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Wat ne Tempelanlage

Ayutthaya

geschrieben von Timo

Unser Wohnboot in Ayutthaya. Wir wohnten in der linken Hälfte
Unser Wohnboot in Ayutthaya. Wir wohnten in der linken Hälfte

In der alten Hauptstadt Siams gönnten wir uns ein halbes Boot auf dem wir für etwas mehr Geld als üblich wohnten (ca. 37€ die Nacht). Es war schön aus Holz eingerichtet und hatte eine exklusive Terrasse für uns am Bug. Wir lagen im Chao Phraya, also dem selben Fluss, der auch durch Bangkok fließt. Das ist allerdings nicht der einzige Fluss in Ayutthaya. Die Hauptstadt, die diesen Status seit dem 14. Jahrhundert bis 1767 hatte, als sie von den einfallenden Birmanen zerstört wurde, ist eine Flussinsel und von insgesamt drei Flüssen umgeben. Die Insel ist voller Ruinen der buddhistischen Tempel und Herrscherhäuser der glorreichen Zeit sowie aktueller, buddhistischer Tempel im königlichen Stil der Chakri Dynastie, die seit zwei Jahrhunderten von Bangkok aus über Siam herrscht. Die alten Tempel erinnern vom Stil her etwas an Angkor Wat in Kambodscha, was auch Sinn ergibt, da das Khmer Reich teilweise mit dem antiken Siam verschmolzen war.  

Abendessen auf der anderen Seite der Insel am Fluss
Abendessen auf der anderen Seite der Insel am Fluss

Nach einer abrupten Ankunft am Bahnhof, bei der Franzi hastig unseren Laptop einpackte, um rechtzeitig auszusteigen und wir einen permanent "Hello" rufenden Thai erfolgreich ignorierten, bekamen wir unsere ersten Regentropfen seit Kuala Lumpur vor knapp zwei Monaten ab. Wir versuchten zu Fuß zu einem Restaurant auf der anderen Flussseite zu gehen, trauten uns den Spaziergang im Regen über eine Art Autobahnbrücke ohne richtigen Fußweg dann doch nicht zu. Mit einem Tuk Tuk, das schon einen UNESCO Abdruck wegen der Welterbeeinschreibung der Altstadt hatte, fuhren wir auf die Insel und schauten dem Grünzeug, dass durch den braunen Fluss an uns vorbei trieb, zu bis die Sonne unterging. Das Restaurant rief uns netterweise ein weiteres Tuk Tuk mit dem wir zu unserem Hausboot gebracht wurden.

Über Holzlatten balancierten wir ins Boot und immer wenn ein Longtailboot mit Touristen vorbeiknatterte, wackelte unser Boot etwas, so dass einem gerade so nicht übel wurde. Das kam aber auch nicht so häufig vor. Wenn man auf das Oberdeck des motorlosen Bootes kletterte, konnte man an einem Picknicktisch sitzen, für den es tagsüber zu heiß war und nachts zu viele Mücken herum flogen.  

