Srayong
geschrieben von Timo
Franzi schleppte das Gepäck in das Sammeltaxi und ich schleppte mich hinterher, damit wir aus dem Norden Kambodschas von Sra' Aerm nach Srayong gebracht werden konnten. Ich hatte weiterhin Fieber aber zugestimmt heute den Ortswechsel zu vollziehen. Ein weiterer Mann saß mit uns im Auto und trotzdem zahlten wir am Ende 30 Dollar für knapp zwei Stunden Autofahrt. Wir konnten nicht genau sehen wie viel Riel der andere Mann dem Fahrer bezahlte, da er für seinen 50.000 Riel Schein viele andere, bunte Scheine wieder bekam, die ich so schnell nicht identifizieren konnte. Auf jeden Fall wurde er bei seinem Haus rausgelassen und danach wurden wir im kleinen Ort Srayong bei unserem Bungalow rausgelassen, den wir erst durch einiges hin- und herfahren finden konnten. Dort wurden wir von einem sympathischen, englischsprachigen Mann mit O-Saft begrüßt und bezahlten unseren Fahrer, der netterweise das Gepäck noch zum Bungalow trug. Ich duschte und legte mich direkt ins Bett- geschafft! Den Rest des Tages schaute ich mehr oder weniger inhaltsvolle YouTube Videos und entspannte mich. Ich hatte weiterhin leichtes Fieber und vor allem Schmerzen im Ohrkanal direkt hinter dem rechten Ohr, wenn ich schluckte.
Am nächsten Morgen stand ich motiviert auf und ging freudig mit Franzi zum Frühstück. Leider kam beim Frühstück, das recht weit entfernt von unserem Bungalow an der Straße serviert wurde, der Rückschlag und ich verkroch mich danach wieder im Bett- das Fieber war noch stärker als am Reisetag geworden vermutlich ausgelöst durch mein zu ambitioniertes Verhalten am Morgen. Auch die Entzündung zwischen Ohr und Kehlkopf bestand weiterhin und verursachte Schmerzen. Es dauerte zwei weitere ganze Tage Erholung fast nur im Bett bis der Infekt abklang. Den schmerzhaften Schleim aus meinem Kopf konnte ich zum Ende hin Stück für Stück ausspucken und mit jedem Mal fühlte ich mich besser bis auch das Fieber am vierten Tag ganz weg war und ich erstmals mehr Zeit außerhalb des Bettes verbringen konnte.
Das Personal und die Familie, die die vielen Bungalows betreibt ist wirklich super lieb und hilfsbereit gewesen. Der Sohn, der gut Englisch sprach, weil er mit seinen Freunden aus Russland und den VAE oft trainiert (ich erriet korrekt, dass er sie vom Gaming kennt), fuhr Franzi sogar einmal zur Apotheke herum, um mir Antibiotika zu kaufen und lieferte auch das Essen immer vom Restaurant vorne an der Straße zu unserem Bungalow ganz hinten auf dem Gelände. Eine schöne Fußgängerbrücke verbindet beide Orte eigentlich miteinander unter der die Schotterpiste durchführt, die die Angestellten nutzen, um mit Mopeds oder Pick-Up den Zimmerservice zu machen oder anderen Aktivitäten nachzugehen. Ich aß fast jeden Abend die Tom Yum Suppe aus Thailand, da sie schön scharf war, was sich angenehm im angeschlagenen Hals anfühlte. Als es mir wieder besser ging, bestellten wir einen Hot Pot im Restaurant, wo wir stets die einzigen Gäste waren. In zwei unterschiedliche Brühen konnten wir Fleisch, Fisch und Gemüse in unterschiedlichen Formen dippen wie beim Fondue. Es war nicht mein Lieblingsessen, aber ein nettes Erlebnis länger zusammen mit Franzi beim Abendessen zu sitzen und dem Sonnenuntergang über der grünen Landschaft zuzusehen.
Unseren Ausflug zum nahe liegenden Welterbetempel Koh Ker mussten wir zweimal absagen und verschieben, doch auch das stellte für die netten Gastgeber kein Problem dar. Während die vielen, neuen Bungalows zu Beginn des Aufenthaltes noch mit einer christlichen Reisegruppe aus Siem Reap gefüllt waren, die hier eine Versammlung hatten, so waren wir gen Ende des Aufenthaltes wohl die einzigen Gäste. Der TukTuk Fahrer wartete geduldig früh am Morgen bis wir unser Frühstück gegessen hatten, und dann fuhr er uns in die nahe gelegene Tempelanlage, die erst letztes Jahr Welterbe geworden ist. Diesmal kostete der Eintritt sogar 15 Dollar pro Person, also noch mehr als die sowieso schon hohen Tempelpreise in Kambodscha, aber dafür konnte man wenigstens erstmals mit Karte den Eintritt zahlen.
Der Preis war vor dem Welterbestatus schon zehn Dollar und vermutlich wollten sie mit der Änderung auch noch einen weiteren, finanziellen Vorteil mitnehmen. Unser Tuk Tuk Fahrer, die hier PassApp genannt werden so wie die App in Siem Reap heißt, mit der an Taxen bestellen kann, kannte die Touristenrunde um das künstliche Wasserreservoir der Khmer herum wohl schon gut und fuhr uns zu einer Tempelruine nach der anderen. Es erinnerte sehr an Sambor Prei Kuk eine Woche zuvor, wo wir auch immer unterschiedliche Tempel im Wald besuchten und alle durch einen kleinen Holzzaun abgetrennt waren und ein Erdweg zum Tempel hin führte. Auch hier in Koh Ker gibt es über zwanzig Tempelruinen im Wald zu besuchen und der Fahrer übersprang manche und bei anderen hielt er. Bei einigen Tempeln wurden wir nach dem Aussteigen von aggressiven Bremsen attackiert, die auch während der Fahrt noch im Tuk Tuk an den Wänden hingen, aber wegen des Fahrtwinds immerhin nicht auf uns losgehen konnten. Die Ruine, die mir am wichtigsten war, besuchten wir natürlich auch.
