Long Ho
geschrieben von Timo
Ein Hauptgrund für unseren Aufenthalt im Mekong Flussdelta war die so genannten schwimmenden Märkte zu besuchen. Schon in Thailand gab es so genannte schwimmende Märkte, die wir uns so vorstellten, dass hunderte lange Holzboote mit Händlern unter dreieckigen Bambushüten ihre frischen Früchte und Waren handeln mit den Käufern, die ebenfalls auf Booten kommen. Und dazwischen wären wir idealerweise auf dem einzigen Tourboot, dass sich das Spektakel anschaut. In der Realität ist es wohl seit der Pandemie und auch vorher schon eher so, dass die Straßen inzwischen so gut sind, dass die Händler lieber mit Fahrzeugen zu Märkten fahren und die schwimmenden Märkte keine kommerzielle Bedeutung mehr haben. Stattdessen gibt es nur noch vereinzelte Boote, die extra für die Touristen die ehemaligen Schauplätze großer Märkte ansteuern und es sein kann, dass mehr Touristenboote vor Ort auftauchen als Händler. Diese verkaufen dann zu vermutlich teuren Preisen ihre Früchte an die Besucher aus dem Ausland. Das wollten wir uns natürlich nicht antun und verzichteten daher auf einen Besuch in Can Tho, wo es früher einen der größten der Märkte gegeben haben soll, der aber laut Google Rezensionen jetzt nur noch eine Touristenfalle ist.
Dennoch entschieden wir uns für das Mekongdelta als ersten Ort in Vietnam, nachdem wir schon einige andere Strandziele im Süden des Landes wegen der Regenzeit und den 45 Tagen Visum und vielen Reisezielen im Land gestrichen hatten. Wir hatten überlegt direkt nach Ho Chi Minh Stadt (HCMS) zu fahren, das auch heute noch Saigon genannt wird, aber gelesen dass die Homestays auf der Insel Lang Ho sehr nett sein sollen, die man von Vinh Long aus erreicht. In der Tat waren die drei Nächte bei unserer Gastfamilie sehr nett, auch wenn sich die Unterkunftsart nur gering unterschied von den Gästehäusern, die wir sonst besuchen. Wir hatten ein Zimmer mit Gemeinschaftsbad, das wir uns nur mit einem Italienisch- Französischen Pärchen teilen mussten.
Außerdem lebte hier unsere Gastgeberin mit ihrer Mutter, dreizehnjährigen Tochter und Schwester. Der Mann lebt nicht mehr, weil er vor neun Jahren überraschend und schnell an der so genannten Schmetterlingskrankheit gestorben war, die seinen gesamten Körper zerstört hatte. Auch ihre Tochter scheint die Krankheit zu haben, aber es gibt Hoffnung, da sie seit einem Jahr mit Medikamenten behandelt wird. Dennoch ist es eine Herausforderung monatlich einmal nach HCMS zu fahren, um eine 80% Zuzahlung für das teure Medikament von der Krankenkasse zu erhalten. Es klang schon nach einem harten Leben, aber die kleine Frau strahlte sehr viel positive Energie und Kampfeswillen aus und hat mit ihrer Familie um sich herum auch ein gutes Umfeld.
Von den sehr leckeren Abendessen hatten wir ja schon im letzten Blogartikel berichtet. Leider konnte sie am letzten Abend nicht für uns kochen, da das scheinbar bereits geheilte Fieber wieder aufgetreten war. Den ersten ganzen Tag in Vietnam nutzten wir, um mehr Bargeld zu besorgen und eine SIM Karte zu erhalten. Dafür fuhren wir mit den Fahrrädern wieder bis zur Fähre und stellten sie dort ab. Unsere Gastgeberin hat keine Fahrradschlösser stattdessen meinte sie, dass wir einfach auf das Fahrrad aufpassen sollen. Da wir das unpraktisch fanden, erklärte sie uns das für gewöhnlich man Leute an Parkplätzen fürs Aufpassen bezahlt. Und in der Tat gaben wir unsere Fahrräder bei einem Unterstand an der Fähre ab, bei dem auch viele Mopeds und andere Fahrräder abgestellt waren. Wir zahlten ein paar Cent und erhielten einen Zettel mit einer Nummer.
