Vientiane
geschrieben von Timo
Laos soll ein sehr günstiges Reiseland sein und da wir unseren Kostenschnitt nicht ändern wollten bzw. etwas Komfort einen angenehmen Gedanken fanden, checkten wir in Vientiane in einem der schickeren Boutique Hotels ein, das mit 45 USD die Nacht inklusive Frühstück nur knapp über unserem üblichen Budget für eine Unterkunft lag. Das Hôtel Khamvongsa ist in einem kolonialen, Französischen Gebäude untergebracht und hat eine schöne, Französische Karte der Altstadt von Vientiane hinter der Rezeption, einen Patio in dem das leckere Frühstück mit warmen, hochwertigen Croissants gebracht wird und in den es in der Regenzeit auch mal heftig und lautstark reinregnet sowie geräumige, hochwertige Zimmer aus einem schönen, dunklen Holz und gemütliche etwas antikere Lampen zu bieten. Da wir am ersten Tag nicht viel machen konnten, da Franzi in der Nacht wenig geschlafen hatte und tagsüber entsprechend sehr müde war und den Schlaf nachholte, konnte ich viel Zeit auf der Liege und am Schreibtisch im Zimmer verbringen und stellte fest, dass wir demnächst schon erstmals die Option nutzen könnten für 15 Tage nach China einzureisen, welches im Norden an Laos grenzt.
Die Chinesen haben kürzlich einen Schnellzug von Vientiane durch den bergigen Norden Laos bis in die Chinesische Provinz Yunnan zur Großstadt Kunming gebaut. Im Süden Yunnans befinden sich vier Welterbe, die ein guter Anhaltspunkt sind erstmals China zu erkunden. Unser Reiseführer gilt hier natürlich nicht mehr, da wir damit Südostasien erstmals wieder verlassen würden. Anders herum fehlt der halbe Monat natürlich auch am Ende der Reise, da wir ja noch Nordthailand, Südlaos, Kambodscha und Vietnam erkunden wollten und danach Ideen hatten über Hongkong, Shanghai und Peking noch bis nach Japan oder gar Hawaii zu kommen. Aus meiner Sicht sind die letzten beiden Punkte aber ein Ziel für eine andere Reise und wir sollten hier die nähere Gegend noch weiter erkunden. Das Hotel ist auch sehr kurios für uns gewesen, da wir im Prinzip die einzigen Gäste sind und es sehr viele Angestellte gibt. Beim Verlassen des Frühstückstischs stürzen sich mehrere Angestellte auf den Tisch zum Abräumen und auf dem Weg nach oben wird man beobachtet, ob man das Zimmer bald wieder verlässt, da die Hausdamen dann das Zimmer richten können. Alles wird natürlich halbwegs diskret gemacht und ist daher ganz unterhaltsam.
Ein Grund warum Franzi noch so große Ziele für die Reise hat, ist dass sie jetzt schon keine Tempelanlagen mehr sehen kann. Für Angkor Wat würde sie allerdings eine Ausnahme machen, hatte sie schon angedeutet. Dennoch war das erste was wir in der Hauptstadt und größten Stadt von Laos, die trotzdem eher etwas provinziell daher kommt, ein buddhistischer Tempel. Dieser Tempel ist vor allem deshalb besonders, da er um eine Säule, die inzwischen Gold bemalt worden ist, herum gebaut worden ist, welche den Geist der Stadt beherbergen soll. Die zwei Tempelsäle drum herum waren wieder voll mit Buddha Statuen und auch Mönchen die Rituale mit Gläubigen ausführte. Beliebt waren mit Plastikfolie überspannte Eimer voll mit Alltagsgegenständen wie Pillen, Getränken und Snacks, die man den Mönchen wohl schenkt. Noch etwas verrückter fanden wir die Blumen- und Kerzengaben, die die Gläubigen vor die Buddha Statuen stellten und anzündeten und die ungefähr eine Sekunden nachdem sich die Gläubigen abgewandt hatten wieder eingesammelt wurden und zurückgebracht wurden zum Verkaufsstand, damit das selbe Set den nächsten Kunden bzw. Gläubigen verkauft werden kann.
