Chainat
geschrieben von Timo
Wir waren durchaus aufgeregt oder zumindest gespannt als wir uns morgens aufmachten, um von Sukhothai nach Chainat zu reisen. Wir hatten vorab alles mit dem Mönch, den wir in Si Thep getroffen hatten und der uns in seinen Tempel eingeladen hatte, bei WhatsApp besprochen und es klang nach einem fixen Plan. Wir würden ein paar Nächte im Tempel von ihm verbringen, um etwas vom Tempel Leben mit zu bekommen und mehr über den Buddhismus zu lernen. Aber wie dann alles im Detail laufen würde, war natürlich genauso unklar wie neulich als wir mit dem jungen Mönch Nop in sein Heimatdorf gereist sind. Wir erwarteten bereits das nächste Abenteuer abseits des Touristenpfades und wieder war es mit einem Thailändischen, buddhistischen Mönch.
Die Anreise nach Chainat ist ohne eigenes Auto bereits ein wenig kompliziert. Auch wenn die Region nicht weit von Bangkok entfernt liegt, ist sie weder an das Bahnnetz angebunden noch konnte ich einfach Busse finden, die dorthin fahren, auch wenn es sie sicherlich geben wird. Etwas umständlich wollten wir also mit dem Bus von Sukhothai nach Phitsanulok fahren, wo sich die nächste Bahnstation befindet. Unverständlicherweise wollte der alte Ticketverkäufer an den Tagen zuvor kein Ticket verkaufen, da er angeblich nur Tickets für diesen Bus verkauft, wenn man bis nach Bangkok mit ihm fährt. Also liefen wir morgens von unserer Unterkunft los und kamen rechtzeitig für den Bus an der Station mit dem Büro des alten Mannes an. Nun war hier einiges los und er arbeitete so langsam, dass wir es nicht schafften ein Ticket bei ihm zu kaufen, bevor der Bus eintraf. Also gingen wir zum Bus, verluden unser Gepäck und als wir einsteigen wollten, kam er an und wollte das Geld von uns haben. Als wir ihm einen 1000er Schein gaben, stöhnte er und taperte zurück in sein Büro. Nun musste der ganze Bus nur auf uns warten. Zugegebenermaßen saßen nicht viele Leute im drinnen. Schein für Schein rückte der Mann im Büro das Geld für Franzi raus und sie hatte immer das Gefühl, dass er bei jedem Schein hoffte, dass Franzi sagt es sei genug. Auch dieses Verhalten ließ uns vermuten, dass er für die kurze Mitfahrt nach Phitsanulok das Geld für das Ticket schwarz auf die Kralle kassiert, auch da wir nie ein Ticket erhielten. Im Bus wurde es dann noch unangenehmer. Während ich schaute welche zwei Plätze mir für die gute Fahrt gut gefallen würden, lief eine Stewardess mit digitalem Gerät in der Hand vor uns durch den Gang und zeigte uns dann zwei Gangplätze, die hintereinander lagen. Wir sitzen immer nebeneinander und so setzten wir uns auch in diesem Fall auf einen Fensterplatz und einen Gangplatz, von denen, die sie uns gezeigt hatte. Sie protestierte und sagte, dass wir auf den uns zugewiesenen Plätzen sitzen müssten. Also befolgten wir ihren Befehl und wechselten erst wieder, als sie im Cockpit verschwunden war. Es war die lächerlichste Ansage überhaupt, da bis Phitsanulok insgesamt 33 Plätze im Bus frei geblieben waren. Es stiegen zwar vereinzelt Leute ein, aber der Bus war nicht ansatzweise voll. In Sukhothais Neustadt sah ich mich dann sogar genötigt mich nochmal auf den mir zugewiesenen Platz umzusetzen, um den Konflikt nicht zu verschärfen, aber letztendlich setzten wir uns wieder zusammen und als die Dame es das nächste Mal sah, sagte sie auch nichts mehr. Immerhin hatte sie es geschafft, dass ich mich die einstündige Fahrt über sie aufregte und die Fahrt daher nicht wirklich genießen konnte. Das einzig Positive war, dass sie uns in Phitsanulok nahe des Bahnhofs rausließ und wir zu Fuß zur Zugstation gehen konnten, wo wir unser Gepäck deponierten, was theoretisch für Ausländer teurer gewesen wäre, aber mit etwas Verhandeln bekamen wir einen guten Preis. Wir aßen in einem extrem runtergekühlten Café gegenüber des Bahnhofs etwas maue Pizza als Mittagessen, während Franzi mir ihre Renovierungspläne für unsere Wohnung präsentierte, wenn wir wieder zuhause sind, was meine Stimmung auch noch etwas mehr abkühlen ließ, da ich schon von der Reise etwas gestresst war. Als wir kurz vor Abfahrt unseren Zug aufsuchten, wirkte er schon sehr besetzt mit Leuten, die an den Fenstern saßen, aber tatsächlich fanden wir ein Vierer Sitzsegment, das wir für die nächsten vier Stunden für uns hatten. Nur einmal wurden wir von anderen Fahrgästen gebeten etwas zu ändern und zwar als ein heftiger Schauer niederging und der Regen durch das Fenster neben uns durchzog und die Jungs, die hinter uns saßen sehr nass machte. Nach dem kurzen Schauer machte ich das Fenster aber wieder auf und genoss den Fahrtwind. In Thailand Zug fahren bringt mir wirklich sehr viel Spaß und ist für mich das optimale Reiseerlebnis, wenn es darum geht von einem Ort zum nächsten zu kommen. Außerdem bin ich dabei auch am produktivsten, wenn es darum geht diesen Blog in der OneNote App auf meinem Smartphone zu schreiben.
Franzi kündigte dem Mönch an, wann wir in Nong Pho sein werden, dem Provinzbahnhof, der am nächsten zum Kloster lag und über den sich der Fahrkahrtenverkäufer in Phitsanulok und auch der Fahrkartenkontrolleur im Zug wunderten, was er diesen "Falang" (Gringo auf Thai) zu bieten habe. Als wir schließlich gerade noch rechtzeitig durch die Tür am Ende des Wagons, die noch funktionierte, ausstiegen, sahen wir sofort den Mönch in seiner orangenen Robe auf dem Bahnsteig und er begrüßte uns herzlich und ohne Körperkontakt. Er hatte zwei Damen in weißen Blusen dabei und wir machten eine kurze Vorstellungsrunde. Ying sollte unsere Übersetzerin für die nächsten Tage sein und sie war extra aus der Umgebung von Bangkok angereist uns zu begleiten. Und Jane wurde uns als Tourguide vorgestellt. Beide wirkten sehr sympathisch und wir hatten das Gefühl, dass der Mönch weder Aufwand noch Kosten scheute uns ein gutes Erlebnis geben zu wollen.