Die Nummer wurde auch mit Kreide auf den Satteln markiert. Und schon konnte es weiter auf die Fähre gehen. Als erstes besuchten wir den Viettel Laden. Dieser Telekommunikationsanbieter wurde uns von dem anderen Pärchen in unserer Unterkunft empfohlen. Als wir im gepflegten Laden nach einer SIM Karte fragten, gab uns die fast überfreundlich lächelnde Mitarbeiterin eine Liste, die aus mehreren Seiten und unzähligen Telefonnummern bestand. Daneben standen Preise und eine weitere Spalte übersetzte Google mit "Feng Shi". Da standen wie Namen wirkende Kürzel wie "Kim" und "Hoa". Vermutlich handelt es sich hierbei um die Auswahl der Lieblingsnummer nach Glückszahlen und persönlicher Präferenz.
Uns war die Telefonnummer aber egal und wir fragten nach einem günstigeren Tarif, da die Preise viel teurer waren als das, was uns die anderen Reisenden gesagt hatten. Mehrfach reichten wir uns Telefone mit Google Übersetzungen hin und her, wobei die junge Dame immer extrem lächelnd und mit beiden Händen das Telefon überreichte, wenn sie etwas mitteilen wollte oder das Telefon von uns erhielt. Irgendwie verstanden wir uns ständig falsch und als wir schon meinten, dass wir zur Konkurrenz gehen würden, wenn es nichts günstigeres gibt und nochmal nachfragten, was der günstigste Tarif ist, gab es auf einmal doch den günstigen Tarif, den wir erwartet hatten, bei dem man über ein Gigabyte pro Tag an Internet bekommt und sogar etwas telefonieren darf. Das Registrierungsverfahren lief dann auch äußerst kurios ab. Neben dem Pass und einem Foto von Franzi wurde Franzi als Kundin kurz ein Smartphone mit einem Videoanruf vor die Nase gehalten, in dem eine Mitarbeiterin eines Callcenters irgendetwas auf Vietnamesisch oder in sehr schlechtem Englisch sagte. Ein paar Sekunden später war es wieder vorbei und die Mitarbeiterinnen vor Ort lächelten und zeigten den Daumen hoch. Wir bedankten uns und hatten für fünf Euro die funktionierende SIM Karte, die wir gesucht hatten.
Kaffee soll nochmal eine ganz neue Erfahrung in Vietnam sein gegenüber anderen Ländern in Südostasien. Das stellten wir einmal beim Frühstück fest, bei dem wir in heißes Wasser in kleine Metallfilter mit Kaffeepulver über den Tassen schütteten und daraus der heiße Kaffee entstand, den man hier mit der süßen Kondensmilch trinkt, die sehr an Vanillesauce erinnert. Eine ähnliche Zubereitung hatten wir auch schon bei Gästen in BeTreed beobachtet und Sharyn hatte es uns als typisch Vietnamesisch vorgestellt. In einem Café im urbanen Vinh Long wollte ich nun einen Eiskaffee, da ich schon etwas an Energiemangel litt. Es gab einen Eiskaffee mit frischer Milch aber auch Mandeln und ich akzeptierte die ungewollte Nussbeilage. Tatsächlich schmeckte das süße Getränk kalt und überraschend lecker. Nur die zahlreichen, braunen Geleekästen in meinem Getränk fand ich nicht besonders lecker, als sie nach und nach durch den Strohhalm gesogen wurden und in meinem Mund landeten im Laufe des Nachmittags. Wie gewohnt hatte ich das leere Getränk wegen der Eiswürfel mit Wasser nachgefüllt, damit unser Wasser schön kalt ist beim Trinken. Mein Becher, der schon so viel Plastikmüll verhindert hat und seit knapp fünf Monaten aktiv ist, fängt leider langsam an zu müffeln. Vielleicht muss ich ihn mal erneuern, aber wahrscheinlich behalte ich ihn noch bis zum Ende der Reise. Auch meine Lieblingshose aus Baumwolle fing überall an zu Reißen und musste nun nach guten Diensten kurz vor Ende der Reise entsorgt werden. Zu unserer Freude fanden wir einen Geldautomaten, bei dem man kostenlos Geld abheben konnte. Es kamen zwar immer nur etwas mehr als hundert Euro in Dong heraus, aber nach ein paar Durchgängen hatten wir genügend Geld im Rucksack für die erste Zeit in Vietnam.
