· 

Im Tempelfieber

Sra'Aerm

geschrieben von Timo

Normalerweise haben Hotels, wenn sie nicht ausgebucht sind ein Interesse, dass die Gäste möglichst lange bleiben, damit sie mehr Einkommen generieren können. Das würde ich nach meinem Studium der Betriebswirtschaftslehre zumindest denken. Unsere Unterkunft im kleinen Ort Sra'Aerm war da etwas anders und das machte sie sehr sympathisch. Die Rezeptionistin der Unterkunft konnte nicht gut Englisch, aber ein junger Mann der aus dem Restaurant nebenan vorbei kam und auch für das Hotel zu arbeiten schien, sprach gut genug Englisch für eine Konversation. Er hatte die Sprache in der Schule in Siem Reap gelernt. Nun versuchte er uns zu erklären, dass es in Sra'Aerm nichts tu sehen gäbe außer den Ausflug zum Preah Vihear Tempel etwa dreißig Kilometer entfernt. In seiner Logik macht man diesen Ausflug morgens und fährt dann mittags mit dem Minivan weiter in Richtung Siem Reap. In unserer Logik wollten wir uns beim Tempel aber nicht stressen lassen und hatten daher vorab schon für zwei Nächte reserviert, um dann erst am Morgen danach weiter zu fahren.

Die Happy People übernachteten zusammen mit uns in Sra'Aerm.
Die Happy People übernachteten zusammen mit uns in Sra'Aerm.

Es stellte sich heraus, dass ich auch mit diesem jungen Mann per E-Mail die Unterkunft reserviert hatte. Also ich nach einem Doppelbett gefragt hatte, war er unsicher und hatte die Maße des Bettes geschickt. Später schickte ich ihm noch ein Foto von einem Doppelbett und er bestätigte, dass das Zimmer ein Doppelbett hat. Das hatte es in der Tat. Es war nicht teuer und sauber, aber auch nicht besonders schön und recht dunkel. Nachts saßen zwei Kakerlaken an der Innenseite der Tür, aber wir schafften es sie dort zu lassen und ließen uns nicht stören. Am nächsten Morgen waren sie weg. Immer noch da waren einige andere westliche Hotelbesucher, die mit einem Bus gekommen waren, auf dem "Happy People" stand. Später sahen wir diesen Bus noch zweimal in Siem Reap. Es war wohl eine Gruppe, die nicht nur den Khmer Tempel sondern auch die unbekannte Kirche besucht hatte, da es eine Christliche Reisegruppe war. 

Für westliche Besucher gab es eine klare Indikation, was ein gutes Frühstück für sie sein könnte.
Für westliche Besucher gab es eine klare Indikation, was ein gutes Frühstück für sie sein könnte.

Die meisten Gerichte in der Karte vom Restaurant nebenan gab es nicht, aber ich bekam noch eine Portion Larp, wie es in Laos und im Issan in Thailand beliebt ist. Beeindruckend war die große Menge an Teakholzmöbeln, die im Restaurant und im Hotel standen und die scheinbar im Hinterhof gefertigt wurden. Ich finde diese schweren, rot-braunen Möbelstücke sehr schön, aber die Stühle finde ich persönlich extrem unpraktisch. Oftmals sind die Lehnen maximal gerade und der Sitz hart, so dass man nicht lange gemütlich darauf sitzen kann. Außerdem sind sie so schwer, dass man sie kaum verrücken kann, auch nicht wenn man mal schnell aufstehen möchte, um auf Toilette zu gehen. und Am nächsten Morgen stand der Ausflug an und wir hatten schon ein Tuk Tuk bestellt, die hier PassApp genannt werden. Die App mit diesem Namen funktioniert nur in Siem Reap und Phnom Penh, aber der Name hat sich im gesamten Land durchgesetzt.

