Luang Prabang
geschrieben von Timo
Zuletzt hatten wir in Phonsavan schon eine Auseinandersetzung mit unserem Hostelbesitzer zum Thema Preise für Tuk Tuks. Als er deswegen aggressiv wurde, ruderten wir zurück und akzeptierten den Preis für das Tuk Tuk, den er angenehmerweise mit der Reservierung eines Vans in die nächste Stadt vom Terminal verknüpfte.
Als wir nach zwei langen Reisetagen im Minivan endlich in Luang Prabang angekommen waren, nahmen wir uns mit der einzigen anderen Touristin im Van, einer jungen Niederländerin, ein Tuk Tuk, das uns am Bahnhof erwartungsgemäß aufdringlich angeboten wurde. Die üblichen Spielchen begannen jetzt. Der Mann, mit dem wir den Preis vereinbart hatten und der uns ins Tuk Tuk gebeten hatte, war plötzlich nicht mehr zu sehen und fuhr dementsprechend auch nicht los. Stattdessen standen zwei andere Tuk Tuk Fahrer vor dem Gefährt, in dem wir mit samt Gepäck schon drin saßen. Wir zeigten also ihnen erneut bei Google Maps wo wir hin wollten, sie wollten natürlich mehr Geld als der andere und am Ende einigten wir uns mehr oder weniger. Die Idee aus unserer Sicht war, dass wir erst zum Hotel der Niederländerin fahren und danach zu unserem Hotel. Außerdem hatten wir 40.000 Kip pro Person vereinbart, also knapp 2€ pro Person. Aus unserer Sicht ein stolzer Preis, da der Fahrer für zehn Minuten Arbeit einen Gegenwert von etwa vier Mittagessen bekommt. Auch lohnt es sich gar nicht Tuk Tuks zu teilen, da hier Preise pro Person veranschlagt werden, was keinen Sinn ergibt bei einem Gefährt mit Platz für mehrere Personen. Der Fahrer fuhr los und hielt am nächsten Bankautomaten an. Er wollte vorab bezahlt werden. Wir lehnten ab. Dann fuhr er weiter. Der Niederländerin fiel auf, dass er bereits an ihrem Hotel vorbei gefahren war und nun auf das historische Zentrum der Stadt mit unserem Hotel zusteuerte. Wir machten ihn darauf aufmerksam. Er stieg daraufhin aus und forderte die Alleinreisende auf zu Fuß die zehn Minuten zu ihrem Hotel zu gehen. Sie insistierte, dass sie das nicht machen würde. Ich hatte inzwischen keine Lust mehr auf den Kasper hinter dem Steuer und schlug vor, dass wir einfach aussteigen und ohne zu bezahlen von dannen ziehen könnten. Ich hatte inzwischen erfahren, dass die Loca App, mit der man in Vientiane Taxen bestellen kann, auch hier funktionieren würde. Gesagt getan. Wir stiegen alle aus und keiner bezahlte. Der Tuk Tuk Fahrer stand etwas irritiert neben seinem Gefährt. Er hatte doch nur die Niederländerin rausgeschmissen und wollte ja auch noch Geld von ihr haben, obwohl er sie nicht zu ihrem Hotel gebracht hatte. Jetzt waren wir plötzlich auch ausgestiegen. Er sah seine Beute in Gefahr. Wir empfahlen der Niederländerin schnell weg zu gehen, da wir schon vermuteten, dass es eskalieren könnte. Allerdings hatten wir nicht vermutet, dass es so krass eskaliert, wie es das daraufhin tat. Einer der Auslöser war, dass ich ihm den Vogel zeigte, als er von uns Geld forderte. Als unser neues Auto, das ich in der App gerufen hatte, eingetroffen war, schleppte ich unser Gepäck dort hin und verstaute es. Während dessen sah ich wie Franzi mit dem Tuk Tuk Fahrer kämpfte, da er an ihrem Gepäck riss, um dafür zu sorgen, dass wir nicht abhauen. Da er auch sie dabei berührte und Franzi ihn schon anschrie, dass er sie und ihr Gepäck loslassen soll, sah ich mich genötigt einzuschreiten, was die Lage extrem