Auf dem Weg zurück zur Fähre wollten wir noch Zahnpasta und etwas Milch für Kaffee kaufen, da Franzi die süße Kondensmilch in ihrem Kaffee nicht so mag. Das war wesentlich erlebnisreicher als gedacht. Zunächst suchten wir in einem Laden an der Straße im hinteren Bereich nach Zahnpasta, in dem auch viele unausgepackte Kartons standen und es etwas dunkel war. Während ich der Mitarbeiterin folgte, knirschte es auf einmal unter meinem Flip Flop. Ich hatte aus Versehen eine Kakerlake zerquetscht. Wenn sie in unserem Zimmer sind, hatte ich schon mehrfach Schwierigkeiten damit, aber diesmal passierte es einfach so. Doch als ich die Zahnpastapackung studierte lief schon die nächste neben meinen Füßen und eine weitere flog in meinem Augenwinkel von der Seite wie in Maikäfer zu der anderen vor meinen Füßen am Boden. Nun hatte ich auch genug und flüchtete genauso wie Franzi zuvor schon. So viele Kakerlaken auf einmal waren zu viel, auch wenn wir schon unsere Hemmschwelle etwas hochgeschraubt hatten. Wir steuerten eine Straße an, in der es viele Apotheken geben sollte, die für gewöhnlich auch Zahnpasta führen. Wir wurden fündig und sahen auch andere Produkte in den Apotheken, die an Chinesische Medizin erinnerten.
Getränke mit eingelegten Schlangen in einem riesigen Glas gab es zu kaufen und auch ein Glas mit einem Kopf eines bärtigen alten Mannes, das aussah als würde darin eine Kombucha Kultur leben. Es gab also schon einiges in den Läden zu entdecken, doch das war nicht alles. In der Straße lief auch ein Straßenmarkt, der seinem Namen alle Ehre machte. Die meisten Stände waren nämlich gar keine Stände sondern waren, die auf einer Decke auf dem Boden ausgelegt waren oder auch einfach nur direkt auf dem Boden. Hier gab es einiges zu entdecken und auch einiges, was uns schockierte. Lebende Fische, die leidend sterben, weil sie außerhalb des Wassers auf dem Boden lagern, während sie noch zappeln und hoffen überleben zu können, hatten wir auch schon in Thailand gesehen und gibt es vermutlich überall in Südostasien, da diese Tierquälerei hier als normal angesehen wird.