Die Namen der Damen konnten wir uns ganz gut merken, doch wie sollten wir eigentlich den Mönch rufen. Sein Geburtsname ist Seksan, was erstaunlich ähnlich zu "Sex Son" klingt und man sich daher auch gut merken kann. Allerdings nennt ihn heute keiner mehr so. Alle nennen ihn bei seinem Rang als Mönch "Phra Khru", was wir uns aber schwerlich merken konnten. Daher nannten wir ihn "Luang Phi", was im Prinzip der umgangssprachliche Name für alle Mönche ist, die nicht extrem alt und wichtig sind, und wörtlich soviel bedeutet wie "Mönch Onkel". Tatsächlich nannte er sich auch so, wenn er von sich sprach statt "ich" zu sagen. Ying erklärte uns später, dass abhängig davon mit wem man spricht, man sich selber beim Namen nennt, statt "ich" zu sagen. Auch erklärte sie uns, dass Mönche wenn sie mit Laien sprechen nicht wie im Thailändischen üblich regelmäßig "kap" sagen, sondern das nur tun, wenn sie mit anderen Mönchen sprechen. Achja und im Auto, das uns abholte, wartete noch ein Fahrer auf uns, der uns jeden Tag zur Verfügung stand und dessen Namen wir nicht wirklich lernten, da wir ihn auch einfach "Phi" nennen sollten. Tatsächlich fragten wir aber danach immer Ying, ob sie den Fahrer etwas fragen könne, da sie wirklich sehr gut Englisch sprach und sehr sympathisch war. In einem SUV galt es nun die dreißig Kilometer bis nach Chainat zurückzulegen, wo Luang Phi am Ufer des Chao Phraya Flusses, der auch durch Bangkok fließt, sein Dhamma Lehr- und Meditationszentrum hat. Er ist der "Abt" des Zentrums, also der Chef. Wir vermuteten, dass er daher wenig Zeit für uns haben würde und hatten damit einerseits recht aber gleichzeitig auch Unrecht. Tatsächlich hatte er einige und auch wichtige Termine, während wir dort waren, aber er hat sich so viel Zeit für uns genommen, dass es uns kaum auffiel. Während der Fahrt unterhielten wir uns aufgeregt mit allen und versuchten zu verstehen wie alles zusammenhängt. Relativ früh fanden wir heraus, dass Jane und Ying Nonnen sind und auch nach einer Handvoll Prinzipien leben, die beinhalten nicht zu töten, zu meditieren und kein Sexualleben zu haben. Die Mönche, die in Thailand alle männlich sind, leben hingegen nach über 200 Regeln. Jetzt verstanden wir auch schon, dass Jane und Ying nicht auf ihre eigentlichen Jobs verzichten, um uns zu begleiten, sondern dass sie auch in einem Tempel leben und mit Freiwilligenarbeit dafür sorgen, dass sie im Tempel leben und speisen dürfen. Also war der Ausflug nach Chainat zu Luang Phi, den sie aus früheren Zeiten kannten, als dieser auch noch bei Bangkok in dem Tempel war, eine willkommene Abwechslung zum vielleicht etwas monotonen Leben in ihrem eigenen Tempel. Beide hatten studiert und waren danach Nonne geworden und gingen nun auf die vierzig Lebensjahre zu. Luang Phi ist schon 42 Jahre alt, wie wir auch seinem Personalausweis entnehmen konnten, den er uns im Laufe des Aufenthaltes zeigte und auf dem auch sein gegebener Name der Mutter stand. Tatsächlich suchen in Thailand in manchen Fällen Mönche den Vornamen der Kinder aus, damit der Name zum Wochentag passt, an dem sie geboren werden. Gewisse Namen in Verbindung mit gewissen Wochentagen sollen Pech bringen nach Thailändischer Tradition. Das erklärt auch warum die Kinder in Mae Hong Son, die wir einen halben Tag unterrichtet hatten, einen Wochentag nannten, als wir sie nach ihrem Geburtstag fragten.
Angekommen auf dem Tempelgelände, das auf Google Maps nur einen Thai Namen in der Anzeige hat, bekamen wir eine kleine Rundfahrt mit dem Auto. Es gab Wohnhäuser für Mönche, ein Wohnhaus in dem wir schlafen sollten, eine offene Meditationshalle, einen See mit einer schwimmenden Plattform mit Haus drauf und das Grundstück endete am Ufer des großen Flusses, wo wir ein paar Fotos schossen, da man auf der anderen Flussseite ein Wat auf einem Hügel sehen konnte, von dem man über mehr als 500 Stufen auf einen Hügel laufen konnte. An einem anderen Tag nahmen wir das noch in Angriff.
Uns wurde daraufhin unser Zimmer präsentiert. Wir haben mit einer sehr einfachen Einrichtung gerechnet, aber für uns war es gewissermaßen luxuriös, was von den anderen bezweifelt wurde, dass es unsere echte Meinung sei. Es war ein großes Zimmer und es gab ein großes, angeschlossenes Badezimmer, was überdacht aber am freien Himmel war. Hinter der Außenwand des Badezimmers stand sogar noch eine Waschmaschine, was ein Luxus ist, den man in keinem Gasthaus und keinem Hostel oder Hotel hat, sondern wir nur in Kuala Lumpur hatten, als wir uns mal eine Wohnung bei AirBnB gönnten. Das Bett war eher die spartanische Einrichtung, die wir erwartet hatten. Auf hartem Holz lag eine sehr, sehr dünne Matte auf der man schlafen sollte. Wenn man auf der Seite schläft, hatte man Schmerzen am Hüftknochen. Aber es ist wohl das Übliche so im buddhistischen Kloster zu schlafen und ich konnte nach erlebnisreichen Tagen auch immer gut durchschlafen. Die große Spinne auf Franzis Kopfkissen bei der Ankunft machte mir noch etwas sorgen, aber sie tauchte nie wieder auf, nachdem sie vor Franzis Versuch der Gefangennahme geflüchtet war. Leider schafften es immer wieder Mücken ins Zimmer und da wir keine Moskitonetze hatten, sammelten wir nachts auf den Händen und Armen einige Stiche. Der Rest konnte aber im Schlafsack bzw. unter der Decke bleiben, da wir eine Klimaanlage hatten und es daher nicht zu heiß war. Das Wasser im Bad war ausschließlich kalt, aber meistens war es auch warm genug dafür, dass man sich über eine kalte Dusche freute.
Trotz meiner Erwartung, dass es abends kein Essen geben würde, wurde uns vorgeschlagen, dass wir auf einen Nachtmarkt fahren könnten. Als es losging stellte sich heraus, dass Luang Phi nicht dabei sein würde. Und auch die anderen aßen nichts auf dem Nachtmarkt von Chainat, da der Fahrer mit seiner Familie zu Hause nach dem Arbeitstag aß und Jane und Ying wie die Mönche nur bis mittags essen. Wir bestellten das ein oder andere und aßen es in unserem Zimmer bevor es um die Ecke unserer Unterkunft erstmals in den Meditationsraum ging, wo wir unsere erste Meditationssession mit Luang Phi haben würden. Es war ein großer, quadratischer Raum mit Teppich und Sitzkissen auf dem Boden sowie einigen Stühlen. An der Wand gegenüber des Eingangs stand eine Holzbank mit einigen Kissen darauf.
