im Museum durch Zeitzeugenberichten untermauert wird. Dennoch starben Tausende. Die Asiatischen Sklaven hingegen waren nicht organisiert und starben reihenweise weg. Die Texte , Fotos und Videos der Zeitzeugen aus Australien erinnern stark an Nazi Vernichtungslager, auch wenn der primäre Fokus der Japaner nicht der Tod der Gefangenen war, sondern der Bau der Eisenbahn. Dennoch gingen sie für den Bau mutwillig über Leichen.
Am Ende des Museums konnte man mit einem Audioguide ein Stück auf der ehemaligen Bahnlinie, die heute nur noch ein Schotterbett ist, laufen bis zum Konyu Cutting, also dem Hellfire Pass. Es ist nicht wie ich es mir vorgestellt hatte ein Gebirgspass, sondern ein etwa 25 Meter und 100 Meter langer Hügel aus festem Stein, der durch Vegetationsentfernung, manuelles Kloppen und Dynamitsprengungen Stück für Stück durchschnitten wurde bis die Eisenbahnlinie schließlich durch ihn hindurch führte. Es ist sowohl beeindruckend als auch beängstigend durch ihn hindurch zu laufen und sich vorzustellen und zuzuhören was hier vor 81 Jahren vor sich ging. Franzi bekam trotz Sonnenhut alleine durch diesen Spazierweg Kreislaufprobleme wegen der Hitze. Schwer vorstellbar was die Arbeiter alles zusätzlich aushalten mussten.
Der schattige Durchgang, der heute sehr friedlich wirkt, ist geschmückt mit Australien Flaggen und den roten Blumen, die im Commonwealth zum Gedenken der Kriegstoten verwendet werden. Am Ende steht ein Gedenkstein, an dem auch die Sonnenaufgangszeremonie am ANZAC Day zwei Jahre zuvor durchgeführt wurde. Beeindruckend waren einige Bilder im Museum eines alten Überlebenden, der alleine durch Konyu Cutting lief viele Jahre nachdem er hier gearbeitet hatte. Auch die verhältnismäßig entspannte Arbeitsatmosphäre im Film die Brücke am Kwai, die dort gezeigt wird in dem es z.B. keine erwähnten, toten Arbeiter gibt, wird durch das Museum indirekt entkräftigt. Im Bushäuschen mit einem erfrischend kalten Kokosnusshake und etwas Pomelo konnten wir den Audioguide auf einer Regierungswebsite Australiens noch zu Ende hören ehe der rote Bus uns einsammelte und viel schneller als auf dem Hinweg zurück nach Kanchanaburi brachte.
Eigentlich wollten wir durch den Besuch der Erawan Wasserfälle am nächsten Tag etwas positive Abwechslung in den Kriegstourismus der letzten Tage bringen. Dann beschlossen wir aber nicht um sechs Uhr aufzustehen und wegen der Buszeiten hätte sich ein Besuch danach nicht mehr richtig gelohnt. Also schliefen wir entspannt aus und besuchten schließlich das dritte Kriegsmuseum der Gegend, in dem es erneut um die Eisenbahn ging. Vieles war natürlich doppelt und qualitativ war es zwischen den beiden bisherigen anzusiedeln. Spannend war, dass es mehr Einblicke in die Japanische Perspektive der Geschichte gab. Auch ein 3D Miniatur Modell der gesamten Strecke war interessant.
Gut gefielen mir auch drei Fenster im Stile von Kirchenfenstern, die drei Geschichten mit vielen Details zum Bau bereithielten und dazu waren Erklärungen des Künstlers auf einem Zettel daneben ausgestellt. Auch der kostenlose Instant Kaffee bzw. Tee in der Kantine war eine innovative und von mir geschätzte Idee insbesondere da ich am Ende noch etwas auf Franzi wartete.