Diesmal hörten wir auch wie einer der noch lebenden Fische brutal erlöst wurde, in dem sein Kopf eingeschlagen wurde, als ein Kunde ihn mitnehmen wollte. Wir mussten in Bewegung bleiben, denn hier kauft niemand zu Fuß ein oder parkt. Alle fahren motorisierte Zweiräder und fahren direkt vor die Produkte, wo gehandelt wird und danach das Produkt am Lenker oder zwischen den Beinen oder in einer Umhängetasche eingelagert wird für den Weg nach Hause. Schlimm fanden wir auch die noch lebenden, aber schockgefrosteten Krebse, die angepackt wurden, als wären sie schon tot. Der schlimmste Stand, den wir hier sahen, war aber wohl einer der die mittelgroßen Kröten verkauft, die abends auch auf der Terrasse unserer Unterkunft langhüpfen. Damit sie nicht wegspringen, waren sie zu großen Haufen zusammengebunden mit Bändern. Ich habe es nicht gesehen, aber Franzi hat daneben viele Kröten gesehen, die gehäutet waren, aber noch lebten, so dass man nur noch ihr Fleisch sehen konnte. Ich wollte es mir aber auch nicht genauer anschauen und ging lieber weiter in Richtung der Fähre. Dieser Markt war vermutlich ein ganz normaler Markt für Einheimische hier in Vietnam, aber für uns war es ein kleiner Kulturschock wegen der vielen Eindrücke von Motorradmassen, Tierquälerei und auch einfach der schieren Masse an Angeboten und Produkten und dem ganzen Gewusel und der scheinbaren Unordnung, die aber für die Leute hier funktioniert.
Das wurde auf der Fähre natürlich nicht besser, wo jeder Motorradfahrer drängelte was das Zeug hält, um als erstes auf die Fähre zu kommen, da man sie dann auch als erster wieder verlassen können würde. Diesmal standen so viele Fahrer an der Straße an, dass nicht alle auf die große Fähre passten. Wir konnten uns als Fußgänger wie erwartet durchschlängeln und ich achtete darauf, dass mein Bein keinen Auspuff berührte. Ein produktiver und sehr erlebnisreicher und eindrucksvoller erster Nachmittag in Vietnam ging damit vorbei. Abends unterhielten wir uns entspannt in der Hängematte liegend mit dem Italienischen Gast in unserer Unterkunft, was auch den Geist nach all den Eindrücken etwas entspannte.
Der zweite Tag lief etwas entspannter und geordneter ab als der erste Tag. Wir machten eine Tour mit dem Bruder unserer Gastgeberin. Er hat ebenfalls ein Homestay direkt um die Ecke, aber derzeit keine Gäste. Daher waren wir auch die einzigen auf seinem Holzboot mit dem er uns zu ein paar Orten herumfahren wollte. Das erste Boot startete nicht, aber das zweite sprang an. Die Batterie vom ersten stand auch ganz schön tief im braunen Mekong Wasser. Die Boote waren überdacht und hatten wie alle Boote hier ein Gesicht auf den Bug gemalt. Es ging mit der Strömung an der Fähre vorbei auf die andere Flussseite nach Vinh Long, wo wir eine Töpferfabrik besuchten. Die einfache Halle sah aus wie eine Fabrik, die mal in den Schlagzeilen sein könnte, wenn das Feuer aus den Öfen auf die hölzerne Dachstruktur überspringt und einen großen Unfall verursacht.
Hoffen wir, dass es nie so weit kommen wird. Hier werden große Tonvasen erschaffen, aber auch kleinere Tontöpfe, die man auch in Deutschen Baumärkten kaufen könnte. Das meiste geschieht hier in Handarbeit. Es wird Matsch vom Land und Sand aus dem Mekong verwendet, um den Ton zu erschaffen. Dann wird das Material getrocknet und in Formen gepresst ehe es fünf Tage in den riesigen Feuerofen kommt. Dieser wird mit den Schalen von Reiskörner angetrieben, die aus einem großen Schlauch auf einen großen Haufen geblasen wurden, damit sie später verbrannt werden können. Unser Guide war leider mehr Fahrer als Guide und sprach lieber persönlich mit den Arbeitern, statt zu übersetzen, was sie sagen. Ein wenig erklärte er aber dann doch. Sie verdienen einen Dollar in der Stunde und arbeiten acht Stunden am Tag und jeden Tag in der Woche. Wenn nicht gearbeitet wird, gibt es auch kein Geld.