Rechts davon war an einem Fernseher ein Laptop angeschlossen. Links der Bank standen zwei kleine Tische mit Podesten darauf, auf denen jeweils Gegenstände abgestellt waren. Eine kleine, goldenen Buddha Statue, ein großer, runder, pinker Salzstein, eine Glaskugel, ein Blumenschmuck aus Papier, den man üblicherweise im Tempel offeriert, und eine gläserne Pagode mit goldenem Aufsetzer, der typisch ist für Thailand und auch vom König auf manchen Fotos als eine Art Krone getragen wird. Die Klimaanlagen waren bereits auf volle Stärke eingestellt, so dass der Raum sehr runtergekühlt war, als wir barfuß eintraten. Luang Phi saß auf den Kissen auf der Bank im Schneidersitz wie der meditierende Buddha und Ying setzte sich mit uns auf die Stühle gegenüber von Luang Phi. Franzi hatte noch nie meditiert und den Freiraum bei Yoga in den Momenten zu Meditieren immer dazu genutzt nochmal die Einkaufsliste durch zu gehen oder sich Gedanken über andere Themen zu machen. Ich hatte vor etwas über zehn Jahren im buddhistischen Kloster in Upper Hut, Neuseeland das erste und letzte Mal meditiert und war nun gespannt wie Luang Phi an die Sache rangehen würde, der alles auf Thai erklärte während Ying fleißig übersetzte.
Ein tägliches Ritual vor dem Meditieren war, dass Luang Phi die kleine Buddha Statue neben ihm anbetete mit einem Pali Gesang, den er eigentlich im Kopf aufsagte, aber für uns laut aussprach, während er sich mehrfach verbeugte. Danach verbeugten wir uns dreimal vor Luang Phi wobei wir das Wai Zeichen vor der Brust und der Stirn machten, bevor wir uns verbeugten und mit dem Kopf den Boden berührten. Eigentlich halte ich wenig von solchen spirituellen Ritualen, doch ich machte es mit, da ich es jeweils als eine Art Respektsbekundung dem Buddha bzw. Dem Mönch gegenüber empfand, die ich zwar nicht genoss, aber mitmachen konnte ohne mich zu komisch zu fühlen. Ying machte natürlich auch mit und es uns vor. Tatsächlich wiederholten wir dieses Ritual regelmäßig als wir Buddha Statuen sahen auch in anderen Tempeln, die wir mit Luang Phi noch besuchten. Den Pali Gesang kannten wir ja schon von dem Ritual vor der Thaimassage und danach hatten wir ihn schon in dem ein oder anderen Wat gehört. Luang Phi erzählte uns an diesem Tag viel theoretisch über Meditation und Buddhismus und setzte dafür auch eine PowerPoint Präsentation ein, die er selber gebaut hatte für seine Lehren und die nicht schlecht aussah. Es ging um die richtige Atemtechnik und die unterschiedlichen Komponenten des Buddhismus. Es war etwas verwirrend, da es manchmal acht Elemente gab, manchmal drei und manchmal fünf und man wusste nicht immer welche gemeint waren. Aber es waren dann häufig unterschiedliche Themen bei denen es unterschiedliche, wichtige Komponenten gab. Mitgenommen habe ich, dass es im Buddhismus drei Säulen gibt mit der Meditation, dem Dhamma, also den Lehren des Buddha, und dem Mönchsleben und diese drei Elemente vom Buddha damals festgelegt und später weiter verbreitet worden waren. Außerdem gab es drei Kategorien was man tun sollte, wie man sich verhalten sollte und warum das so ist. Da ging es um die buddhistischen Grundprinzipien wie, dass man nicht falsch handeln sollte, nicht falsch sprechen sollte, man meditieren sollte und so langsam Weisheit erlangen soll. Von den Punkten waren mir einige schon bewusst. Ich war schon etwas müde nach einem langen Tag, als wir uns mit der Meditation beschäftigen wollten. Luang Phi brachte sie uns mit dem Salzstein auf dem Podest neben ihm näher. Erst sollten wir nur mit geschlossenen Augen unserer Atmungen zählen. Dann sollten wir uns vorstellen, dass dort wo die Einatmung endet, also irgendwo am Zwerchfell und oberhalb des Nabels, dieser runde Salzstein sitzt. Wir sollten nur noch daran denken, dass der Stein dort sitzt und alles andere ausblenden wie Gedanken oder Wahrnehmungen der fünf Sinne. Das ist für Ungeübte natürlich nahezu unmöglich, denn irgendwo juckt es immer und irgendwann wird die Sitzposition, in diesem Fall auf Stühlen, ungemütlich und man möchte etwas rutschen. Später lernten wir auch, dass wir diesen Impulsen nachgehen sollen, damit wir uns danach wieder auf den Salzstein oder alternativ eine Kristallkugel oder ein anderes neutrales Objekt in unserem Zentrum konzentrieren sollen. Wir machten nur eine etwa fünfminütige Sitzung ehe es für uns ins Bett ging. Als Hausaufgabe bekamen wir auf, dass wir uns so häufig es geht im Alltag bis zum Frühstück auf die innere Mitte konzentrieren sollen und Luang Phi davon berichten sollen wie oft es uns gelungen ist. Außerdem stand für den nächsten Morgen, der für mich überraschend spät erst um halb sieben beginnen sollte, ein Besuch auf dem Markt mit einer Mission an. Es sollte wohl um einen Fisch gehen. Wir waren gespannt.
Als wir morgens unseren Bungalow verließen, wurden wir von Luang Phi mit einem buddhistischen Sinnspruch geweckt, der über dem Eingang zum Weg zur Meditationshalle geschrieben steht. Er verabschiedete sich dann aber auch direkt wieder von uns und auch Jane war nicht zu sehen. Uns schien, dass ihre Rolle als "Tourguide" eher daher rührte, dass sie gerne mit ihrer Freundin Ying an dem Ausflug weg von ihrem Tempel teilnehmen wollte. Wir fuhren also mit dem Fahrer und Ying zurück in die Stadt Chainat, in die Nähe des Ortes wo der Nachtmarkt stattgefunden hatte. Statt der bunten, beleuchteten Stände ging es nun aber in eine wuselige Markthalle. Mir war mit der Zeit schon klarer geworden, dass es wohl nicht darum gehen würde Fische für das Essen zu kaufen, sondern eher darum lebende Fische zu kaufen, die man dann "befreien" würde, so wie wir es ja auch schon mehrfach in Laos mit Vögeln beobachtet hatten. Ich informierte Franzi über meine Befürchtung, aber sie meinte, dass wir das Spiel mitspielen sollen bis wir den Marktstand erreichten um den es ging. Da war Franzi dann auch schockiert. Zahlreiche, lebende Schlangenkopffische zappelten in einer Ablagefläche, die nur minimal mit Wasser gefüllt war, um ihr Leben, da sie qualvoll erstickten, weil ihre Kiemen nicht im Wasser waren. Neulich waren wir schon der Praxis begegnet Speisefische am Leben zu halten, da sie sich besser verkauften, wenn sie noch leben, weil der Kunde dann sieht, dass der Fisch noch frisch ist.
