Bai Xep
geschrieben von Timo
Neulich hatten wir schon einmal kurz das Meer gesehen, als wir von Kambodscha nach Vietnam gereist sind. Gefühlt hatten wir das Meer aber seit fünf Monaten nicht mehr, da wir ausschließlich im Inland unterwegs waren. Aber im kleinen Fischerdorf Bai Xep, das inzwischen sowohl Heimat der Fischer als auch Heimat einiger Hotels und Bungalows ist, aber seinen Charme als Fischerdorf noch nicht verloren hat, konnten wir das Meer auch erstmals wieder spüren.
Nachdem wir unser Zimmer betreten hatten, und sich der erste Blick durch die großen Glasfenster auf den Balkon und das dahinter liegende Meer und die Palmen ergab, fühlten wir uns sofort an unseren Aufenthalt auf Isla Floreana erinnert. Ein leerer Sandstrand, das Geräusch von Wellen, die auf den Sand schlagen und dieses Gefühl von Urlaub. Es war gerade einmal halb zehn Uhr morgens und die Mitarbeiter im Haven Hotel hatten uns einen frühen Check-In ermöglicht, nachdem unser Nachtzug pünktlich um kurz nach acht Uhr im kleinen Bahnhof Dieu Tri angehalten hatte. Wir hatten die Nacht in der ersten Klasse zusammen mit einer Vietnamesischen Familie verbracht, die fast die ganze Fahrt geschlafen hatte und sich sehr ruhig verhielt.
Ihr deftiges Abendessen passte aber nicht so gut in die kleine Kabine. Die beiden Eltern ließen ihr Kind im Bett der Mutter schlafen vermutlich auch um Geld zu sparen. Wir kamen gut miteinander aus, nur war Franzi in den oberen Betten, die wir leider als letzte Option buchen konnten, etwas kalt während die Mutter versuchte mit dem Schaffner die Klimaanlage stärker einzustellen. Ich konnte hervorragend schlafen und war den ganzen Tag danach fit, während Franzi von mittags bis abends einen Mittagsschlaf der längeren Sorte einlegte. Es erinnerte ein wenig an ihre Jetlag Überwindung in Singapur. Als die Sonne erstmals am Strand unterging, wurde Franzi langsam wach und wir konnten noch gemeinsam Abendessen gehen auf der Terrasse unseres Hotels mit Meerblick.
Im Laufe des ersten Tages konnte ich beobachten wie sich der Strand langsam in ein Restaurant verwandelte. Zunächst kamen ein paar junge, einheimische Männer und stellten Plastikstühle und Plastiktische auf den Strand. Dann holten sie auch noch große Plastikschüsseln, die mit Wasser gefüllt waren. Bei genauerer Betrachtung waren sie nicht nur mit Wasser gefüllt, sondern auch mit unterschiedlichen Meeresbewohnern. Langusten, Muscheln, Schnecken, Fische und Krabben lebten in jeweils einer der Plastikschüsseln. Sie waren etwas mit (hoffentlich) Salzwasser gefüllt. Die Jungs verlegten auch Schläuche aus dem Meer in die Schüsseln, die für eine Wasserzirkulation zu sorgen schienen.
Abends waren auch noch Scheinwerfer aufgestellt und ältere Damen saßen hinter einem Tresen und hatten das passende Gemüse zu den Meeresfrüchten parat. Viele der Hotelbesucher kamen an den Strand, zeigten auf die lebenden Tiere und eine halbe Stunde später hatten sie ein sehr frisches Meeresfrüchteabendessen auf ihrem Plastiktisch. Wir brachten es die vier Tage nicht über uns dort zu essen, auch wenn die Meeresfrüchte im Hotelrestaurant vermutlich weniger frisch waren und möglicherweise genauso leiden mussten vor ihrem Tod. Immer noch ärgern tut mich wie eine Asiatische Touristin die Languste an ihren Fühlern hochhob und mit ihr für ein Foto posierte. Ich hatte die ganzen Geschehnisse vom Balkon aus beobachtet. Am ersten Abend wurde das über Stunden aufgebaute Restaurant in Minuten wieder abgebaut als der Regen kam.
Tatsächlich regnete es aber viel weniger als in Saigon und oft war vormittags strahlend blauer Himmel und man konnte nicht lange am Strand bleiben, da es zu heiß war und die Sonne so stark schien. Ich nutzte die freie Zeit alleine, um auf dem wunderschönen Balkon mit dem Blick auf Palmen, Blumen, Fischerboote, Inseln und Meer am Blog zu arbeiten. Dazu holte ich mir stilecht einen Coconut Coffee an der Hotelbar, der nachhaltig mit einem Papierstrohhalm serviert wurde. Schon am ersten Tag fiel mir das ungewöhnliche Transportmittel einiger Fischerjungs in Fußballtrikots auf, die sich vom Strand auf zu ihrem Boot machten. Sie fuhren in einer großen, runden Hartplastikschale und standen in dem wackligen Gefährt. Dabei führten sie mit einem großen Holzpaddel, das senkrecht stand, Bewegungen nach vorne und hinten aus, was sehr verkrampft aussah. Tatsächlich kamen sie damit aber stets über die brechenden Wellen und bis zu ihrem Boot, ohne ins Meer zu fallen. Natürlich wurden sie schon etwas nass, aber das machte nichts bei diesen Temperaturen.