Der Arbeitsprozess wird vom Chef, der kein Chef sondern eher Auftraggeber für die "Selbstständigen" hier ist, auf einer Videokamera überwacht. Für Arbeitsunfälle haften die Angestellten selber. Alle klagten über Rückenschmerzen und ähnliche Probleme und arbeiten hier teilweise schon seit Jahrzehnten. Vielleicht ist es gemein zu behaupten, dass im kommunistischen Vietnam die Arbeitsbedingungen für die Arbeiterklasse wesentlich schlechter sind, als in der sozialen Marktwirtschaft im kapitalistischen Deutschland, da Vietnam auch exzessiv teilnimmt an der globalisierten Welt und Produkte zu günstigen Preisen nach Europa und Asien verkauft. Den Menschen im Land würde es sicherlich besser gehen, wenn es keinen Vietnamkrieg gegeben hätte.
Aber ich finde schon, dass man sagen kann, dass dieser kommunistische Staat sehr weit entfernt ist davon, dass die Arbeiter die Macht haben wie es einst Karl Marx forderte und so eher wie eine Diktatur von der so genannten kommunistischen Partei daherkommt. Da es vielleicht noch nie einen Staat gab, in dem der Kommunismus erfolgreich so gelebt werden konnte wie er in der Theorie vorgeschlagen wurde, ist es wohl auch besser so wie es jetzt ist als wenn der Staat kommunistische Experimente vornimmt, wie es in Kambodscha unter den Roten Khmern geschehen ist. Dennoch kann hier keine Rede davon sein, dass diese Fabrik nach einem kommunistischen Vorbild operiert, sondern sie stellt eine komplette Ausbeutung der Arbeitskräfte dar, so wie Karl Marx sie genau beenden wollte.
Wir genossen die kurzen Überfahrten mit dem Holzboot über den Co Chien, der im Prinzip ein Teil des Mekongs ist, der im Delta in mehreren Armen ins Südchinesische Meer fließt. Überall sind hier Boote unterwegs und Fischfarmen im Wasser verankert, die die Märkte wohl mit den Süßwasserfischen versorgen. Das Meer ist aber nicht weit wie man am täglichen Tidenhub von zwei Metern erkennen kann. Unter unserer Terrasse ist ein kleiner Seitenarm des braunen Flusswassers und das Holzboot was hier liegt ist mal ein paar Meter vom Wasser entfernt, und manchmal schwimmt es im Wasser. Unser zweiter Stopp führte uns zu einer Farm, wo wir frischen Honig aus einer Bienenkolonie probieren konnten. Wir durften sogar den Honig so frisch probieren, dass wir ihn mit dem Finger aus der Wabe nahmen.
Wir wurden nicht von den tausenden Bienen attackiert, da die Mitarbeiterin die Bienen mit Räucherstäbchen fernhielt. Im Geschäft hab es Jasmintee aus sehr Chinesisch aussehenden weiß-blauen Porzellankannen, den wir mit dem Honig mischten. Nun war es ein kleiner Einkaufsbesuch, aber tatsächlich nahmen wir einen Fächer mit, der den kaputten Fächer aus Melaka ersetzen kann, der schon vor Monaten in Laos kaputt gegangen war und den Franzi seitdem fast wöchentlich geklebt hatte. Im Folgenden schipperten wir noch zu einer weiteren Farm, auf der wir mit einem langen Metallstab zwei lokale Früchte ernteten, die beide an Litschis erinnerten. Die eine Frucht nennt sich Rambutan und kommt in einer roten, zotteligen Hülle daher. Die andere Frucht heißt Longan und schmeckt noch etwas süßer. Longan heißt wohl Auge des Drachen wegen der Kerne in der Mitte des weißlichen Fruchtfleisches. Allerdings hatte unser Guide Schwierigkeiten uns das mit seinem Englischwissen zu erklären.