Nebenan ist der extrem gut gepflegte Commonwealth Kriegsfriedhof, auf dem viele Alliierte inkl. den Niederländern, die vorab entlang der Strecke begraben worden waren, ihre letzte Ruhe fanden. Interessanterweise unterstützen die Japaner nämlich individuelle Beerdigungen und Gräber der Toten entlang der Bahnlinie sogar mit Kränzen und Kerzen und das obwohl sie vor den Lebenden so wenig Respekt hatten, dass diese überhaupt erst gestorben waren. So konnten viele Tote identifiziert werden nach dem Krieg und in persönlichen Gräbern von ihren Familien verabschiedet werden. Die Initiative der Begräbnisse ging aber von den Kameraden aus, da über persönliche Schicksale der viel größeren Anzahl an toten Asiaten fast nichts bekannt ist. Es war bewegend bei tiefstehender Sonne über den menschenleeren Friedhof zu sehen und die Abschiedssätze der Familien auf den Gräbern der Toten zwischen Anfang Zwanzig und Vierzig Jahren zu lesen. Wie froh muss man sein ohne Krieg aufzuwachsen und wie viel wert ist es diesen Zustand beizubehalten!
Nun hatten wir wirklich alle "Nebenkriegsschauplätze" gesehen und konnten uns der schönen Natur widmen. Nach einem fixen Frühstück mit aufgewärmten Sandwiches und einer Banane, die einzeln in Plastik verpackt war, vor dem 7-11 neben unserer Unterkunft, ging es mit einem blauen Tucker Bus und einigen anderen Touristen Richtung Erawan Nationalpark, wo wir die siebenstufige Wasserfallkaskade hochlaufen wollen, um dort im Schatten bei erneut sehr heißen Temperaturen etwas zu baden. Der Nationalpark bzw. seine beliebteste Attraktion stellte sich als erwartet touristisch heraus. Außerdem war der Besuch der 7 Kaskadenstufen, die sich auf über einen Kilometer verteilten, streng reglementiert. Die ersten zwei Stufen sind gerade bei Familien mit Kindern beliebt. Ich dachte zunächst, dass die kostenpflichtige Leihe einer Schwimmweste optional sei, aber auch wir mussten uns eine anlegen, um dort Schwimmen zu dürfen. Ich war etwas bockig, auch weil die Weste nicht gut passte, fand aber das erkunden des Beckens mit einer kleinen Höhle unter der Stufe des Flusses auch ganz spannend. Franzis Versuch die Schnorchel Sachen zu verwenden blieb erfolglos, da die Sicht im Wasser zu schlecht war.
Unangenehm fanden wir beide die Fische in allen Becken. Es gab große Fische, die auch sehr nah an einen heran schwammen. Und es gab kleine Fische, die einen gerne anknabberten und zwar insbesondere an offenen Wunden oder Hornhaut. Franzi war mit ihren Badesocken etwas geschützt. Ich hatte jedoch noch eine offene Stelle auf einem Zeh und die wurde sofort angefallen, wenn ich meinen Fuß still hielt. Die Einheimischen badeten wie gewohnt in kurzer Hose und T-Shirt unter der Schwimmweste und manche ließen sich bewusst von den Fischen die Füße knabbern. Ich hatte jedoch das Gefühl, dass es dem Heilungsprozess meiner Wunde eher schadet. Danach ließen wir die lokalen Familien, die ihre Picknickdecken ausgebreitet hatten, hinter uns und wanderten mit vielen anderen einen Pfad durch den Wald entlang zu den anderen Stufen des Flusses, die jeweils kleine Wasserfälle darstellten und oft ein Becken zum Baden boten. Hier galt noch eine Regel, die uns betraf, die ich aber im Nachhinein ganz gut fand. Man musste einen Pfand für jede Plastikflasche zahlen, die man hinter einen Kontrollpunkt nahm und bekam den Pfand zurück, wenn man bei der Rückkehr dieselbe Anzahl Flaschen wieder vorweisen konnte.