Franzi schlief immer noch und so beschloss ich das Dorf mal zu erkunden. Dabei streifte ich zunächst durch die kleinen Gassen, wo die lokalen Bewohner immer wieder bunte Plastikschalen mit Meerestieren aufbewahrten. Ich knipste einige Fotos vom maritimen Flair, denn die Fischereiaccessoires wie Netze und Boote machten die fotogene Natur noch interessanter. Spannend war auch ein Brunnen in der Dorfmitte, in dem alle Wasserzähler des Ortes angebracht worden zu sein scheinen. Das Dorf besteht heute zur Hälfte aus Fischern und zur anderen Hälfte aus Touristen und Hotelangestellten. Es hat aber seinen Charme noch nicht verloren. Ich lief auf die andere Seite der Bucht, die nicht weit weg war und konnte ein schönes Foto von den Fischerbooten im Vordergrund und der Stadt Quy Nhon im Hintergrund machen, die man u.a. an einigen Hochhäusern erkennen konnte. Dabei wurde ich etwas unangenehm von einem Hund angegangen und dann von einem der Fischer auf ein Bier eingeladen.
Da ich aber keine Lust auf Bier hatte zur Mittagszeit und ja sowieso versuche keinen Alkohol zu trinken, lehnte ich dankend ab. Stattdessen lief ich die Straße bergauf von der wir gekommen waren. Für einige Zeit lief ich an der Schnellstraße entlang und wollte eigentlich wieder runter zum Strand, um dort meinen Rundweg zu beenden. Tatsächlich gehörte das gesamte Gelände am Hang aber zu Resorts, die man nicht durchqueren durfte, um zurück zum Strand zu gelangen. Bei einem versuchte ich es, wurde aber von einem freundlichen Wachmann aufgehalten. So ging ich an der ungemütlichen Schnellstraße zurück, an der viele LKW´s an mir vorbeischossen mit bestimmt 100 km/h und dann zurück ins Hotel, wo ich alleine Käsetortellini aß während Franzi weiter schlief. Dann beobachtete ich weiter vom Balkon beim Schreiben wie die Jungs des Dorfes ihr Strandrestaurant mit der Plastikgarnitur und den Scheinwerfern aufbauten und dann wieder abbauten als es etwas tröpfelte. Und dann wurde auch Franzi irgendwann wach.
Den ersten ganzen Tag verbrachten wir im Hotel und am Strand. Ich konnte mich leider nicht so entspannen wie erhofft, da ich das Bedürfnis die nächsten Vietnam Ziele zu besprechen. Das wiederum war am Strand sehr anstrengend, da Franzi nicht sehr hitzeresistent ist und bereits nach wenigen Minuten auf dem Standhandtuch etwas benebelt wirkte und erst als sie ins Meer ging wieder erquickt war. So kamen wir natürlich nicht besonders weit mit der Planung der Ziele am nächsten Ort Hoi An und ich war unzufrieden. Allerdings weiß ich nicht, ob ich jemals wieder einen Strandurlaub machen werde, an dem keine Sorgen in meinem Kopf sind, daher sollte ich wohl üben einen besseren Umgang mit ihnen zu finden. Franzi fand beim Schnorcheln nichts Besonderes, da die Sicht sehr schlecht war. Daher versuchte ich es erst gar nicht mit Schnorcheln. Die Küche des Hotels bot einige leckere Gerichte und so aßen wir sowohl Mittag- als auch Abendessen neben dem Frühstück, das inklusive war. Ab und an mussten wir von rauchenden Gästen an einen entfernteren Tisch fliehen.
Am nächsten Morgen wollte ich den Sonnenaufgang vom Balkon fotografieren, der um kurz vor sechs Uhr stattfand. Ich verstehe nicht warum man den Tagesablauf bei zwölf Stunden Sonne auf sechs bis sechs Uhr setzt und nicht von acht bis acht Uhr oder zumindest sieben bis sieben. Vielleicht ist das aber auch nur ein psychologisches Thema. Es war jedenfalls bewölkt und nicht sonderlich schön anzusehen. Außerdem ging die Sonne etwas neben dem Hotel auf, so dass man sie sowieso nicht hätte sehen können. Ich machte einen schönen Spaziergang während der angenehmen Temperatur am Morgen am Strand und fotografierte etwas. Dabei entdeckte ich eine angespülte Porzellanvase, die vom Aussehen aus der Ming Dynastie in China stammen könnte, oder einfach eine billige Kopie war. Da ich es nicht unterscheiden kann, ließ ich den vermeintlichen Kunstschatz mit blauem Drachen auf weißem Hintergrund liegen.