Nach einem entspannten, halben Tag im Boot spazierten wir abends gemächlich Richtung Wat Chai Watthanaram. Der erste, ehemalige Tempel, den wir anschauten, sollte besonders gut zum Sonnenuntergang sein. Die große Pagode in der Mitte des recht symmetrisch angelegten Komplexes erinnerte schon sehr an das typische Angkor Wat Bild, das man im Kopf hat. Der Turm ist wie eine dickere Zucchini geformt und Reste der Muster und Stuccos, die das Leben des Buddha und Ähnliches darstellen sollen, sind noch zu erkennen. Farblich wirkt der ganze Komplex eher rot- braun, da er aus Ziegelsteinen gebaut ist. Auch hier posierten einige Asiatische Touristen in scheinbar traditionellen Kostümen, auch wenn es kein Vergleich zum Wahnsinn in Wat Arun war. Wir sahen einige, abgebrochene, sitzende Buddha Statuen, eine Stupa, die offensichtlich dank der USA restauriert wird und einen schönen Blick vom Fluss auf den antiken Tempel und die andere Flussseite. Abends hielten vereinzelte Touristenboote auf dem Fluss, um Fotos von dem schön leuchtenden Tempel zu machen. Dessen Farben traten vor allem durch große Scheinwerfer hervor. Wir beobachteten den Anblick durch ein Panoramafenster in einem schicken Café mit Kühlschranktemperatur, in dem wir es nicht schafften zu verhindern, das unsere Getränke ohne Plastikdeckel, Plastikbecher und Plastikstrohhalm geliefert wurden.  Mich erinnerte der Gang durch die Ruinen voll mit vertrockneten Wiesen, vereinzelten Bäumen und heißer Luft sehr an die verlassenen und verfallenen Jesuitenmissionen in Paraguay und Argentinien. Verfallene Backsteingebäude mit religiösem Hintergrund. Es gab ja auch schon Austausch zwischen Asien und Europa zum Zeitpunkt des Baus von Ayutthaya und die Europäer transportierten ihre Ideen dann in die aus ihrer Sicht neue Welt. Trotzdem ist diese gewisse Ähnlichkeit an so weit voneinander entfernten Orten schon verblüffend. Auch der Buddha wird hier ja ähnlich verehrt wie Gott und vor allem Jesus bei den Europäischen Christen Südamerikas. Meine Interpretation des Buddhismus ist etwas mehr auf den meditativen Teil und einen selber bezogen, aber es überrascht natürlich nicht, dass auch hier die Menschen ein Idol gefunden oder teilweise auch erfunden haben, dem sie nacheifern wollen und das sie verehren.  

Am zweiten Tag erkundeten wir dann die Insel Ayutthayas und das mit zwei klapprigen, eingängigen Drahteseln, die unsere Unterkunft für 1,50€ am Tag vermietete. Zunächst folgten wir der Empfehlung unseres dauerhaft qualmenden Gastgebers einen "Floating Market" für das Frühstück nutzen. Dieser nicht sehr touristische Ort mit einigen Schildern auf Englisch wirkte wie eine Mischung aus Tempel, Markt und Gruselkabinett. Man konnte allen möglichen Schnick Schnack kaufen, für Mönche spenden, menschengroße Figuren oder Skelette sprachen einen auf Thai an, wenn man an ihnen vorbei ging und natürlich auf einem schwimmenden Ponton von angelegten Holzbooten Essen bestellen, auf denen dieses dann zubereitet wird. Wir besorgten uns einen Zitronen- Eistee in unserem Mehrfachbecher, Nudeln und Schwein, Hack mit Chili und Basilikum und einen vegetarischen Nudel- Papaya Salat im Bananenblatt aber mit Plastiklöffel. Wir haben inzwischen auch Stäbchen dabei, die wir immer wieder abwaschen, aber manchmal steckt der Plastikstrohhalm oder -löffel so schnell im bestellten Nahrungsmittel, dass man es nicht verhindern kann.  

Mit den Fahrrädern ging es nun über die große Autobrücke vorbei an einer kleinen Straßenfeier, die nur die Autofahrer aufhielt, in das Zentrum der Insel, wo plötzlich Elefanten mit königlichem Sattel auf unserem Fahrradweg liefen. Wir hielten etwas Abstand und beobachteten wie die Touristen sind für ein Foto von den Elefanten ein paar Meter weit tragen ließen, dann vor dem Anblick eines Sees mir einem Teich voller vertrockneter Lotusblüten und einer Pagode eines Wats dahinter ablichten ließen und dann wieder zurück zum Ausgangspunkt gebracht wurden. Wir haben verstanden, dass es den Elefanten schlecht geht, wenn sie in Gefangenschaft leben und werden daher so ein Angebot nicht nutzen, auch wenn es ein gutes Motiv abgibt.  

