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Schnellzugfahren in China

Guilin

geschrieben von Timo

Bereits in Vientiane und Luang Prabang hatten wir überlegt einen Chinesischen Schnellzug zu nehmen, der uns durch den schrecklichen Verkehr in Laos gebracht hätte und dann ggf. sogar bis nach Kunming in Yunnan, China. Schließlich beschlossen wir es nicht zu tun, auch wenn ich die Idee spannend fand, da wir lieber am Ende der Reise, also jetzt, nochmal andere Ziele bereisen wollten. Ein aus meiner Sicht irrationaler Grund die Reise damals nicht zu machen, war dass wir gehört hatten dass die Sicherheitskontrolle an Chinesischen Bahnhöfen strenger sein soll als an Flughäfen. Insbesondere war Franzi um ihr Schweizer Taschenmesser Bange, dass ihr ihre beste Freundin mal geschenkt hatte. Heute sollten wir erleben wie es wirklich abläuft. Vielleicht hilft auch euch das bei der Chinavorbereitung.

Wir hatten den Zug von Nanning nach Guilin bereits eine Woche im Voraus gebucht gehabt, da wir gehört haben dass obwohl es so viele Züge gibt diese schnell ausgebucht sind. Er kostete für knapp 400 km 20€ pro Person und sollte knapp über 2 Stunden unterwegs sein. Dementsprechend fuhr er im Schnitt etwa 200 km/h und maximal 250 km/h. Man merkte das Tempo vor allem an den Ohren, die manchmal zugingen. Die grüne, hügelige Karstlandschaft ist inzwischen von lauter Tunneln durchbohrt durch die die Züge schießen, die dem ICE sehr ähneln. Sie sind aber deutlich günstiger und auch deutlich zuverlässiger- ein Armutszeugnis für die Werte für die Deutschland mal stand und ein Kompliment an China. Tatsächlich hätte man auch kurzfristig noch ein Ticket kaufen können, aber ggf. hätten dann Zeiten oder Preise nicht mehr zur Auswahl gestanden.

Der Tag begann mit schlechten Nachrichten aus Deutschland, wo eine nahe Verwandte sehr krank ist. Alles Gute an dieser Stelle! Dementsprechend angeschlagen und traurig begann der lange Reisetag. Beim Frühstück musste ich dann wieder das hässliche Botoxgesicht des Massenmörders aus dem Kreml sehen, der weiterhin den Chinesischen Präsidenten in Russland empfing. Das trug nicht zu besserer Laune bei und wir hatten sowieso nicht so viel Appetit. Es ging zum Busterminal), wo wir nicht mal unseren Pass brauchten und die Reise nach nur ein paar Minuten des Wartens begann. Tatsächlich wartete der fast leere Reisebus auf uns, da wir nochmal auf Klo mussten bevor es losging. Mit 9€ pro Person für 170 Kilometer war er teurer als ein vergleichbarer Bus in den anderen Reiseländern dieses Jahr, aber immer noch günstig genug, dass wir den Preis nicht hinterfragten. Wir bekamen einfach ein unpersonalisiertes Ticket, durften einsteigen und unser Gepäck verladen und los ging es. Es gab keine Sicherheitskontrolle und keinen Check wer wir sind. Das überraschte mich. Im Bus lief es dann auch eher wie in gewohnten Reisebussen und nicht wie in Vietnamesischen Reisebussen. Die Schuhe blieben an und es gab richtige Sitze, keine Liegeplätze auf zwei Stockwerken. Generell tragen die Chinesen hier auch alle geschlossene Schuhe und keine offenen Schuhe und wenn man in ein Geschäft oder Raum geht, bleiben die Schuhe auch an. Es wirkt so gesehen alles näher an Europa als an Südostasien. Wir erreichten nach zwei Stunden Autobahn Nanning, das wie vermutlich viele Millionenstädte in China aus lauter riesigen, gleichaussehenden Wohntürmen besteht. Manche sind älter, manche sind moderner aber alle wirken seelenlos genauso wie riesige Shoppingmalls mit toller Architektur. Wir stiegen beim Busterminal aus und wo in Saigon an einem ähnlichen Drop- Off Point noch lauter Passagiere und Taxifahrer wuselten, war hier nichts los. Wir sortierten uns und gingen dann zur U-Bahn. Es gab eine klare Karte der Metro, die man auch schon in Organic Maps finden konnte und wir wussten, dass wir drei Stationen zum Bahnhof fahren müssten. Die paar Meter durch die Herbstsonne von Nanning zu laufen, blendete Franzi so doll, dass es ihr danach noch schlechter ging. Der Fahrkartenautomat funktionierte intuitiv. Auf einem Touchscreen wählte man vom Bahnnetz die Zielstation aus und kaufte dann das Ticket für 2 Yuan mit WeChat via QR Code. Da hat der HVV noch Entwicklungspotential. Die Metro war ähnlich zu der in Singapur und wirkte super modern. Man darf weder trinken, essen noch rauchen in der Station und der Bahn und alles war sehr sauber und geordnet. Die Bahn wirkte wie die Tube in viel geleckter und neuer. Dann mussten wir wieder kurz ein paar Meter durch die Sonne ins Bahnhofsgebäude und da war dann auch direkt die Sicherheitskontrolle.