Da wir eine kleine Wanderung machen wollten, speiste ich das reichhaltigste Frühstück, das es im Frühstücksmenü gab: Eine Pho mit Rindfleisch, also die typische, Vietnamesische Suppe mit Brühe, Kohl und Fleisch. Franzi speiste das ebenfalls typisch Vietnamesische Banh Mi, also ein kleines Baguette mit Belag. Da wir den Kaffee als Instantversion vom Zimmer mitbrachten und wir unsere Milch netterweise im Kühlschrank des Restaurants lagern durften, konnten wir mit unserer Getränkewahl noch einen frischen Zitronensaft zum Frühstück gratis dazu bekommen. Ich war erneut sehr nervös, da ich früh vor der Hitze und dem möglichen Regen am Nachmittag los zur Wanderung wollte, die eigentlich eher ein Spaziergang war. Dieser sollte uns zu einem versteckten Wasserfall führen. Tatsächlich hatten wir bei Google Maps bereits herausgefunden, dass der Wasserfall überhaupt nicht mehr versteckt ist, sondern inzwischen eine Touristenattraktion und Eventlocation für Vietnamesische Touristen ist. Es sollte sogar etwas Eintritt kosten. Ich wollte dennoch hin, da ich etwas laufen wollte und es auch keine anderen Ziele gab.
Wegen meiner Angespanntheit und dem ungemütlichen Verkehr und fehlenden Fußwegen an der Hauptstraße, an der die Laster wenige Meter an uns vorbei bretterten, eskalierte die Situation zwischen mir und einer noch sehr matschigen Franzi am Morgen wieder einmal und wir mussten erstmal zwei Stunden streiten ehe wir das Gelände des Wasserfalls am Berghang erreichten. Dort erwartete uns ein Freizeitpark am Hang, der an einen Lost Place erinnerte. Wir betraten ihn und ein antriebsloser Typ kam auf uns zu und verwies auf den kleinen Eintrittspreis. Wir entschieden uns dagegen zu bezahlen und liefen den Hang neben dem Park noch etwas hoch und schauten das Gelände etwas an. Vielleicht gab es mal einen Wasserfall, aber inzwischen lagen Schläuche im ehemaligen Flussbett und sie schienen das Wasser der Quelle auf dem Berg für einige Wasserbecken in dem Park zu nutzen. Eine Familie mit Kind war im Park zugange, sonst wirkte es einfach recht trostlos. Am Weg lag immer wieder teilweise verbrannter Müll und sogar ein leeres Ölfass. Das schönste war der Blick von oben auf das Fischerdorf Bai Xep, in dem wir wohnten, und die vorgelagerten Inseln im Meer. Auf dem Rückweg kamen uns einige Kühe auf der Schnellstraße entgegen, die ebenfalls nicht begeistert vom regen Autoverkehr schienen.
Beim Mittagessen entschlossen wir uns mit einem Pärchen bestehend aus einem Engländer und einer Australierin im Alter unserer Eltern einen kleinen Ausflug mit einem Fischerboot am Nachmittag zu machen. Wir wurden von einem Fischer mit einem der runden Boote zu seinem Fischerboot gebracht. Der Engländer behauptete, dass die Boote rund sind, da die Franzosen die Steuern auf Boote anhand der eckigen Form eingezogen hatten, als sie in Indochina das Sagen hatten, und man mit den runden Booten steuerfrei fischen konnte. Wir fuhren auf dem sehr lauten Schiff bis zu einer der beiden Inseln vor der Küste, von der aus man das Hotel an Land nicht mehr sehen konnte. So genau wussten wir nicht wie das Programm aussieht, was das Hotel anbietet, aber es wurde auch intuitiv klar. Der Fischer fuhr uns vom Fischerboot mit dem runden Boot paarweise an den Strand und dann zurück auf sein Boot und chillte da. Also hatten wir den Nachmittag am einsamen Strand der Insel. Erst versuchten wir es mit Schnorcheln. Ich hatte wohl wieder zu viel Bart und daher klappte es nicht gut.
Vielleicht ist meine viel benutzte Schnorchelmaske aus Lima inzwischen aber auch etwas durchlässig durch den nicht sehr materialfreundlichen Transport im Backpack. Bei Franzi funktionierte sie allerdings noch und sie entdeckte so einiges an den großen Steinen am Strand. Der Engländer war viel auf Smalltalk aus, aber ich hatte wenig Interesse daran während Franzi ihn sympathisch fand.