Jetzt schien der Stand aber hauptsächlich dafür zu sein den Gläubigen Buddhisten die lebenden Fische zu verkaufen, um sie zu befreien. Immer mal wieder schaffte es ein Fisch durch eine schwungvolle Bewegung sich zu befreien und flog in hohem Bogen an uns vorbei auf den Boden Dort zappelte er dann weiter bis ihn der Verkäufer in die Ablage zurück legte, wobei der Fisch ihm gelegentlich entglitt und er mehrere Versuche benötigte. Ein Fisch flog sogar mal in den Abwasserkanal auf dem Boden, wo er sich unbemerkt vom Verkäufer vom Stand entfernen konnte. Ob am Ende des Kanals, der ihn noch an vielen Ständen vorbei und durch viel Müll durch führen würde, aber ein besseres Leben auf ihn wartete, mag man bezweifeln. Unsere Mission war nun also einige dieser Fische zu kaufen, die lässig in eine große Plastiktüte geworfen wurden und gnädigerweise darin in Wasser schwimmen durften. Franzi war schlichtweg schockiert, während ich mich einfach aktiv weigerte die Tortur durch eine Handbewegung zu unterstützen. Stattdessen filmte ich noch etwas was sich hier abspielte Auch Ying schien alles andere als glücklich, wirkte aber pflichtbewusst genug den Auftrag von Luang Phi auszuführen und beauftragte also den Fahrer das Geld zu übergeben und zwei große Tüten mit Wasser und Fischen vom Markt ins Auto zu tragen. Im Auto unterhielten wir uns mit Ying darüber was geschehen war und fragten ob Luang Phi offen genug dafür sei das Thema zu besprechen. Bei der ganzen Gastfreundschaft fanden wir es natürlich schwierig uns wegen unserer Prinzipien bzw. Gefühle einer Aktivität zu verweigern, aber dennoch fanden wir es wichtig nicht alles ungefragt mit zu machen, was uns vorgeschlagen wurde, auch wenn es uns nicht gefiel. Mit Ying konnte man gut darüber reden und sie ermutigte uns auch das Gespräch mit Luang Phi zu suchen, dem sie erzählte was passiert war. Ich war inzwischen ziemlich hungrig, da wir noch kein Frühstück hatten und noch bevor wir zum Frühstückstermin zurück im Kloster waren, hielt der Fahrer am Straßenrand und kaufte uns drei Packungen Kokosnuss Pancakes. Ich genoss die Kokosnussdelikatesse auf den letzten Kilometern im Auto, die der Fahrer wohl wegen meines heiß geliebten Kokosnussshakes am Vorabend für uns ausgesucht hatte.
Unser Frühstücksort war dann absolut idyllisch. Im See in der Tempelanlage schwimmt ein Ponton mit einem Meditationsraum innen und einer schönen, überdachten Terrasse außen. Dort war bereits ein großes Frühstück für uns gedeckt und mit Frischhaltefolie vor den Fliegen gesichert hingestellt worden. Die Tüten mit den Fischen wurden erstmal auf dem Boden neben dem Wasser deponiert, so dass die Fische ihren Bestimmungsort schon sehen konnten. Genauso wie andere Seen, bei denen man Fische "freilassen" konnte, die wir schon gesehen hatten, schien auch dieser See schon einige Fische zu führen, die gelegentlich aus dem Wasser sprangen. Immerhin waren die gekauften Fische nicht so winzig, dass man fürchten musste dass sie direkt gefressen werden. Als Luang Phi auftauchte, setzten wir uns zunächst auf die Bänke und diskutierten bestimmt eine halbe Stunde über die Situation, während die Fische hinter uns sehnsüchtig in ihrer Tüte auf das große Wasser blicken konnten. Luang Phi forderte freundlich ein dünnes Kissen für die Bank, da es wichtig ist, dass der Mönch etwas höher sitzt als die Laien wie wir.
Es war nicht unsympathisch, aber uns fiel es schwer zu glauben, dass ein junger Mönch wie Nop, mit dem wir vor zwei Wochen viel Zeit verbracht hatten, auch ähnlich pingelig gewesen wäre, wenn wir ihn in seinem Kloster und nicht in seinem nicht buddhistischen Dorf besucht hätten. Luang Phi erzählte uns relativ monologhaft seine Sicht, hörte sich aber auch unsere Argumente an. Sein Argument war, dass der Moment zählt und diese konkreten Fische heute Nachmittag getötet worden wären, wenn er sie nicht frei gekauft hätte, so dass sie jetzt weiter im See leben können. Unser Argument nicht mitzumachen, war das wenn alle diese unmenschliche Praxis des Fischers nicht mehr unterstützen würden, dann würde er auch keine Tiere mehr gefangen nehmen und foltern. Das war aber natürlich eher eine vorausschauende Handlung als etwas, das im Moment passiert. Tatsächlich stellte sich auch heraus, dass es weniger darum geht den Fischen das Leben zu schenken, sondern eher darum die Freude zu empfinden, den Fischen das Leben geschenkt zu haben und dieses Glück weiter zu geben in seine Umgebung. Das war für mich theoretisch nachvollziehbar, tatsächlich war ich während der Freilassung der Fische in den See, in dem sie verwirrt erst sehr lange direkt unter uns am Ponton blieben, eher wütend auf den Menschen, der sie halb hat ersticken lassen und aus ihrer Freiheit zuvor genommen hatte. Fairerweise sagte Luang Phi, dass es auch wichtig ist, dass der Fischer sein Geld verdienen kann, aber er stimmte zu, dass es besser wäre, wenn er einen Beruf hätte, der keine Tiere quält. Auch meine Idee das Geld zu nutzen, um ein Stück Wald zum Schutz zu erwerben, fand er nicht schlecht, aber er erklärte, dass es nicht dieselbe freudige Emotion in einem auslösen würde, wie wenn man den Fisch frei lässt. So konnten wir die andere Seite weitestgehend nachvollziehen ohne unsere Standpunkte zu verändern. Für mich bleibt die Praxis Fische oder Vögel frei zu kaufen, die andere nur dafür gefangen genommen haben und unter miserablen Bedingungen gefangen halten, etwas dass nichts mit Buddhismus zu tun hat sondern eine nicht beneidenswerte lokale Kultur ist. Viele Elemente, die mehr mit der Thai Kultur zu tun haben als mit Buddhismus finde ich irgendwo zwischen lächerlich und unangenehm, aber man muss sicherlich respektieren, dass andere Kulturen anders funktionieren. Solange dabei keine Menschen oder Tiere zu Schaden kommen, habe ich auch wenig Probleme damit.