Er sagte nie "Dragon", sondern "Dagen", oder so ähnlich. Als wir ihn fragten ob er sagen könne ob es ein großes oder ein kleines Tier ist und ob es fiktional oder nicht fiktional sei, gab er an dass es groß sei und die Leute sagen, dass es den Drachen gibt. Während in Thailand und Kambodscha an die mehrköpfige Nagaschlange geglaubt wird, so ist hier in Vietnam scheinbar der Drache, der auch in China so beliebt ist, ein Tier der Verehrung. Oder ist es nur ein Fabelwesen? Die letzte Station war eine Art Showfabrik, in der Puffreis hergestellt wurde. Uns wurde gezeigt, wie man den Puffreis herstellt, aber auch wie Reispapier und Kokosnussmilch hergestellt wird. Unser Bootsfahrer konnte nicht so gut erklären, aber der Puffreis erklärte sich von alleine.
Heißer Flusssand, der vom vielen Rösten schon schwarz ist, wird in einer riesigen Metallpfanne über dem Feuer erhitzt, das mit den Reishüllen gefüttert wird. Wenn der Sand heiß ist, werden die Reiskörner in Schale in den Wok geworfen und poppen schnell auf und springen wild umher. Dann kann man den Sand und die Hülsen und den Puffreis aufsammeln und durch sieben so filtern, dass der weiße Puffreis übrig bleibt, der dann mit Karamellsaucen weiterverarbeitet wird. Wir lernten auch, dass Kokosmilch nur aus dem Fleisch und nicht aus dem Wasser besteht und Reispapier für Frühlingsrollen aus einer Reismehl, Salz und Wassermasse besteht, die wie ein Crêpe auf dem Feuer erhitzt wird und beim Trocknen hart wird.
Statt unsere Gastgeberin mit dem Kochen zu belasten, gingen wir im strömenden Regen, der den gesamten zweiten Nachmittag anhielt, zu einem Ort die enge Straße entlang, an dem sich ein Restaurant befinden sollte. Tatsächlich war dort eines der typischen, offenen Eckrestaurants, in denen es typischerweise Suppe gibt. Wir signalisierten der Frau hier "Wir wollen essen" mit den Händen und bekamen nur Instantnudeln gezeigt. Sie hatte auch große Kochtöpfe mit Flüssigkeiten, aber es war unklar ob die schon leer waren.
Als wir bereits dachten, dass es nur Instantnudeln zu kaufen gibt, fragte ich nochmal nach "Pho Bo", also der berühmten Rindersuppe in Vietnam und tatsächlich bejahte sie und zauberte uns in wenigen Minuten die warme, reichhaltige Suppe. Es war eine leckere und sehr günstige Mahlzeit, aber als wir die 70.000 Dong (etwas mehr als 2€) mit einem 100.000 Schein bezahlen wollten, signalisierte sie, dass sie nicht 30.000 Dong Wechselgeld hat und packte stattdessen unser Portemonnaie aus Franzis Hand und suchte sich dort das passende zusammen, so dass wir gar kein Kleingeld mehr hatten, was immer mal nützlich ist. Diese invasive Art hatten wir nun schon ein paar mal erlebt. Unsere Gastgeberin bestärkte uns später, dass wir uns das nicht gefallen lassen sollten und das eine Unart sei sich so zu verhalten wie die Frau.
Wir dachten eigentlich bereits, dass das andere Pärchen ausgecheckt war, als wir sie am nächsten Morgen wieder antrafen. Kurzerhand konnten wir doch noch eine Runde Wizard spielen und beide waren sehr angetan von dem Kartenspiel und lernten es deutlich schneller als die Mönche, denen wir es zuletzt beigebracht hatten. Vorher waren wir schon zu Fuß zum lokalen Markt gegangen. Dort gab es ähnliche Produkte wie in Vinh Long u.a. auch wieder die gefolterten Fische und Kröten. Viel schöner anzusehen sind die zahlreichen Gemüsestände mit den Verkäuferinnen mittleren Alters, von denen viele die typischen, dreieckigen Bambushüte trugen. Wir konnten nicht mit dem kostenlosen Fahrrad zum fünfzehn Minuten zu Fuß entfernten Markt, da die Fahrräder ja kein Schloss haben und beim Markt niemand ist, der für 1000 Dong auf sie aufpasst.