Unsere Fahrt in Richtung Grenze und Tempel auf einer wenig befahrenen Straße
Unsere Fahrt in Richtung Grenze und Tempel auf einer wenig befahrenen Straße

Wir standen früh auf und ich fühlte mich nicht nach aufstehen. Ich war schlapp und außerdem hatte ich Ohrenschmerzen. Tatsächlich war ich nachts schon mit Ohrenschmerzen aufgewacht, konnte aber weiterschlafen. Franzi untersuchte mich und in der Tat hatte ich leicht erhöhte Temperatur. Es stand also im Raum in dieser Unterkunft noch länger zu bleiben und die Krankheit auszukurieren, oder noch zweimal durchzuziehen und erst den Tempel zu besuchen und dann am nächsten Tag weiter zu reisen. Wir entschieden uns für zweiteres und ich schaufelte mir eine heiße und scharf von mir gewürzte Nudelsuppe zum Frühstück rein, die meinen Kopf etwas erfrischte und gefühlt das leichte Fieber etwas senkte. Franzi kümmerte sich um das Vorbereiten des Ausflugs und frühstückte auch noch rechtzeitig dafür, dass wir abfahren konnten, als der Tuk Tuk Fahrer ankam. Er fuhr uns die wenig befahrende, asphaltierte Straße vorbei an Wäldern und Feldern bis zum Ticketschalter des Preah Vihear Tempels. Dieser befindet sich unten, während der Tempel auf dem Kamm einer Hügelkette thront, die die Grenze zwischen Thailand und Kambodscha markiert. Hier gab es zuletzt als der Tempel Welterbe wurde Gefechte zwischen beiden Ländern, aber inzwischen soll die Lage für den Tourismus entspannter sein. Thailand beansprucht das Territorium des Tempels ebenfalls für sich. 

Auf geht´s hoch zum Tempel!
Auf geht´s hoch zum Tempel!

Um zum Tempel hochzukommen, der wir alle Tempel in Kambodscha bisher wieder teure zehn Dollar pro Person gekostet hat, konnte man entweder einen sehr teuren Pick-Up mieten, in dem uns vermutlich auch noch schlecht geworden wäre, oder aber mit den Motorradtaxen fahren. Diese waren deutlich günstiger und würden oben auf einen warten. Wir waren sehr früh hier und die einzigen Gäste. Die Motorradtaxen standen aufgereiht auf dem Parkplatz und warteten auf Kundschaft. Beim Ticketschalter erhielten wir auch zwei Nummern und die jeweiligen Motorräder "6" und "10" mit Fahrer fuhren vor und nahmen uns hinten drauf mit. Das war mehr Ordnung als es benötigt hätte. Es ging eine steile Straße hoch bei der ersten Motorradfahrt seit Monaten für uns. Wir bekamen sogar einen Helm und hielten uns gut fest, aber es fühlte sich so gut an, dass ich auch einhändig ein Handyfoto machte. Oben am Parkplatz vor dem Tempel warteten dann die Motorradfahrer auf uns während der Tuk Tuk Fahrer unten wartete. Die Motorradfahrt hatte mir nochmal etwas Energie gegeben, auch wenn ich schon noch merkte, dass ich angeschlagen war.  

Bei der Zuordnung der Motorräder zum Motorradticket lief alles ordnungsgemäß.
Bei der Zuordnung der Motorräder zum Motorradticket lief alles ordnungsgemäß.

In der Tempelanlage chillten unzählige Mitarbeiter, die gar nicht alle Aufpasser sein können teilweise sogar mit ihren Kindern. Viele schauten unfassbar nervige Tik Tok Videos an, so dass man an vielen Stellen des Eingangsbereichs des Tempels nicht die Texte lesen konnte oder die Steinelemente des Tempels genießen konnte, da es einfach zu nervig war. Bei einem sagte Franzi auch was, da es zu unerträglich war. Wir erreichten eine Treppe, an der es in eine Richtung hoch zum Tempel ging und in die andere Richtung runter, wo man Restaurierungsarbeiten sehen konnte. Ich dachte, dass es oben bereits nach Thailand geht, da dort ein großer Fahnenmast stand und war unsicher, ob man weiter gehen darf, da von den Sicherheitsbeamten auch niemand erklärte, wo es lang geht. Tatsächlich ging es aber oben hinein in das Herz der Tempelanlage und den unteren Bereich erkundeten wir erst am Ende. Hier befindet sich die Grenze nach Thailand, wobei ein Übertritt hier nicht möglich ist. Ein Stacheldraht und ein großer Zaun hinter einem winzigen Bach markieren das jeweilige Gelände. Als wir am Ende unseres Besuches die Treppen wieder hoch mussten, hatte ich ganz schön zu kämpfen, da das Fieber an meinen Kräften gezehrt hatte und wieder stärker geworden war. 