Auch das Schütteln von Stäbchen mit Chinesischen Schriftzeichen wurde im Tempel ausgeführt wie wir es schon in Singapur von unserem Guide gezeigt bekommen hatten. Dabei geht es darum Entscheidungen zu treffen oder Fragen zu stellen, die durch die Stäbchen beantwortet werden. Ich wiederhole mich vermutlich in diesem Blog, aber für mich hat das alles relativ wenig mit Meditation und den Lehren des Buddha zu tun, sondern ist vielmehr die lokale Antwort auf die Frage welche Religion man hier ausübt. Der Buddha wird genauso verehrt wie Gott oder Jesus im Christentum und die Tempel sind wie prunkvolle Kirchen oder Moscheen. Die vielen physischen Gaben für die Buddha Statue erinnert an den Hinduismus, wo auch den Göttern in Form von Gaben Tribut gezollt wird. Ich habe gar kein Problem damit, dass die Leute ihre Religion hier so ausüben und respektiere das. Ich finde es nur kurios, dass sie dabei den Buddha so verehren, da ihr materialistisches Welt- und Überweltverständnis aus meiner Sicht im krassen Wiederspruch zu den vermeintlichen Lehren des Buddhas stehen, bei denen es meiner Meinung nach darum geht innere Einkehr zu erreichen und wegzukommen, von der materialistischen Welt.
In einem versteckten Café verköstigten wir unser Mittagessen, da ich bereits vor zwölf Uhr schon wieder Hunger hatte trotz eines deftigen, Asiatischen Frühstücks im Hotel. Vielleicht hatte unsere nächste Bankposse so viel Energie aus mir heraus gezogen. Die Automaten der Bank BCEL, die angeblich die besten Konditionen zu haben scheinen laut einem Blog im Internet, boten leider eher schlechte Konditionen an. Daher brachen wir den Bankvorgang ab. Die Taste "Cancel" sorgte aber bei zwei unterschiedlichen Automaten der Bank bei jeweils unterschiedlichen Karten von uns dafür, dass der Befehl ausgeführt wurde und wir das Geld ausgezahlt bekamen. Bei einem der beiden Automaten lasen wir später noch auf Google Maps, das eine Person vier Tage danach eine separate Abbuchung auf ihrem Konto hatte, die mit der Karte getätigt wurde, obwohl sie diese nicht selber ausgeführt hatte. Uns graute Schlimmes. Die Bankmitarbeiter verstanden unser Problem gar nicht, da wir ja Geld bekommen hatten. Als wir uns dennoch weiter beschwerten, verwiesen sie uns an andere Bankmitarbeiter, die erst am nächsten Tag wieder da sein würden.
Es ist uns zu blöd dem Thema hinterher zu rennen, aber es ist mal wieder ein Fall, in dem die Welt nicht so funktioniert wie wir denken, dass sie funktionieren sollte und uns wenig Verständnis entgegen gebracht wird, was dafür sorgt, dass es uns nur noch mehr nervt. Generell ist es in Laos nicht einfach günstig an Geld zu kommen. Nach Argentinien ist es das Land unserer Reise, das mit der größten Inflation zu kämpfen hat, was sich leicht an der Relation zwischen einer stabilen Währung wie dem Euro und dem lokalen Kip über die letzten zehn Jahre ablesen lässt. Das scheint dafür zu sorgen, dass man mit einer VISA Karte deutlich weniger Kip für seinen Euro bekommt als mit einer MasterCard. Wir entschlossen uns schließlich tausend Dollar im Gegenwert von Kip am Schalter auszahlen zu lassen, die wiederum von unserem Konto abgebucht werden würden. Das ganze sollte 3% kosten und das war damit eine der günstigeren Methoden an viel Geld zu kommen, das uns auch in abgelegeneren Regionen des Landes, das mit Vientiane eigentlich nur eine Großstadt besitzt, weiterhelfen würde. Als wir den Plan in die Tat umsetzten, wechselten wir zunächst gut 200€ in Thai Baht, da für die Währung des Nachbarlandes in Bargeld ein unglaublich guter Kurs angeboten wurde. Uns wurden dabei quasi 27€ geschenkt.