Der Vorteil der kostenlosen Fahrräder ist durch die fehlenden Schlösser stark eingeschränkt. Auf dem Rückweg passierten wir die Schule, in der die kleinen Kinder alle in Schuluniform auf dem Schulhof aufgestellt standen und viele uns freudestrahlend zuwinkten. Das Phänomen der Kinder, die so begeistert sind weiße Menschen zu sehen, ist bisher in jedem Land unserer Asienreise aufgetreten, aber insbesondere an ländlicheren Orten bzw. Orten die weniger touristisch waren. Auffälligkeiten von speziell Vietnam sind nach ein paar Tagen, dass nur Männer rauchen, wie wir auch schon in den letzten Ländern festgestellt haben, und einige Männer hier auch gerne Schleim hochwürgen und auf die Straße rotzen. Auffällig ist auch wie in Läden, wenn Geld oder Ware übergeben wurden, die Hand des nicht ausgestreckten Armes in die Armbeuge des ausgestreckten Armes gelegt wird, so dass es fast ein wenig theatralisch wirkt.
Außerdem stehen ab und an Plakate am Straßenrand, die wie die schlechteste Propaganda der Welt wirken und comichaft überglückliche Bürger präsentieren, die von etwas vom kommunistischen Staat wie neuer Infrastruktur profitieren. Genauso wie in Laos sieht man auch hier gelegentlich die Sowjetflagge neben der gleichfarbigen Vietnamesischen Flagge. Die Busse mit ihren zwei Gängen und zweistöckigen Liegeplätzen sowie dem Schuhverbot sind auch eine große Umstellung bzw. neu für uns. Ansonsten wirkt alles recht funktional, teilweise modern und tendenziell günstig. Die Menschen sind ähnlich wie in Kambodscha hilfsbereit und interessiert und sprechen vereinzelt Englisch. Einige haben uns auch schon auf Vietnamesisch zugetextet, als könnten wir die Sprache fließend.
Zum Abschluss unterhielt ich mich noch ein wenig mit Wan, unserer Gastgeberin, die man bestimmt anders schreibt. Sie erzählt mir, dass sie Filter unter dem Haus hat für das Dreckwasser, damit der Fluss nicht so verschmutzt. Ihre Nachbarn haben das nicht. Nur der Abwasch geht weiter direkt in den Arm des Flusses, der unter dem Haus liegt. Früher trank man noch das gereinigte Mekong Wasser, aber heute trinkt sie auch nur noch Flaschenwasser. Auch das Leitungswasser, für das sie an ein lokales Unternehmen zahlt, trinkt nur ihre Mutter abgekocht. Ihre Tochter fährt schon Motorrad für kurze Strecken, aber nie bis zur Schule oder zur Fähre, da sie dann von der Polizei erwischt werden könnte und sie dann schmieren müsste. Schmieren kostet halb so viel wie wenn man das einkassierte Motorrad wieder freikaufen würde und daher scheint es üblich zu sein die Korruption des Polizeisystems am Leben zu halten. Sie fragte uns, ob uns der Aufenthalt sehr gut gefallen habe und ich hoffe wir konnten ihr vermittelt, dass es sehr angenehm bei ihr war. Ich war auch lange nicht mehr so produktiv was den Blog angeht wie auf ihrer Terrasse am Wasser, die vor Monsunregen und starker Hitze schützte. Dann kamen zwei Mototaxis vorbei und brachten uns wieder zur Fähre, von wo ein Van uns zum Busterminal brachte, an dem schon unser Bus wartete bei dem wir diesmal glücklicherweise zwei Fensterplätze hatten.
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