Die große Pyramide war einmal das Zentrum der Khmer Hauptstadt Koh Ker, die im zehnten Jahrhundert nach Christus für einige Jahrzehnte das Zentrum des mächtigen Reiches war. Hier gab es auch die zweite Ticketkontrolle, die Franzi langsam etwas nervte, was dadurch verstärkt wurde, dass sie nicht reingelassen wurde, da ihre Hose zu kurz war. Etwas provokant zeigte sie ihre lange Hose aus dem Rucksack und fragte, wo sie sich umziehen kann. Da die lokale Frau nicht gut Englisch verstand, wiederholte sie nur erneut, dass Franzi mit kurzer Hose nicht rein darf. Sie wimmelte dann aber hastig ab, als Franzi Anstalten machte die Hose in aller Öffentlichkeit zu wechseln. Daher ging Franzi halbwegs diplomatisch hinter einen Baum und zog sich dort um und danach konnten wir die größte Ruine des Komplexes besuchen.
Zunächst wanderte man durch einige Gebäuderuinen, die langsam vom Wald zurückerobert wurden und darin fanden wir einen wunderschön gemusterten, großen Gecko an einer der Wände. Hinter diesen Anlagen und einem Wasserbecken erreichten wir dann eine große Lichtung, in deren Mitte die sehr große Pyramide steht. Sie wurde aus Stein in mehreren Stufen gebaut. Eine moderne Treppe für Besucher wurde an die Originalstruktur angebaut, so dass man die Pyramide auch von oben besuchen und den weiten Blick über die Baumspitzen genießen kann. Wir waren die einzigen Besucher hier und sahen nur zwei weitere von oben, die aber nicht die über 130 Stufen erklommen, sondern nur einmal um die Pyramide herum gingen. Leider kam in dem Moment oben auf der Pyramide der Durchfall wieder und es gab mehrere Möglichkeiten. Franzi konnte mir nur noch bedingt helfen, da die pralle Sonne und die lange Hose sie trotz Sonnenhut eliminierten.
Ich konnte entweder schnell runter gehen und zum bestimmt einen Kilometer entfernten Klo sprinten, das vermutlich auch noch Geld kosten würde. Oder ich könnte unten im Park neben der Pyramide nach einer versteckten Böschung suchen. Es gab allerdings auf der Lichtung nur wenig Verstecke und dazu noch Wächter und ein paar Besucher. Oder hier oben auf dem schmalsten Punkt der Pyramide und dem höchsten Punkt des Welterbes könnte ich zwischen archäologisch relevanten Steinen und einigen Sträuchern dem Druck nachgeben, da mich hier höchsten die Götter sehen können, für den der Tempel gebaut wurde. Sicherlich sollte man den Tempel mit Respekt behandeln, weswegen Franzi auch die lange Hose trug und wir nirgendwo hinspuckten oder gar Müll auf den Boden warfen. Allerdings war es nun mal ein Notfall und Franzi meinte, dass man weder das Papier noch sonstige Reste unter dem Haufen mit Sträuchern sehen könne, wenn man nicht konkret danach suchen würde.
Ich hoffe inständig, dass die Spanische Reisegruppe, die uns auf der Treppe entgegenkam und auch sonst niemand in den nächsten Tagen nähere Forschungen an diesen Steinobjekten aus der Khmer Zeit durchführt und entschuldige mich hiermit dafür, falls durch mein Verhalten ein nachhaltiger Schaden entstanden ist. Diese Lösung war für mich deutlich angenehmer als ein möglicher Unfall auf dem weiten Weg zur Toilette. Und so konnte ich auch noch kurz den Blick über das weite, grüne Kambodscha genießen. Man konnte die Kleinstadt sehen, in der wir schliefen und mit etwas Fantasie war einer der wenigen Hügel im Flachland Kambodschas der Berg, den das BeTreed Projekt schützt. Tatsächlich liegt die Pyramide nur etwa 37 Kilometer Luftlinie von unserer Dschungelunterkunft entfernt auch wenn es wahrlich keinen einfachen, direkten Weg zwischen beiden Orten für Auto oder zu Fuß gibt. Wir schauten bestimmt noch zehn weitere Tempelruinen im Wald an, aber keine war so eindrucksvoll oder groß oder gut restauriert bzw. Erhalten wie die bekannte Pyramide. Daher war ich nach einigen Stunden auf Achse auch froh, dass der TukTuk Fahrer uns wieder in die Unterkunft fuhr, wo wir noch den gesamten Nachmittag für uns hatten ehe es am Morgen nach überstandener Krankheit endlich nach Siem Reap ging. Inzwischen ist auch schon die Halbzeit unseres Kambodscha Visums angebrochen, aber wir haben auch schon drei von vier Welterben gesehen und es gibt nur noch drei Orte, die wir besuchen wollen. Um Siem Reap herum mit Angkor Wat und Co und in Phnom Penh gibt es aber natürlich auch einiges zu sehen.
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