Diese wurden uns dann kurz danach wieder gestohlen, da bei der Abbuchung auf dem Kartenlesegerät 3% Kosten auf 1030 USD aufgeschlagen wurden, dabei beinhalteten diese bereits die 3% Kosten für die Transaktion. So hoben wir sehr viel Geld für über 6% ab, was viel teurer war als an den Geldautomaten der Stadt, aus denen zwar wenig herauskommt, aber immerhin zu einem deutlich geringeren Preis. Wir sahen die zu hohe Abbuchung leider erst am nächsten Tag im Konto und waren da bereits weiter gereist. So konnten wir uns nur noch über ein Onlineformular bei der Bank BCEL beschweren, die uns hier erneut abgezogen hatte, und auch bei unserer Bank in Deutschland, die zu hohe Abbuchungen bei Bargeldabhebungen aber generell ausschließt bei Hilfestellungen. Daher werden wir wohl auf der Abzocke Masche oder dem Fehler des Mitarbeiters finanziell sitzen bleiben. Es ist wirklich nicht leicht hier günstig und fair an Bargeld zu kommen.
Unsere Probleme sind natürlich relativ klein im Vergleich zu den Problemen, die Laoten in ihrem Leben begegnen. Das wird einen unter anderem klar, wenn man das COPE Zentrum besucht. In dieser Ausstellung auf einem Gelände, das auch ein kleines Stadion sowie einige Krankenhausgebäude beherbergt, geht es um die vielen Blindgänger der US-Amerikanischen Streubomben im Land, die zwischen 1965 und 1973 abgeworfen wurden und bis heute Laoten töten oder verstümmeln und um die Behandlung der Überlebenden mit Arm und vor allem Beinprothesen. In einem Video erzählen zwei Eltern wie ihr kleiner Sohn mit anderen nach Schrott zum Verkaufen gesucht hat und ein anderer kleiner Junge einen Blindgänger als Schrott identifiziert hatte. Als dieser in der Hand des Jungen losging, riss er ein großes Loch in den Unterleib des Sohnes. Stundenlang fuhren die Eltern, die alarmiert worden waren, mit ihrem Sohn durch das Land, doch die Krankenhäuser hatten nicht genug Blut und Platz um zu helfen. So starb der Junge kurz danach bei seinen Eltern zu Hause an seinen Verletzungen. Er war ungefähr zur selben Zeit geboren worden wie ich.
Dieses und andere Schicksale werden hier eindrucksvoll präsentiert und genauso wird gezeigt wie den Menschen, die solche Schicksalsschläge überleben kostenlos geholfen wird mit Prothesen. Viele leben in abgelegenen Gegenden und man muss ihnen überhaupt erstmal mitteilen, dass es Hilfe gibt, die von Teilen der Weltgemeinschaft bezahlt werden. Auch wurde in der Ausstellung nochmal für das Ende von Streubomben plädiert. Das sind kleine Bomben in einem großen Container, die millionenfach über Laos abgeworfen wurden, um die Kommunisten in Vietnam zu schwächen. Heute sind große Teile von Laos weiterhin kontaminiert, aber dadurch dass man nicht weiß, wo die Blindgänger liegen, sind Bauern, Kinder und Arbeiter im ganzen Land jeden Tag gefährdet. Es wird an der Reinigung gearbeitet, doch sie dauert lange und ist aufwendig. Die Vereinigten Staaten und Russland sind nur zwei Länder, die das Abkommen gegen Streubomben nicht ratifiziert haben. Hoffentlich wird in der Ukraine nicht gerade das nächste Minenfeld vom Verbrecherstaat Russland geschaffen, das noch in vielen Jahren Unschuldige töten wird.
Auf der Hauptstraße von Vientiane wurde aus Amerikanischem Beton der Triumphbogen nachgebaut. Das passt natürlich zur Französischen Kolonie, aber die Idee war eher die Unabhängigkeit des Laotischen Volkes zu feiern. Man kann in den Torbogen hineingehen und hat einen schönen Blick über die flache Stadt und die Berge im Hintergrund. Vor dem Bogen finden regelmäßig Lichtspiele statt. Mich störte nur ein kurioser Typ der dauerhaft offensichtlich Leute, auch uns, fotografierte und filmte, ohne zu fragen. Als ich ihn dauerhaft anstarrte kam er schließlich zu uns und wollte irgendwas von uns. Ich schob ihn aber nur angewidert zur Seite. Ansonsten herrschte eine friedliche, entspannte Atmosphäre mit vielen Leuten, die flanierten.