Beim Frühstück spielte sich dann erstmals unsere neue Essenspraxis ab. Der separate Tisch für Luang Phi war zwar schon gedeckt, aber dennoch hoben wir alles nochmal an und ich gab es Luang Phi in die Hände, da ein Mönch nur offerierte Speisen essen darf. Franzi musste ihre Offerten auf ein gelbes Tuch stellen, dass Luang Phi auf dem Tisch ausgebreitet hatte, da er Frauen nicht berühren darf. Auch Nop hatte uns schon erzählt, dass wenn man Frauen als Mönch berührt, es sein kann, dass man sieben Tage alleine in den Wald gehen sollte, um zu meditieren und sich "rein zu waschen". Auch diese Praxis kann ich ein Stück weit nachvollziehen, frage mich allerdings ob es bei homosexuellen Mönchen dann nicht anders herum sein müsste, und bei bisexuellen etc. Pp. Diese Frage stellten wir aber im Gegensatz zu vielen anderen nicht während unseres Aufenthaltes. Während des Mönchtums haben die Mönche kein Sexualleben, aber da man jederzeit Mönch werden kann, könnte es natürlich sein, dass sie zuvor einer sexueller Orientierung nachgegangen sind. Dafür dass wir das Essen offeriert hatten, bekamen wir auch eine Segnung, die uns Wohlstand und Glück wünschte von Luang Phi. Dieses Gebet auf Pali sagte er nach dem Essen auf, während wir unsere Hände vor der Brust gefaltet hatten. Dadurch dass Ying nur mittags aß, wegen des Intervallfastens, dem sie nachging, hatten wir viel zu viel zu essen. Wir schleppten nach dem Frühstück alles wieder in die offene Küche der Anlage und ruhten uns vor unserer zweiten Meditationsstunde etwas aus.
Mir ging es leider gar nicht so gut an dem Tag und ich schlief vor und nach der Meditation insgesamt über drei Stunden, nachdem wir nachts eigentlich auch schon viel geschlafen hatten. In Verbindung mit Durchfall kam ich zu dem Schluss, dass es wohl etwas vom Nachtmarkt gewesen sein musste, das nicht so gut war. Die zweite Meditationsstunde war von einem Video geprägt, das Luang Phi am Fernseher abspielte, und das nicht zum Zusehen sondern zum Zuhören gemacht war. Es war eine englischsprachige Meditationsanleitung, die zunächst beschrieb wie man die innere Mitte durch Atmung findet und danach erklärte, dass abschweifende Gedanken und körperliches Unwohlsein in Ordnung sind, so lange man sich direkt danach wieder versucht auf die innere Mitte zu konzentrieren. Am Ende herrschte eine Viertelstunde Stille im Video bis es zu Ende war und Luang Phi einen Pali Gesang anstimmte. Dann war die Meditation vorbei. Auch wegen meines Unwohlseins und der Müdigkeit und Schlappheit, war die Meditation für mich nicht so erfolgreich, aber Franzi war sehr zufrieden.
Nach meinem zweiten Mittagsschlaf begann unsere erste Sightseeing Tour mit Luang Phi und dem Auto. Alle waren wieder am Start. Auch Jane ging es wohl heute nicht so gut. Angekommen bei einem pompös und modern aussehenden Tempel auf der anderen Seite des Chao Phraya in der Provinz Uthai Thai, in der wir einige Zeit zuvor schon das Waldschutzgebiet Huai Kha Khaeng besucht hatten, setzte ein starker Regen ein. Im Tempel war sehr viel los an diesem Samstag. Er sah aus wie eine Mischung aus Spiegelkabinett und Ballsaal. Ein berühmter, dahingeschiedener Mönch lag hier in einem Sarg und konnte verehrt werden. Außerdem gab es natürlich eine große, goldene Buddha Statue, die Luang Phi kniend würdigte. Danach würdigten auch Ying, Franzi und ich die Statue mit drei Verbeugungen kniend auf dem Teppich mit der Wai Handhaltung vor der Brust. Plötzlich wurde alles dunkel.
Was zunächst wie ein spannender und etwas gruseliger Spezialeffekt im Spiegelkabinett auf dem Jahrmarkt wirkte, war einfach ein Stromausfall, der auch länger bestehen blieb. Gut dass wir vorher noch einige schicke Fotos gemacht hatten. Es tauchten auch noch einige weiße Touristen auf, die direkt von einer alten Frau verpetzt wurden, weil sie teilweise eine Kopfbedeckung im Tempel trugen. Die Jungs, die freiwillig im Tempel halfen und zu schüchtern waren uns zu grüßen, nachdem Luang Phi sie als seine Schüler vorgestellt hatte, ermahnten die Touristen vorsichtig. Die kurzen Hosen wurden hingegen toleriert. Als wir wieder raus kamen, schüttete es richtig stark. Unser Fahrer hatte für jeden von uns einen Eistee mit Geleestückchen in einer Plastikflasche besorgt, die er in einer Plastiktüte zu uns brachte, während wir im Tempel gewesen waren. Ying sagte immer: "He is so generous!". Tatsächlich erschien er uns ausgesprochen großzügig zu sein, da er jeden Tag immer mehr und mehr Nahrungsmittelgeschenke an uns überreichte. Allerdings meinte Ying, dass er sie von Luang Phis Geld besorgte. Wir waren uns unsicher wie es wirklich war. Auf jeden Fall eine sehr positive, hilfsbereite Art, die der Mann hatte, auch wenn er kein Englisch sprach. Wir stiegen in ein Elektrocart, in dessen Mitte der Bänke man nicht komplett nass wurde, so dass alle sich versuchten mittig zu halten, damit der Regen sie nicht so sehr traf. Das war nicht so schwer, da wir zu viert die einzigen waren die mitfuhren. Luang Phi sortierte die Sitzreihen so, dass er möglichst weit weg von den Damen saß.
Mönche dürfen auch nicht rennen in Thailand, daher sahen wir zu wie Luang Phi im strömenden Regen von der Straße zum zweiten Tempel spazierte, nachdem wir die Strecke zuvor gesprintet waren. Der erste Tempel war mehr aus Silber und dieser mehr aus Gold geformt. Wir machten ein paar Fotos und besuchten die Ausstellung auf drei Stockwerken, die viele Buddhafiguren zu bieten hatte. Wir lernten, dass die dicke Buddhafigur, die beliebt ist bei den Thais, weil sie Wohlstand bringen soll, wenn man die Wampe streichelt, gar keine Buddhafigur ist, sondern einen der Lehrlinge des Buddha darstellen soll. Zuvor hatten wir verstanden, dass die Figur den kommenden Buddha, also den nächsten Erleuchteten darstellen soll. Dem war laut Luang Phi und Ying nicht so. Es regnete immer noch, als wir den Tempel verließen. Jane war auch dabei und als sie über den Vorplatz unter einen Laubengang gelaufen war, um dem Regen zu entkommen und sich unserem Fahrer samt Auto zu nähern, schrie sie plötzlich auf. Schnell sahen wir, was der Grund war. Eine große Schlange schlängelte sich erschrocken in Richtung der Wand während Jane ebenfalls von der Schlange weg lief.