Wir beobachteten auch einen Waran, der sehr aktiv war sowie einige Makaken (Affen). An der fünften Stufe tauschte Franzi dann wieder Wanderstiefel gegen Badesocken ein und wir kühlten uns erneut etwas ab. Wir hatten gelesen, dass der Weg bis zur obersten Stufe sehr ambitioniert ist und man festes Schuhwerk tragen sollte. Allerdings stellten wir unterwegs fest, dass der Weg wohl erneuert wurde und man nun sehr komfortabel nach oben gelangen kann. Manche schafften es auch barfuß, auch wenn das vielleicht nicht optimal war. Dabei versuchte ich nicht im Wasser zu sein, sondern legte mich nur auf einen großen Stein, der vom Wasser überspült wurde, da dort das Wasser so flach war, dass die Knabberfische mich nicht attackieren konnten. Die Zeit verfolg und obwohl wir den ersten Bus des Tages genommen hatten, drohte der letzte Bus des Tages um 16:30 Uhr zurück nach Kanchanaburi ohne uns zu fahren, wenn wir uns nicht etwas beeilten. Also stiegen wir noch hoch bis zum letzten Pool, wo das Wasser aus den steilen Felsen herab kam. Wir badeten noch einmal bis der Offizier artige Park Ranger pfiff und alle wieder runtergehen mussten, da der Park ebenfalls um 16:30 Uhr schließt. Hintenraus war es noch ein richtig netter Ausflug. Ich besorgte mir noch einen Sandwich und einen Kokosnussshake bevor es mit dem Bus zurück ging. Der Bus war diesmal so krass gebaut, dass man wirklich nicht sitzen konnte, da der Vordersitz so nah vor einem war, dass man seine Knie nicht dort haben konnte, wo sie eigentlich sein müssten. Zum Glück war der Bus recht leer und so fand jeder seine eigene Lösung. Manche Beine hingen im Gang oder andere saßen sehr breitbeinig auf den Bänken, die eigentlich Platz für zwei Passagiere nebeneinander bieten sollen.
Abends stiegen wir erneut vorzeitig beim Nachtmarkt aus, wo wir neben Essen diesmal auch für 5€ einen Becher mit Deckel sowie Strohhalmen kauften, die wir ab jetzt nutzen wollen, um nicht bei jedem Kokosnussshake für mich einen neuen Plastikbecher mit Plastikdeckel zu verschwenden und auch die Menge an Einwegplastikstrohhalmen zu reduzieren. Die Idee ist es den Becher und die Strohhalme mindestens ein- oder mehrmals unterwegs zu nutzen und abends in der Unterkunft zu reinigen. Ich hoffe, dass die Herstellung des Bechers weniger Energie und Müll verbraucht und verursacht hat, als es der tägliche Verbrauch eines Plastikbechers mit Deckel und Strohhalm tut.
Wir hatten die Wahl den Zug um sieben Uhr morgens oder nachmittags zu nehmen. Schließlich nahmen wir den Nachmittagszug und schafften es natürlich, dass mit Ausschlafen, Essen und etwas Freizeit selbst das Erreichen dieses Zuges nochmal etwas knapp wurde. Der Zug traf etwas verspätet ein, nachdem er kurz vor dem Bahnhof in Kanchanaburi, wo wir warteten, den Kwai auf der berühmten Brücke überquert hatte. Im Gegensatz zu der Zugfahrt auf Sumatra war dieser Zug zur mit zwei Plätzen auf jeder gepolsterten Bank auf jeder Seite des Ganges ausgestattet und es war bei weitem nicht voll, so dass wir ein Vierer-Abteil für uns hatten. Die Fahrt hat mir großen Spaß gemacht, da wir an einem runtergezogenen, großen Fenster direkt an der frischen Luft saßen und ich vieles beobachten konnte, während der Zug durch die Landschaft fuhr und regelmäßig hupte. Faszinierend waren die alten Bahnhofshäuschen und Bahnübergänge an Straßen, die mit vielen, uniformierten Arbeitern ausgestattet waren. Diese hielten regelmäßig eine grüne und eine rote Flagge in der Hand, um dem Lokführer der Diesellok ein Signal zu geben. Am Fenster zogen Kühe, Reisfelder mit unzähligen Reihern, kleine Dörfer mit Wellblechhütten und Straßen mit wartenden Mopedfahrern vorbei bis schließlich die ersten Autobahnbrücken andeuteten, dass wir Bangkok erreichten.
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