Stattdessen schauten wir die nächste ruinierte Tempelanlage an. Wat Phra Si Sanphet besteht aus drei markanten Stupas im Zentrum, die auch Vorbild für die Chedis im Wat Phra Keow, also dem buddhistischen Tempel im Königspalast zu Bangkok, gewesen sein sollen. Abgesehen von den markanten Chedis glich die Anlage sehr dem Wat am Vortag. Nebenan steht ein aktueller, bronzefarbener Buddha in einem aktuellen buddhistischen Tempel mit den Markanten Dachformationen wie wir sie aus Bangkok kannten. Da wir beide kurze Hosen trugen und der Buddha sowieso gerade umgebaut wurde, sparten wir uns einen Blick auf das Innere.

Parfümdöschen in Schwanenform
Parfümdöschen in Schwanenform

Eine moderne Ruine war das erste Museum was wir anschauen wollten. Wie viele andere, öffentliche Einrichtungen Ayutthayas hatte auch das große, weiße, moderne Gebäude, das ein Museum zur Geschichte der Stadt beherbergen sollte, einen kleinen Park mit Teich vor seiner großen Glasfassade. Je näher wir dem Gebäude kamen, desto verlassener sah es allerdings aus. Ein hässliches DIN A4 Schild an der Glastür verriet, dass es seit mindestens Oktober 2020 geschlossen ist. Drinnen sah Franzi durch die Tür viel Vogelkot. Vielleicht wird das Museum mal in einer Reihe mit den anderen Ruinen der Stadt stehen? Auf der anderen Seite der prächtigen Straße mit schicken, regelmäßigen Laternenpfeilern war die Ausstellung des gefundenen Goldes Ayutthayas und die war nicht nur gut besucht, sondern auch angemessen präsentiert. In den zerstörten Pagoden hat man Mitte des 20. Jahrhunderts prächtige Goldschätze gefunden, die extrem kunstvolle Objekte umfassen. Sie wurden wohl dem Buddha geopfert oder gespendet, denn sie fanden sich in gut versteckten Kammern innerhalb vieler der Wats. Offenbar wurden sie nicht geraubt oder beschädigt, als die Birmanen die Stadt eroberten und abbrannten. Ein kleines Döschen in Elefantenform aus Gold oder ein kleines Parfümgefäß in Schwanenform aus Gold fand ich am einprägsamsten. Auch waren viele Chedis dabei, die wie Babuschkas verschachtelt innerhalb des großen Chedi Gebäudes Buddha Reliquien aufbewahrten. Im Gebäude wurde also ein Stein Chedi mit einer Größe von 50 Zentimetern gefunden, der verschachtelt sechs weitere jeweils kleinere Chedis aus Bronze, Gold und schließlich Kristall beinhaltete. Im Kristall Chedi fand man dann die aufbewahrte Reliquie. Im Museum wurde systematisch jedes Wat der Stadt präsentiert und erzählt was dort gefunden wurde.