Tatsächlich hatte er uns schon angequatscht als wir mit Backpacks vom Zug gekommen waren und er gerade in einer Apotheke am Straßenrand etwas kaufte. Erst mussten wir schauen, dass einige Affen auf der Insel nicht an unser Gepäck gingen, aber als klar war dass sie nicht näher kommen würden, kletterte ich noch etwas barfuß auf den Steinen herum. Die Steine waren groß und voller Müll. Teilweise lagen auch Glasscherben und scharfer Hartplastikmüll herum. Ich kletterte bis zur nächsten Bucht und taufte sie "Rubbish Bay". Sie sah ähnlich aus wie unser Badestrand, nur dass der Sand unter Unmengen an Müll nicht mehr zu sehen war. Wirklich schade wie das Paradies hier versaut wurde. Als Franzi fertig war mit Schnorcheln, kletterten wir nochmal zusammen zur Müllbucht und wieder zurück und dann quatschten wir doch noch ein wenig im Wasser mit dem Ehepaar.
Sie gaben uns einige Tipps für unseren nächsten Ort Hoi An. Irgendwann hatten alle genug und wir wanken den Fischer herbei, der uns mit dem runden Gefährt abholte. Ich wollte mal mein Talent testen und versuchte Franzi und den Fischer mit in den runden Schüssel mit dem Paddel wieder zum Boot zu befördern. Man musste so eine Art Schaufelbewegung im Stehen mit dem Paddel machen wie er mir zeigte. Ich scheiterte kläglich und drehte uns nur im Kreis. Als ich aufgab, schaute ich nochmal genau an wie er es machte, konnte es aber nicht wirklich verstehen. Die Bootsfahrt neben dem lauten Motor nutzte ich noch für einige schöne Fotografien der Landschaft und Boote. Die Kombination aus der Großstadt am Horizont und den Fischerbooten davor gefiel mir gut.
Nach einem weiteren, ereignisärmeren Tag im Hotel ging es weiter in Richtung Hoi An. Vor unserer Abfahrt sahen wir gegen zwanzig nach fünf Uhr morgens dann doch nochmal ganz tolle Farben mit viel rot, pink und dunkelblau am Himmel bevor die Sonne erschien. Es warteten schon einige Leute am Strand darauf von einem Fischerboot abgeholt zu werden, das sogar bis an den Strand ran fuhr.
Es fungierte wohl als eine Art Fähre für Privatleute, die selber auf einer der vorgelagerten Inseln fischen gehen wollten und mit Kühltruhen und Angeln ausgestattet waren. Ich machte noch einen letzten Strandspaziergang mit in den verbotenen Bereich des Resorts, der durch ein einfaches Schild mitten am Strand markiert war. Um diese Uhrzeit war der Wachmann aber noch nicht da, um mich wieder weg zu schicken. Die Frau im Hotel, die gut Englisch sprach, brachte uns dann sogar zu Fuß hoch an die Hauptstraße, wo wir auf den Bus warteten mit dem sie über WhatsApp in Verbindung war. Sie kam ursprünglich aus Saigon und half uns die richtigen Plätze im Bus zu finden als dieser nur für uns mitten an der Landstraße vor Bai Xep hielt.
Außerdem brachte sie vom Fahrtassistenten noch die Zeit für das Mittagessen für uns in Erfahrung. Es war wie erwartet ein Bus mit Liegeplätzen und wir hatten es geschafft die Plätze in der Mitte zu vermeiden, um ein erneut schlechtes Fahrterlebnis zu meiden. Unser Fahrterlebnis wurde allerdings doch dadurch gemindert, dass ich mit einem Podcast auf YouTube unser tägliches Datenvolumen leer streamte und dann erst feststellte, dass der Bus auch WLAN anbietet. Neben dem Mittagessen mit hauptsächlich Vietnamesen war die Bestellung des Grabs von der Schnellstraße in die Altstadt von Hoi An das Abenteuerlichste des Ausflugs. Man wird immer schon vom Fahrtassistenten nach vorne gerufen kurz bevor der Bus für einen hält. Während wir vorne im Bus saßen und aus der Frontscheibe schauten, bestellten wir mit dem WLAN im Bus noch das Grab zum Zielort vor einem Krankenhaus. Dann beobachteten wir wie der Grab Fahrer an einer Ampel vor unserem Bus hielt und als wir dann als einzige ausstiegen, kümmerte sich Franzi um das Gepäck und ich sprintete zum Fahrer und konnte ihn überzeugen rückwärts zu uns zu fahren. So mussten wir kein vermutlich deutlich teureres Taxi in die Altstadt nehmen. Unser Hotel Haven und der Ort Bai Xep bieten sich auf jeden Fall für einen zukünftigen Strandurlaub an außerhalb des Monsunzeiten.
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