eskalierte. Mit erhobener Faust ging ich auf ihn zu und bedrohte ihn. Im nachhinein fühle ich mich sehr schlecht das getan zu haben. Während dessen fühlte es sich gut an, da ich uns von ihm angegriffen gefühlt habe und ich uns verteidigen wollte. Wenn man rational darüber nachdenkt, ist es natürlich wahnsinnig einen Einheimischen so anzugreifen vor lauter Zeugen, selbst wenn er angefangen hat uns körperlich zu attackieren. Nachdem ich ihn offenbar nicht schlug (ich kann mich zumindest nicht erinnern zugeschlagen zu haben und er war auch unverletzt danach. Allerdings war so viel los in der Situation, dass ich mich nicht genau erinnere), ging ich wieder zum Auto zurück. Franzi hatte außerdem geschrien, dass ich von ihm ablassen soll. Er war nun völlig durchgedreht, schnappte sich einen großen, schweren Stein vom Boden und ging damit auf mich los. Das war der Moment, in dem ich gemerkt hatte, dass die Situation komplett außer Kontrolle geraten war und das der Schaden der jetzt entstehen kann viel größer sein würde, als von unseren Prinzipien abzurücken und mit einem blöden Fahrer für zu viel Geld zum Hotel zu fahren. Er griff mich schließlich doch nicht mit dem Stein ein. Vielleicht weil ich mich mit dem Rücken zu ihm gewandt hatte und er auch etwas Vernunft in seinem Kopf hatte. Franzi behauptete später auch, dass sie in seinen Augen gesehen hatte, dass er sie nicht schlagen würde. Allerdings hatte sie deutlich mehr Angst um mich, da sie vermutete dass er mehr Hemmungen haben würde einen Mann zu schlagen. So gesehen war die Situation sogar lebensbedrohlich, da ein Schlag mit so einem großen Stein auf meinen Hinterkopf krass gefährlich für mich gewesen wäre. In der Zwischenzeit waren auch schon viele Passanten interessiert an der Situation gewesen und schauten bei dem Drama zu. Allerdings hatte sich keiner eingeschaltet, um zu helfen oder zu beruhigen. Eine Frau mit einem Straßenstand motzte Franzi sogar an, wie sie es wagen kann ihren Stand zu rempeln, dabei war das nur geschehen, da der Fahrer Franzi geschubst hatte. Die Niederländerin war inzwischen schlauerweise von dannen gegangen. Der Fahrer unseres neuen Autos beschloss in Anbetracht der Situation auch nicht einfach loszufahren, sondern sich erstmal ein Bild zu machen. Das sorgte natürlich dafür, dass wir nicht einfach schnell aus der super unangenehmen Situation fliehen konnten. Zunächst wirkte es sogar so als würde der Tuk Tuk Fahrer das Auto des anderen Fahrers mit dem Stein attackieren, aber das geschah dann doch nicht, da er vermutlich merkte, dass das keine schlaue Idee ist. Franzi befahl mir im Auto zu bleiben, was ich dann auch tat, um die Situation nicht weiter eskalieren zu lassen. Da wir nicht losfahren konnten, da der Fahrer sich weigerte, ging Franzi wieder raus, um die Situation zu klären. Ein gut Englisch sprechender Passant hatte sich nun eingeschaltet und der Fahrer hatte sich zurückgezogen. Es stellte sich allerdings heraus, dass der Passant nicht vermitteln wollte, sondern nur über uns herziehen wollte wie wir es wagen können den Tuk Tuk Fahrer nicht zu bezahlen. Offenbar interessierte es ihn überhaupt nicht, dass der Fahrer nichts von dem vereinbarten Deal eingehalten hatte. Es wurde ausschließlich erklärt, dass wir ihn bezahlen müssen völlig unabhängig davon was geleistet worden ist. Was sein kann, ist dass der Fahrer dem Passanten in Landessprache etwas gesagt hat, was