Wir näherten uns gespannt und vorsichtig der Säule, konnten die Schlange aber nicht mehr sehen. Wir wollten natürlich auch nicht riskieren die Schlange zu provozieren, aber gleichzeitig fanden wir es auch spannend in so einem bebauten Gebiet plötzlich eine große Schlange zu entdecken. Sie war sicherlich über einen Meter groß. Wir fuhren weiter zum nächsten Wat, das wir besuchten. Diesmal war es ein alter Tempel mit noch älteren Komponenten aus der Ayutthaya Zeit und noch davor. Ich fand vor allem die Meinung Luang Phis zu den volkstümlichen Gebräuchen spannend und konnte ihm entlocken, dass er auch nicht so viel von ihnen hält, da sie nicht mit den Lehren des Buddha zu tun haben. Dennoch ist es wichtig, dass er sich mit ihnen auskennt, da die Gläubigen, also quasi seine Kunden und Sponsoren, es wichtig finden. Er hatte uns gesagt, dass er sich uns sein Meditations- und Dhammazentrum zu 100% aus Spenden von Privatpersonen finanziert.
Beispiele für die Bräuche sind das Spenden von Geld für eine Buddhafigur je nach Wochentag (der Mittwoch besteht aus zwei Buddhafiguren), das Kleben von Goldplättchen auf Buddhafiguren oder Figuren anderer Respektspersonen oder Wesen (das Kleben auf dem Kopf ist auch verbreitet, aber laut Luang Phi eigentlich respektlos), das Spenden von roten Getränken und Blumen für mystische Wesen und den Buddha und natürlich Horoskope mit Stäbchen, die man aus einem Becher schüttelt oder Rädern, an denen man wie beim Jahrmarkt Bingo drehen kann. Luang Phi zeigte uns eine seiner Lieblingsaktivitäten im Tempel. In einer Reihe hingen viele Glocken mit unterschiedlichen Formen und daher auch unterschiedlichen Tönen. Der Reihe nach ging er vorbei und läutete alle und wir machten es ihm nach. Auch zeigte er uns noch eine große Buddhafigur, die unter dem Schutz des Kulturministeriums Thailands steht und deshalb trotz eines Risses am Rücken nicht einfach saniert werden darf. Luang Phi ist wohl auch stellvertretender Abt in diesem Kloster. Einige Mönche sangen im Hintergrund auf Pali.
Zurück in der Unterkunft hielt ich mich an meine Ansage und aß nichts mehr. Allerdings fühlte ich mich so schlecht, dass ich nur noch duschte und ins Bett ging. Später hätte ich mich fast noch übergeben. Ich weiß nicht was der Grund war, aber am nächsten Tag nach langem Schlaf ging es mir zum Glück besser. Franzi ging nach Absprache noch zum Abendgesang der Novizen, bei dem sie ebenfalls Kopfschmerzen erhielt. Der Raum der Novizen wirkte auf sie recht trostlos und bedurfte wohl einer dringenden Renovierung.
Der Sonntag verlief ganz anders als der Samstag. Zum Glück waren wir beiden wieder fit. Der 27. Juli hielt gleich zwei besondere Termine parat. Zunächst mal ist es der Geburtstag des aktuellen Königs und damit ein nationaler Feiertag. Außerdem war es der Termin des Jahrestags des Meditationszentrums von Luang Phi und daher war zu einer Zeremonie eingeladen worden. Wir waren an dem Morgen endgültig verwirrt wann wir nun bei welcher Zeremonie sein würden und folgten einfach Ying nachdem wir aus unserem Zimmer gekommen waren. Zunächst fuhren wir wieder nach Chainat an die Uferpromenade des Chao Phraya vor dem Rathaus. Hier fand eine Zeremonie zu Ehren des Königs statt. Alles war festlich geschmückt, ein großes Gemälde des Königs war extra aufgebaut worden, alle hatten weiße oder gelbe Klamotten an, was den Farben des Königshauses entspricht und nur die Mönche stachen mit ihren orangenen Roben hervor. Die Laien standen neben der Veranstaltung in Erwartung des Offerierens ihres Essens an die Mönche.
Vorher wurden noch einige Reden gehalten. Wir stellten uns unter das Zelt mit den Offiziellen der Stadt in weißen Uniformen, in dem auch die Mönche saßen. Fast alle offiziellen surften während der Reden auf dem Smartphone. Es war nachvollziehbar. Bei der ersten Rede auf Thai, die der Redner in Richtung des Bildnis des Königs in ein Mikrofon abhielt, verstanden wir zwar nichts, aber alle anderen konnten zuhören. Die zweite Rede der wenigen Muslime, die man an ihrem Outfit erkennen konnte, verstand dann keiner mehr, da entweder das Mikrofon nicht ging, oder der Redner absichtlich nicht wollte, dass die Zuhörer ihm tatsächlich zuhören konnten. Dafür dauerte es aber sehr lange und war extrem langweilig. Dann löste sich endlich alles auf und Franzi offerierte auch den Mönchen etwas. Auch Luang Phi, der nicht mit uns unterwegs war, sahen wir hier heute erstmals, aber er ließ sich nichts offerieren, sondern fuhr mit unserem gewöhnlichen Fahrer zurück zum Tempel zu seiner eigenen Zeremonie. Jane fuhr uns mit Ying zu einem kleinen Imbiss, wo wir zu viert Hühnchen mit Reis frühstückten und endlich die Chance nutzen konnten die anderen mal einzuladen. Dabei erzählte uns Jane, dass sie schon mit ihrem Tempel Auslandsaufenthalte im Silicon Valley in einem Thai Theravada Buddhismus Tempel für zwei Jahre hatte und auch in Deutschland war sie mal drei Monate bei Frankfurt in einem Tempel gewesen und half damals sogar bei der Ahrtal Katastrophe mit, in dem sie lecker für die Helfer kochte, was sie sehr gut können soll. Sie zeigte uns eindrucksvolle Fotos von Autos und Häusern, die zerstört waren und wie sie neben einem großen Sperrmüll Container posiert. Mit war nicht klar, dass ein Thailändischer Tempel auch in Deutschland unterstützt, aber es zeigte mir, dass die Spenden an den Tempel auf jeden Fall auch für gute und wichtige Initiativen verwendet wurden. Generell war ich schon sehr gespannt was denn das eigentlich für ein großer Tempel sein sollte, in dem Jane und Ying lebten. Und tatsächlich war ich vorher schonmal auf den Tempel gestoßen. Während wir in Bangkok waren, hatte ich mal planlos auf Google Maps geschaut wie die Stadt von oben aussieht. Dabei sind mir die vielen Kanäle im Norden der Großstadt aufgefallen, die alle parallel zueinander die Landschaft durchziehen. Mitten in dieser Landschaft gab es eine große Freifläche mit einem gelben, runden Gebäude, das etwas aussah wie eine fliegende Untertasse. Es weckte mein Interesse und daher klickte ich auf den Dhammakaya Tempel auf der Karte und sah, dass es ein buddhistischer Tempel von gigantischem Ausmaß war. Während wir in Bangkok waren, fand ich es nicht interessant genug den Tempel zu besichtigen und auch niemand hatte uns davon erzählt. Nun luden uns Jane und Ying aber ein "ihren" Tempel mal zu besichtigen. Ich war begeistert und auch Franzi ließ sich überzeugen. Eigentlich wollten wir zurück nach Phitsanulok und von dort auf demselben Längengrad wieder nach Laos, wo eine riesige, spannende Höhle sein sollte. Nun änderten wir den Plan und würden nur noch den äußersten Süden von Laos bereisen. Spontan beschlossen wir, dass wir mit Ying und Jane zurück zu ihrem Tempel fahren würden nach unserem Chainat Besuch. Es stellte sich heraus, dass auch Luang Phi einst in dem Tempel war, bevor er nach Chainat beordert wurde und er sogar Führungen im Tempel für Besucher gegeben hatte. Daher stand kurzerhand fest, dass wir zu viert inklusive Fahrer am Folgetag nach Pathum Thani im Norden Bangkoks fahren würden und dort eine Nacht blieben, um am Folgetag den Tempel zu besichtigen. Einen Kontakt für eine Unterkunft für uns hatte Luang Phi auch noch.