Der Bahnhof sieht so riesig aus wie ein Airport und auch im Bahnhof wirkt alles wie ein großes Terminal. Alle Messer überstanden den Scanner, aber die 170 ml Moskitosprayflasche durfte nicht mit. Franzi diskutierte noch lange mit dem Übersetzer, ob man sie schicken könnte, aber es war zu kompliziert und das Geld nicht wert. In einem der vielen gut aussehenden Läden des Food Courts gingen wir Mittag essen. Eine etwas Englisch sprechende Chinesin half uns einen Laden mit guten Dumplings für Franzi zu finden. Dort aßen wir Mittag und buchten ein Hotel für unseren Zielort. Ich wurde immer nervöser, denn ich wusste unseren Wagon und unseren Sitzplatz nicht und konnte die Informationen nicht in der Trip.com App finden. Ein Mitarbeiter sagte mir, dass ich meinen Pass scannen muss und ich danach über die Plätze informiert werde. Es gab über 20 Gleise und ständig fuhren überall Züge ab. Die Halle war gut gefüllt und ähnlich groß wie zuletzt der Riesentempel, den wir bei Bangkok besichtigt hatten. Vor unserem Gate wurde es immer wuseliger und ich wusste immer noch nicht wo wir im Zug zu sitzen haben. In der Schlange vor dem Check- In wurde etwas gedrängelt, aber es ging insgesamt zivilisiert zu. Zwischen Minute fünfzehn und drei vor der Abfahrt darf man durch das Gate gehen. In Minute siebzehn öffnete es sich bei uns und wir setzten schnell die Backpacks auf. Leider waren wir an einem normalen, elektronischen Gate und das reagiert nur auf Chinesische ID Karten. Daher mussten wir uns durch fünf Schlangen seitwärts drängeln, um zum Schalter mit einer Beamtin zu kommen, die ein anderes Gerät hatte, dass auch für uns funktionierte. Dann ging es runter auf den Bahnsteig, wo einige Männer sich schnell nochmal eine Kippe reinzogen, da es vorher und danach verboten war. Wir wussten immer noch nicht wohin und gingen gestresst in den erstbesten Wagen, auch wenn wir noch über zehn Minuten Zeit hatten.

Dort stellten wir schnell fest, dass wir entweder im Gedrängel stehen oder auf Plätzen saßen auf denen andere Leute sitzen wollten, weil sie eine Reservierung hatten. Ich wusste, dass wir auch eine Platzreservierung haben, aber ich wusste nicht wo sie war und der Zug war ewig lang. Schließlich fand Franzi im größten Stress in der Trip.com App unsere Sitzplätze wieder. Sie waren sechs Wagons weiter vorne. Schnell stiegen wir wieder aus und liefen den Bahnsteig entlang bis zum richtigen Wagen. Wir wussten, dass wir noch genug Zeit dafür haben würden. Schließlich fanden wir unsere Plätze und verstauten unser Gepäck über den Sitzen. Das war schwieriger als gedacht. Auf unserer Seite waren drei Plätze nebeneinander und man bekam das schwere Backpack nicht mal zu zweit über die Fahrgäste auf die Ablage gehoben. Auf der anderen Seite waren nur zwei Plätze und hier schafften wir das Gepäck oben abzulegen, nicht ohne dass uns die Passagierin unter uns pikiert musterte statt kurz auf den Fensterplatz zu rutschen. Mein Backpack war so fett, dass es nur knapp auf der Ablage hielt und ich Angst hatte, dass es während der Fahrt runterfallen könnte. Es hielt aber sehr sicher und der Schaffner verstaute später nur die Laschen und Träger besser als wir. Dann konnten wir uns entspannen und die Fahrt ging los. Der elektrische Zug fuhr mit etwa 50 km/h fast lautlos durch die Stadt. Danach beschleunigte er immer mehr und fuhr bis zu 250 km/h. Wenn man die Landschaft am Fenster vorbeiziehen sah, hätte ich die Geschwindigkeit auf gerade mal 100 km/h geschätzt. In weniger als einer Stunde hatten wir bereits die Strecke von Hamburg nach Hannover zurückgelegt. Auch hier waren schon überall grün bewachsene Karsthügel zu sehen wie eigentlich immer die letzten Wochen. Auch am Zielort wollen wir wieder Karstberge besuchen, die vermutlich ähnlich zum Trang An Welterbe in Vietnam sein werden. Der Zug fuhr auf die Minute pünktlich in den zwei Stationen unterwegs ein und wieder aus und hatte auch in Guilin keine Minute Verspätung. Es wirkt auch nicht so als würde das mal vorkommen. Mit unserem Reisepass gingen wir wieder durch das elektronische Tor mit der Hilfe eines Beamten und unsere erste Zugfahrt war abgeschlossen. Insgesamt hat es sehr gut funktioniert und es ist beeindruckend welche Strecke wir auf der Landkarte zurückgelegt haben in welcher Zeit im Vergleich zur bisherigen Reise. Nur Fliegen war schneller. Wir nahmen uns wie viele andere ein Taxi zum Hotel und mussten dafür fast doppelt so viel zahlen wie wenn wir ein Didi gerufen hätten. Dafür konnten wir aber direkt losfahren. Unser Hotel war wieder woanders als es bei Google Maps eingezeichnet war, aber immerhin kann man es bei Trip.com auf die Google Maps Karte korrekt transferieren. Nervig war dass der Fahrer mit der Adresse nichts anfangen konnte und wir ihm in seiner uns unbekannten Navigationsapp zeigen mussten wo er hin muss. Taxifahrer werden auch immer verwöhnter.  

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