Abends besuchten wir ein Restaurant, das scheinbar sehr beliebt bei westlichen Touristen war. Ich vergaß, dass man auf der schönen Terrasse unter Bäumen über der Straße die Abgase der anderen Restaurantbesucher abbekommen würde, als ich mich setzte. Hier wurden wir zunächst sehr aufmerksam bedient, nur um dann komplett unfähig behandelt zu werden. Franzi fragte, ob Beilagen zum Lachs kommen würden. Das wurde verneint. Also bestellte sie zwei Beilagen. Dann kamen die Beilagen, ein in der Mitte tiefgefrorener Lachs und dann nochmal zwei Beilagen, die immer dabei waren, Da ich einen riesigen Erlebnisteller Laos gebucht hatte, konnte ich Franzi auch nicht wirklich helfen alles aufzuessen. Am Ende blieb zum Glück nur eine Portion Reis stehen.
An einem anderen Tag besuchten wir noch das Textilmuseum, wo wir zunächst lernten wie man Seidenraupen züchtet und diese dann in ihrem Kokon kocht und tötet, um den Kokon zum Weben zu nutzen. Die brutale Vorbereitung resultiert in einem harmonischen Handwerk, bei dem wir drei Damen im Museum zuschauen durften, die an großen, hölzernen Webstühlen saßen. Mit den Füßen bedienten sie Bambusstöcke, die die Fäden auf und ab bewegten, so dass sie den Faden durch die gespannten Fäden führen konnten. Für mich als Laien wirkte es ultra komplex wie sie es schaffen die Fäden mit ein wenig mechanischer, technischer Hilfe so zu sortieren, dass am Ende Muster wie z.B. Tiere im Stoff gewebt sind, der auf den Boden zeigend gar nicht leicht zu betrachten ist, während man webt. Die Frauen waren aber extrem routiniert. Im Shop bekamen wir noch einen gratis Tee, der von einer Blüte blau war und wenn man Zitronensaft hinein presste, wurde er violett.
Das Senglao Café war sowohl Café als auch Restaurant und im Stile eines Kinos und der Zeit des Rock´n Roll aus der Mitte des letzten Jahrhunderts gestaltet. Es hatte außerdem einen schönen, grünen Garten. Das Personal war allerdings auch hier etwas unfähig und man musste sich zu seinem Glück zwingen. Es gab gratis Popcorn vorab und ich hatte so viel Hunger, dass ich gleich drei Stücke Kuchen zu einem guten Kaffee bestellte. Franzi genoss eine Pasta und danach auch noch Kuchen auf Tellern, die mit einem Schriftzug des Café Namens aus Puderzucker verziert waren. Zu Fuß liefen wir zum Pha That Luang, wo Chinesische Touristen ein Foto mit uns wollten. Tatsächlich konnte man wie wir uns schon informiert hatten, den goldenen Tempel, den man auch auf den Kip Geldscheinen findet, sehr gut sehen, ohne durch die nun bereits geschlossene Mauer zu gehen, die den Tempel umgibt. Im Dunklen gab die goldene Stupa ein schönes Bild ab, auch wenn sie weniger beleuchtet wurde, als ich es gedacht hätte. Schockierend waren erneut die Verkäufer von kleinen Vögeln in einem viel zu kleinen Holzkäfig, den sie rücksichtslos neben sich her trugen, wobei die Vögel völlig durchgeschaukelt wurden. Wir teilten der Verkäuferin mit, dass sie die Tiere quält, aber sie beharrte darauf, dass wir sie kaufen können, wenn wir sie freilassen wollen. Währenddessen lächelte sie uns auffordernd an. Dieses Modell der Tierquälerei unterstützen wir natürlich nicht. Wir entschieden uns aber auch dagegen die Vögel gewaltvoll zu befreien.
Insgesamt ist Vientiane eine Großstadt, die nicht so wirkt. Es gibt wenig zu sehen, aber es ein entspannter und komfortabler Ort um in das Abenteuer in einem Land zu starten, dass außerhalb von Vientiane gewissen Standards nicht mehr vorweisen kann. Falls ihr es euch auch immer schon gefragt habt z.B. weil ihr auch mal alle Hauptstädte der Welt auswendig konntet: Es wird "Wiähntjänn" ausgesprochen, sofern ich das richtig aufgenommen habe und hoffentlich phonetisch annähernd auf Deutsch hier niederschreiben konnte.
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