Zurück bei der Unterkunft sahen wir, dass schon einige Besucher ihre Autos auf dem Parkplatz vor unserem Zimmer abgestellt hatten. Ein großer Hornkäfer schien vor unserem Zimmer sehr zu leiden, daher halfen wir ihm und drehten ihn zurück auf den Bauch. Leider fiel er immer wieder auf den Rücken, als wir später nachschauten, und die Ameisen fielen ihn auch immer wieder an. Das viele Essen, dass uns unser Fahrer schenkte, war auch ein beliebtes Fressen für die Ameisen. Da wir keinen Kühlschrank hatten, waren unter anderem die Bambusrohre mit süßem Bohnen-Klebemilchreis im Inneren schon etwas von Ameisen befallen. Der Fahrer hatte uns die zwei gefüllten Halme geschenkt, als wir schon vollkommen satt vom Frühstück gekommen waren. Es war sehr lieb aber die Ausmaße und der Zuckergehalt des Essens, das er uns gab, überstieg ein realistisches Maß dessen, was wir schaffen und erst recht genießen konnten. Schließlich spendeten wir etwas davon weiter an die Mönche. Auch wurde uns ein Tablett auf einem Becken gegeben, in das wir Wasser lassen konnten, so dass die Ameisen das Essen nicht mehr befielen. Eine ähnliche Konstruktion hatten wir schonmal in einem Museum in Ipoh gesehen aus einer Zeit vor den Kühlschränken.
Wir entspannten etwas im Zimmer bis wir und entschlossen zur Zeremonie zu gehen. Die war schon im Gange als wir sie erreichten. In der offenen Halle, die sonst leer stand, waren in der Mitte lauter Plastikstühle in Richtung der Buddha Statue aufgestellt worden. Vor der Buddha Statue saß Luang Phi im Schneidersitz. In einem eckigen "U" waren lauter weitere Sitze um die Plastikstühle für die ganzen anderen Mönche aufgebaut worden. Die Plastikstühle waren schon fast voll besetzt, während Luang Phi der einzige Mönch war, der da war. Ying erklärte uns, dass wir ein Los ziehen könnten und dann ein paar Dumplingtöpfe zu dem Mönchsplatz stellen, dessen Nummer wir gezogen hatten. Beide gingen wir bewaffnet mit mehreren Töpfen zu jeweils einem Platz und stellten die Töpfe an die noch unbesetzte Stelle. Fast alle Plätze waren schon mit Töpfen ausgestattet.
Luang Phi hielt eine Art Predigt. Sie bestand aus Redebeiträgen auf Thai und Gesang auf Pali. Teilweise sangen die Gäste mit, teilweise meditierten sie auch. Wir erinnerten uns, dass Luang Phi nicht so schön fand, dass viele nur spendeten, aber nicht selber meditierten. Hier waren aber auch viele inhaltlich interessiert wie es mir schien. In der ersten Reihe der Plastikstühle hatten die Gäste kleine Tischchen mit schicken Wasserkaraffen und Gläsern. Ying erklärte uns, dass das die Großsponsoren waren. Eine davon durfte auch selber eine Art Gebet auf Thai aus einer Schriftmappe vortragen, die vor ihr aufgebaut war. Ein Paar mittleren Alters, das richtig schick herausgeputzt war, übergab später Luang Phi auch einen Umschlag. Ein Fotograf hielt den Prozess fest. Wenn man spendet, wird das hier auch zelebriert und dokumentiert. Irgendwann kamen die ganzen anderen Mönche und nahmen Platz. Nach über einer Stunde, die für uns aus Meditationsversuchen, spannendem Beobachten und etwas Langeweile bestand, kam dann der Spenden- und Offerieren Teil, bei dem wir "unseren" Mönchen ihr Essen offerieren durften.
Es war etwas komisch etwas zu offerieren, das wir weder zubereitet noch bezahlt hatten, aber Ying ermutigte uns. Danach wurden wir kurz vom Mönch gesegnet und dann begann er zu essen. Es gab ein breites Menü in den unterschiedlichen Töpfen. Mönche dürfen ja nichts ablehnen und müssen wohl auch damit leben, dass das Essen schon kalt ist, nachdem es stundenlang herum stand. Wir schauten bei allen vorbei und besuchten auch Luang Phi.
Er hatte auch eine Durian geschenkt bekommen und irgendwie dachte ich es wäre ein Hähnchen Curry. Ich bekundete Interesse und er schenkte uns die Durian weiter. Ich wollte aber gar keine Durian essen. Jetzt hatten wir sie aber an der Backe, da der Mönch sie uns ja geschenkt hatte. So kann man sein ungeliebtes Essen natürlich auch loswerden. Das Eigentor endete damit, dass Franzi die Durian abends im Zimmer aß, so dass ich darin nur noch mit Nasenklammer aus Fingern herum lief. In den meisten Unterkünften in Südostasien ist Durian ja verboten. Wir bekamen eine heiße Nudelsuppe an einem anderen Tisch und viele Gäste fuhren nach Hause oder aßen auch noch unter einem anderen Unterstand.