Statt entweder einen Kaffee und ein Stück Schokokuchen im Café des Museums zu konsumieren oder eine Nudelsuppe beim nächsten Wat, machten wir einfach beides. Die nächsten beiden Wats, die nebeneinander lagen, hatten jeweils eine Besonderheit parat, auch wenn der Rest so wirkte wie die bisher gesehenen. Sogar einige der Buddha Statuen, die fast nie ihren Kopf behalten hatten, waren so verfallen, dass man sehen konnte, dass die ganze, sitzende Figur auch aus Ziegelsteinen gebaut war. Die besondere Figur in Wat Mahathat war allerdings eine Buddha Statue, die ihren Körper verloren hatte und nur noch ihr Kopf übrig war. Dieser hatte sich über die Jahre in den mächtigen Wurzeln eines Bodhi Baumes verfangen, der über eine Mauer wuchs. Der Bodhi Baum ist die Baumart unter der der Buddha die Erleuchtung erreichte. Der dort verfangene Kopf ist vielleicht das beliebteste Fotomotiv Ayutthayas und so bildete sich dort eine Schlange von vor allem Asiatischen Touristen, die ihre meditative Gebetspose neben dem Buddha Kopf einmal im Fotoapparat festhalten wollten. Franzi fühlte sich gut genug gegen die sexistische Kleiderordnung der Ruinen zu verstoßen, in dem sie so wie ich Shorts trug, aber vor der wichtigen Buddhafigur zog sie dann sicherheitshalber doch lieber eine lange Hose an. Nicht dass der körperlose Steinkopf noch sexuell von Franzis Knien erregt wird. Oder der Sicherheitsbeamte, der daneben saß und auch halbgar darauf aufpasste, dass kein fotografierter Menschen Kopf auf einem Foto oberhalb des Buddha Kopfes ist. Als später die Touristengruppen weg waren, machten wir auch in Ruhe noch ein paar Fotos. Ansonsten genossen wir die angenehme Luft, denn es stürmte wie im Herbst und wirkte als könnte es jederzeit regnen.

Die Pagode von Wat Ratchaburana
Die Pagode von Wat Ratchaburana

Schließlich besuchten wir noch das benachbarte Wat Ratchaburana, in dessen großer Pagode große Teile des vorher gesehenen Goldschatzes entdeckt worden waren. Angeblich wurden sie zunächst von Dieben geklaut, die erwischt wurden und dann von der Polizei beschlagnahmt. Dort wo es in der Pagode zur Krypta des Schatzes hinunter zu gehen schien, stinkt es heute Stark nach Taubenkot und Fledermäusen und es war stockdunkel, so dass ich mich nicht traute zu einer Infotafel tiefer im Raum zu gehen. Das Wat schloss sowieso zeitnah kurz vor Sonnenuntergang und wir wollten nicht nochmal mit dem Sicherheitsmann zu tun haben. Dieser hatte uns vermutlich am Eingang versucht für die eigene Tasche veraltete Tickets zu verkaufen, da der eigentliche Ticketverkäufer keine mehr hatte. Als wir skeptisch nachfragten, ließen sie uns gratis rein. Irgendetwas war da nicht ganz koscher. Nachdem wir noch ein leckeres Abendessen mit Curry bzw. Kokosnusssuppe (Tom Kha) zu uns genommen hatten, hielten wir auf dem Rückweg im Dunkeln nochmal bei den ganzen vorher besichtigten Tempeln, die nun noch bewacht aber nicht mehr besucht waren, und Franzi machte tolle Aufnahmen der beleuchteten Anlagen.  

Unsere letzten Stunden in Ayutthaya verbrachten wir unter anderem auf der Bugterrasse unserer Unterkunft mit "frischem" 7-11 Frühstück. Auf dem Weg vom Supermarkt zu uns hatten wir einen offenen Wagen mit schick gekleideten, jungen Leuten und einer Musikkapelle auf einem anderen Wagen gesehen. Der junge Mann im Prinzengewand hatte eine frisch geschorene Glatze. Wir waren uns unsicher ob er heiratet oder gerade Mönch wird. Diesmal hatten wir online ein dort zu teures Zugticket gekauft, damit der einzige Zug des Tages in den kleinen Ort Lam Narai nicht ausgebucht ist, wenn wir das Ticket am Bahnhof kaufen wollen. Leider interpretierte ich das Ticket falsch und so stiegen wir in Wagen drei statt eins ein. Nachdem wir im überfüllten Wagon alles verstaut hatten, bemerkte Franzi den Fehler und ein etwas qualvoller Umzug durch den vollen, fahrenden Zug begann.  

Wir fanden schließlich unsere richtigen Plätze und sind bereit für das nächste Abenteuer an einem Ort, wo sonst vielleicht kein anderer, weißer Tourist hinkommt.  

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