ihn in einem besseren Licht hat dastehen lassen. Zumindest erzählte uns unser Loca- Fahrer später, dass wir ja zu einem Tempel gefahren werden wollten, dabei wollten wir eigentlich zu unserem Hotel. Der Passant schrie Franzi an, ohne dass sie sich erklären konnte, dass wir uns komplett fehlerhaft verhalten würden und keinen Respekt vor den Laoten und dem Buddhismus haben so wie wir uns verhalten. Er hatte den ursprünglichen Konflikt allerdings weder bezeugt noch unsere Sicht dazu angehört. Er verurteilte uns lediglich dafür, dass er wusste, dass wir den Fahrer nicht bezahlen wollen und erklärte uns wie wenig Geld es ist, was der Fahrer verlangte. Auch eine Frau neben ihm, die zunächst rational wirkte, sagte Franzi irgendwann nur noch, dass Franzi Müll rede. Franzi hatte mehrfach versucht unsere Sichtweise zu erklären, fand damit aber kein Gehör. Schließlich bezahlte der Passant vor einem Publikum von inzwischen über zehn Leuten theatralisch das, was der Fahrer verlangte. Dieser fuhr dann davon. Ein weiterer Passant fotografierte noch Franzis Gesicht. Als Franzi ihn ebenfalls fotografierte, reagierte er aggressiv. Schließlich wollte unser Fahrer in Vorkasse bezahlt werden, was wir ihm auf Grund der Situation gestatteten. Auf der Fahrt hörte er unsere Sichtweise an und schien keine Gegenargumente zu haben. Allerdings sagte er auch nicht, dass er unsere Sichtweise verstehen könne. Wir waren froh, dass wir nach diesem Drama und zwei Tagen im ungemütlichen Minivan endlich im Hotel angekommen sind. Dort gab es dann leider den nächsten Konflikt.
Wir reflektierten auch am nächsten Tag noch viel über das Geschehene. Für mich steht fest, dass ich nicht so aggressiv reagieren darf, auch wenn ich extrem wütend bin, weil ich mich ungerecht behandelt fühle. Ich kann nichts gewinnen, wenn ich den Laoten tätlich angehe. Entweder ich werde verletzt oder ich bin der vermutlich korrupten, unfairen, Laotischen Polizei ausgesetzt, die vermutlich auch nicht unseren Punkt verstehen würde. Zwischendurch stand sogar schon im Raum, dass ein Passant die Polizei rufen wollte und vermutlich ist es gut für uns, dass er es nicht tat. So aggressiv wie dieser Fahrer hat noch nie jemand darauf reagiert, wenn wir für schlechten Service nicht bezahlen wollen. Wir hatten schon den ein oder anderen handfesten Streit mit Anbietern von Dienstleistungen auf der Reise so wie in Los Antiguos in Argentinien, aber uns hat nie jemand tätlich angegangen oder unser Hab und Gut angefasst. Es blieb immer bei Geschrei und Beschimpfungen. Außerdem gab es bisher auch immer Verständnis für unsere Sichtweise. Sicherlich war auch die Sprache hier eine Barriere, da die meisten Passanten nicht verstanden was genau das Problem ist oder nur verstanden, dass wir für eine Fahrt nicht bezahlen wollen und deshalb ihren Landsmann unterstützten. Allerdings gab es ja auch vom sprachlich begabten Passanten gar kein Interesse an unserer Situation und für ihn war komplett klar, dass alles unsere Schuld sei. Das spricht aus meiner Sicht dafür, dass die Menschen Touristen hier als lebende Geldbeutel wahr nehmen, die zu bezahlen haben, auch wenn sie dafür nichts bekommen haben. Und das sorgt auch dafür, dass ich mich in diesem Land weniger wohl fühle, da man keine Vereinbarung eingehen kann, ohne auf eine faire Ausführung zu hoffen. Entweder es klappt oder man hat Pech gehabt und muss trotzdem bezahlen.