Nach einer Mittagsstunde machten wir wieder eine private Meditationsstunde mit Luang Phi. Er kam zwar etwas spät, da er noch ein Gespräch mit einem Gast hatte, aber grundsätzlich zeigte es seine Wertschätzung für unseren Besuch, dass er sich trotz der Jahrestags Zeremonie direkt wieder den gesamten Nachmittag Zeit für uns nahm für eine private Meditationsstunde und danach noch für weiteres Sightseeing in der Umgebung, bei dem wir wieder einige Wats besuchten. Beim Meditieren zeigte er mir zunächst einige Übungen, da ich immer so verkrampft und ungelenkig war und daher Schwierigkeiten hatte mich auf meine Atmung zu konzentrieren. Er zeigte mir u.a. eine Karate Übung mit Bewegungen von Beinen und Armen. Auch empfahl er mir Yoga zu machen.
Abends besuchten wir einen Tempel mit Ruinen aus der Sukhothai Periode, einen Tempel mit einer Buddha Statue mit Khmer Inschriften auf dem Rücken und noch den Tempel am Fuße des Hügels am Chao Phraya, zu dem über fünfhundert Stufen zum Gipfel führen. Im ersten Tempel orakelten wir spaßeshalber auch mit Stäbchen und dem Zahlenrad unsere Zukunft. Bei mir kam raus, dass ich viel Öl in die Kerze gießen muss, damit ich gesund bleibe, daher schüttete ich in den folgenden Tempel immer etwas Öl in die Lampen. Wir gingen nicht alle Stufen hoch zur Spitze des Hügels, auch da Luang Phi etwas Probleme mit dem Bein hatte. Außerdem wurden wir viel gestochen. Der Fahrer war aber ganz motiviert, dass ich hoch gehen soll. Wir gingen dann nur bis zum ersten Unterstand und dann wieder herunter.
Nach einem weiteren gemütlichen Frühstück im Pavillon auf dem See packten wir die Sachen und warteten auf Luang Phi, der morgens noch für einen Großsponsor auf die Hochzeit seiner Tochter mit über 300 Gästen in Nakhon Sawan gefahren worden war, wo er die Zeremonie begleitete. Vor der Abfahrt schenkte uns Luang Phi noch zwei Bücher über den Buddhismus auf Englisch, eine Glaskugel zum Meditieren, zwei kleine Anhänger mit Glaskugeln zum Meditieren, die wir jetzt an unseren Rucksäcken montiert haben und zwei Schals aus Indien, die er dort mal erworben hatte und nun uns geben wollte. Es ging mit dem Auto in ein Restaurant am Fluss, in dem wir es schafften alle einzuladen, auch wenn Luang Phi sich kurz wehrte. Dann freute er sich aber natürlich auch über die Einladung. Man konnte die lange Treppe vom Vorabend von hier sehen und dass wir nur einen kleinen Teil hochgelaufen waren. Ich schaffte es nicht zu verhindern, dass mein Zitronen Soda in einem Plastikbecher mit Plastikdeckel und Plastikstrohhalm kam. Ein Glas hätte es auch getan. Es war etwas merkwürdig im Restaurant auf Pali gesegnet zu werden, aber ich nutzte die Zeit um kurz zu meditieren und damit war es auch nicht mehr merkwürdig, da ich mich darauf nicht konzentrierte. Wir fuhren daraufhin lange durch Chainat, wo Luang Phi noch ein Meeting hatte. Nach einiger Zeit stiegen wir bei einem Tempel aus, in dem gerade ein Markt mit allen möglichen Produkten abgebaut wurde und viele Mönche unterwegs waren. In einer großen Halle war eine riesige Konferenz mit unzähligen Mönchen. Wir vermuteten Luang Phi unter ihnen, aber konnten ihn in diesem orangenen Suchbild nicht ausmachen. Schließlich holte er uns von hinten aus einem anderen Raum kommend ab. Er war wohl kurz zu einer Besprechung in kleiner Runde gekommen und hatte wohl seinen Redebeitrag bei dem großen Kongress durch einen Ersatz umdisponiert, damit er die Zeit mit uns verbringen konnte. Ich weiß ja nicht wie wichtig dieser Kongress ist, aber es schien ihm wichtiger sein sich um uns zu kümmern.
Auf dem Weg zum Dhammakaya Tempel hielten wir noch bei Ayutthaya bei der buddhistischen Universität, an der auch Luang Phi einst studiert hatte. Er wirkte ein wenig wie ein gefeierter Heimkehrer und grüßte viele junge Mönche, die hier noch im Studium sind und alle besser Englisch können als er. Inzwischen wird auch mehr auf Englisch unterrichtet. Wir besuchten die Bibliothek, in der ich u.a. ein Buch auf Thai fand, das sich mit Brandenburg als Teil Preußens im 16. Bis 17. Jahrhundert auseinander setzte. Auch trafen wir einen Professor der Sprachen, der etwas überfordert mit der kumpelhaften Anrede von Luang Phi wirkte, der bestens aufgelegt war.
Wir besuchten noch ein Spezialprojekt der Uni im Obergeschoss, bei dem Palmenblattrollen aus Theravada Wats aus ganz Südostasien eingesammelt , mit Tinte bearbeitet, fotografiert und digitalisiert werden. Alle Texte sind in Pali aber in der jeweiligen Schriftart formuliert also auf Lao, Thai etc.. Die Mitarbeiter des Projektes waren teilweise Mönche und teilweise wissenschaftliche Mitarbeiter und kamen aus Nepal, Indien und auch anderen Ländern. Es ist ein großes und jahrelanges Projekt. Wir unterhielten uns lange mit einem Indischen Mönch, der sehr viele Sprachen sprach und uns auf Deutsch begrüßt hatte. Er meinte ohne Deutsch ist es schwierig, da sehr viel Fachliteratur zu Schriften und Sprachen aus dem Ostasiatischen Raum auf Deutsch von deutschsprachigen Wissenschaftlern ist.
In einem Konferenzsaal wurde uns noch ein Video zum Projekt gezeigt. FRanzi fühlte sich an Meetings bei ihrer Arbeit zurück erinnert. Wir machten noch ein Besuchsfoto mit dem Projektteam vor deren Arbeit. Wir fühlten uns ein wenig wie Sponsoren, die durch die Uni geführt wurden, um zu sehen, was mit unserem Geld alles finanziert wurde- nur dass wir keinen Cent gespendet hatten. Wir genossen den netten Empfang und die spannenden Infos. Luang Phi war weniger an der Ausstellung interessiert als daran mit den Leuten zu netzwerken. Als Franzi ihren Pullover auszog und kurz ihr Bauch zu sehen war in der Anwesenheit der Mönche, griff Ying sofort ein und zog ihr T-Shirt wieder über den Bauch. Danach ging es dann aber endgültig zum Dhammakaya Tempel in Richtung Bangkok. Ich war aufgeregt wie der Tempel auf mich wirken würde.
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