Vom Tempel hat man einen weiten Blick bis tief nach Thailand rein.
Vom Tempel hat man einen weiten Blick bis tief nach Thailand rein.

Zunächst gingen wir also die Treppe hinauf und besuchten insgesamt fünf Pagoden, die durch lange Steinwege miteinander verbunden sind, an deren Seite die uns bereits bekannten Phallus Steinpfähle stehen bzw. das was davon noch übrig ist. Damit war auch klar, dass der Tempelkomplex Shiva gewidmet war. Ähnlich zu Wat Phu in Laos befindet er sich auf einem Berg, wobei Preah Vihear in der gleichnamigen Provinz oben auf dem Kamm liegt und auch eine viel größere Fläche einnimmt. Die Blicke sind in beide Richtungen herrlich und sehr weit, da die Bergkette die einzige Erhebung weit und breit ist. Man konnte sogar in Richtung Ubon Ratchathani in Thailand schauen, wo wir knapp über zwei Wochen zuvor unsere letzten Stunden in Thailand eingeleitet hatten. Danach sind wir in einem großen Halbkreis durch Laos und Kambodscha gefahren, nur um nun den Kreis fast wieder zu vervollständigen. 

Ein Türsturz der Tempelanlage
Ein Türsturz der Tempelanlage

Der Tempel hatte wieder viele schöne Steinmetzarbeiten in den Steinwänden zu bieten, die Götter und Fabelwesen darstellten. Ohne Guide versteht man zwar die Geschichten nicht, aber die Motive kannten wir schon von vorherigen Tempeln. Fast den gesamten Besuch über hatten wir die Anlage für uns ehe gegen halb elf Uhr morgens als wir gingen die Reisegruppen eintrafen. Vermutlich sind es Gruppen, die aus Siem Reap Tagesausflüge hierher machen. Wir hätten das auch machen können, hätten dann aber viel weniger Zeit gehabt den Tempel zu besuchen, weniger Kontakt zu Kambodschanern in dieser entlegenen Ecke des Landes gehabt und wir hätten an einer Tour teilgenommen, was wir prinzipiell schonmal nicht sehr mögen. Im letzten Tempel des Komplexes findet sich heute ein buddhistischer Schrein und zwei junge Mönche surften hier am Smartphone während sie auf Besucher warteten. Nach einem letzten Blick über die weite Landschaft von einem Aussichtspunkt und einer längeren Diskussion mit einem Toilettenmann, ob seine Toilette im Preis enthalten sei, ohne das eine Seite die andere verstand, ging es nach dem Besuch der Grenze zurück zu den Motorrädern und bergab, wobei ich an einer Schwelle fast runtergefallen wäre, da ich noch zu weit nach hinten gelehnt war.

Die umstrittene Grenze zwischen Kambodscha und Thailand direkt unter dem Preah Vihear Tempel
Die umstrittene Grenze zwischen Kambodscha und Thailand direkt unter dem Preah Vihear Tempel

Franzis älterer Fahrer übersah den Tuk Tuk Fahrer an der Hauptstraße und fuhr vorbei, so dass man Fahrer ihn durch Hupen aufmerksam machte, dass er zurückkommen müsse. Ich war sehr fertig und war froh, als ich mit Fieber ins Bett fallen konnte. Mein Ohr tat nun auch richtig weh und ich fing an Antibiotikatropfen in mein Ohr zu machen ähnlich wie bereits im April. Franzi arrangierte noch einen Onlinetermin mit einem Deutschen Arzt, wobei es mir unangenehm war in meinem Zustand am Telefon zu erklären wie es mir geht. Also übernahm Franzi das und ich korrigierte sie nur, wenn sie die Symptome falsch erkannte. Sie besorgte nicht nur die Ohrentropfen von einer einfachen, lokalen Apotheke sondern auch noch einen sehr leckeren Zitronengrastee aus Kambodscha, der auch schmeckt, wenn man gesund ist und seitdem im Reisegepäck dabei ist. Mir ging es auch am nächsten Morgen noch nicht gut, aber gut genug um mit dem Sammeltaxi bis nach Srayong zu fahren. Bis dahin schlief ich viel und aß noch einige Male Suppe. Mit den Besuchen von Koh Ker und Angkor danach sollte das Tempelfieber aber noch einige Zeit anhalten, wobei wir die Tempel erst anschauten, als mein Infekt auskuriert war. 

Kommentar schreiben

Kommentare: 0