Im Hotel angekommen bezahlten wir brav den vereinbarten Preis und dann wurde uns danach erzählt, dass für die erste Nacht das schöne, vereinbarte Zimmer mit Terrasse leider schon ausgebucht sei. Wir gaben unseren Unmut darüber preis, aber es wurde nur gesagt, dass man nichts machen kann, da die drei fraglichen Zimmer schon belegt waren. Also fragten wir nach einem Rabatt, da wir erstens umziehen mussten am nächsten Tag, was immer lästig ist, gerade nach zwei so unangenehmen Reisetagen. Und zweitens war das Zimmer offensichtlich wesentlich schlechter als das andere Zimmer. Uns wurde nach einigem Nachfragen ein Rabatt von 50.000 Kip angeboten (2€), was vielleicht den Wert des Zimmers im Vergleich zu den anderen Zimmern rechtfertigt. Aber es kompensiert überhaupt nicht für die Unannehmlichkeiten, die wir dadurch erfuhren. Dafür gab es gar kein Verständnis. Der Rezeptionist war lediglich beleidigt, dass wir einen noch niedrigeren Preis verlangten und schlug uns vor dann doch ein anderes Hotel aufzusuchen. Mit so einem Vorschlag macht man es sich natürlich einfach, denn als Reisender kommt man erschöpft und erfreut im Hotel an, um sich dort auszuruhen und nicht um Ärger zu haben und mit der Motivation sich eine neue Unterkunft zu suchen. Außerdem waren einige gute Optionen zu dem Zeitpunkt nicht mehr verfügbar, die wir vorher erwogen hatten. Dementsprechend blieben wir für den aus unserer Sicht schlechten Deal und mussten uns ab dem Zeitpunkt auch noch bei jeder kleinen Bitte anhören was für schlimme Gäste wir doch seien. Ich ging schon gar nicht mehr auf ihn zu und überlies Franzi diese Aufgabe, die das Ansprechen wesentlich sachlicher hin bekam. Immerhin bekamen wir es so hin ohne einen handfesten Konflikt einen Umgang zu finden sondern bekundeten nur offensichtlich wie wenig wir von der jeweils anderen Partei hielten. Der Rezeptionist wollte sogar verhindern, dass wir die Unterkunft verlängern, aber wir schafften es über booking.com dasselbe Zimmer zu buchen und so konnte er nichts dagegen tun. Abgesehen vom Rezeptionisten ist es nämlich eine preiswerte und gute Unterkunft, die wir gefunden haben.
Für Europäer, die Prinzipien haben und diese durchsetzen wollen, ist Laos als Reiseland nicht zu empfehlen, da kein Verständnis dafür von den meisten Leuten hier vorhanden ist. Wenn man sich immer duckt und bückt, alles brav bezahlt egal wie schlecht der Service war, dann kann man den Aufenthalt sicherlich mehr genießen. So gesehen sind viele Laoten schlechte Gastgeber, da sie nur fordern, aber nicht unbedingt geben und sowieso nicht erklären wie die Dinge aus ihrer Sicht laufen.
Wir versuchen ab jetzt bewusster auszuwählen mit wem wir eine Vereinbarung eingehen und Alternativen zu finden, wenn wir ein ungutes Gefühl haben. Außerdem nehme ich aus diesem krassen Konflikt mit, dass man eine Transaktion hier nicht einfach einseitig abbrechen sollte, sondern eher darauf beharren, dass sie von der anderen Seite auch umgesetzt wird und am Ende der vereinbarte Betrag bezahlt wird. Dennoch fühle ich mich jetzt deutlich verunsicherter in Laos zu reisen und fühle mich auch weniger wohl als noch vor ein paar Tagen hier zu sein.
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