Guangzhou
geschrieben von Timo
Die Länge unseres Aufenthaltes in Guangzhou war der Größe der Stadt überhaupt nicht würdig. Aber wir nutzten die 24 Stunden, die wir der Megacity, die über 15 Millionen Einwohner haben soll, gegeben hatten, um einige Highlights zu sehen und einen guten Eindruck zu bekommen. Tatsächlich gefiel uns die Stadt auf den ersten Eindruck richtig gut und erinnerte uns sehr an Singapur. Es wirkte nach unseren Eindrücken sehr viel lebenswerter als alle Städte, die wir in den letzten neun Monaten seit dem Stadtstaat besucht hatten.
Es gibt ein hochmodernes, sauberes und funktionierendes Metrosystem wie schon in Nanning, das einen schnell und unterirdisch durch die riesige Fläche der Metropole bringt und es gibt einige Parks. Abgesehen von den üblichen Rauchern wirkt auch die Stadt sehr sauber und reinlich, es gibt Bürgersteige und auch das Herbstwetter hat mitgespielt und optimale Bedingungen für einen Stadtbesuch geliefert. Es war T-Shirt Wetter, aber ohne, dass es zu heiß war und man konnte gut einige Stunden spazieren gehen. Das Störendste hier sind die E-Moped Fahrer, die sich die Vorteile von Fußgängern und Autofahrern zusammen rausnehmen und schamlos auf den Bürgersteigen fahren oder von der Straße auf den Bürgersteig drängeln, wenn man an einer roten Fußgängerampel wartet.
Man hört sie auch nicht kommen, da sie fast lautlos fahren. Es gab eine Insel in der Innenstadt, wo sie verboten waren, das war sehr angenehm. Auffällig finde ich neben den in den bisherigen Blogartikeln über China geschilderten Auffälligkeiten, dass T-Shirt mit Schriftzügen auf Englisch in Mode ist, die teilweise wenig oder gar keinen Sinn ergeben. Ein Beispiel war der Text „High Rain“ auf einem Pullover, der zu verkaufen war.
Wir kamen am Südbahnhof von Guangzhou an, der so groß ist wie der Hamburger Flughafen und über 25 Gleise für Schnellzüge beherbergt. Nach unserer Ankunft testeten wir mal den Ticketschalter für unsere Weiterfahrt am nächsten Tag, um die teure Bearbeitungsgebühr für Zugbuchungen von Trip.com von teilweise 20% des Ticketpreises zu sparen. Bei der vollen Ticketschalterhalle trafen wir auch alle Ausländer in Guangzhou an, die ebenfalls ein Ticket kaufen. Im Bahnhof selber verteilen sich die offensichtlichen Touristen meistens sehr unter den vielen, vielen, reisenden Chinesen. Es war recht schmerzhaft zwanzig Minuten mit vollem Gepäck in der Schlange zu stehen, da unsere Backpacks inzwischen an die 30 Kilogramm wiegen inkl. 3 Anzüge, Fernglas, Schnorchel Equipment, Wanderschuhen, Wanderstöcken und all den anderen Accessoires, die wir dabeihaben.
Schließlich waren wir dran und es klappte am Schalter besser als gedacht. Die Frau sprach etwas Englisch und verstand sogar, dass in Franzis Passnummer eine „0“ und kein „O“ steht. Das hatte bei unserer ersten Zugfahrt in China noch Probleme bereitet. Wir sparten am Ende 3€ Bearbeitungsgebühr- mehr aber auch nicht. Es wäre wohl unterm Strich angenehmer gewesen online zu buchen zumindest wenn der Ticketschalter so voll ist wie in Guangzhou Süd. Eine weitere Möglichkeit wäre der Kauf über die Website von China Railway direkt, aber ich habe gehört, dass die Seite keine Ausländischen Bezahlkarten annimmt.
Wir gingen nun weiter mit dem schweren Gepäck zur U-Bahn und es war eine Wanderung von mindestens zehn Minuten. Wir hatten eine Unterkunft in der Nähe des Bahnhofs gebucht, da wir von dort auch am nächsten Tag weiterreisen wollten. Das Zentrum von Guangzhou wiederum lag über eine Stunde mit der Metro entfernt bzw. mehr als zehn Kilometer. Die Stadt verteilt sich über die Fläche eines riesigen Flussdeltas. Unsere Metro, mit der wir zwei Stationen fuhren, gehört zum Metrosystem Foshan und nicht Guangzhou. Man kann aber übergreifende Tickets für Fahrten bezahlen. Es kostete 25 Cent für die zwei Stationen, die wir fuhren.
Die Metro ist wie die Tube in London, aber noch sauberer und neuer. Es liegen alle Informationen, die man benötigt auch in Englischer Sprache vor und man kann schnell und komfortabel reisen. Etwas anstrengend aber in China normal ist der Sicherheitscheck vor der Fahrt mit der U-Bahn, bei dem wir erneut die Backpacks und Rucksäcke durch einen Scanner schieben mussten wie schon vor der Schnellzugfahrt.
Nach der U-Bahnfahrt kamen wir an einer modernen Station an zwischen riesigen, neuen Wohnhäusern in einer Straße voller Geschäfte. Erst auf den zweiten Blick stellten wir fest, dass keine der Wohnungen in den Türmen bezogen war und die Geschäfte nur Plakate mit Vorschlägen waren welche Geschäfte in den jeweiligen Ladenzeilen operieren könnten. Dadurch dass es bunt aufgemalt war, wirkte es recht lebendig, aber auf den zweiten Blick hatte die Straße die Atmosphäre einer Zombie Apokalypse. Weder Google Maps noch Organic Maps zeigten einen klaren Weg zu unserm Hotel, das eine U-Bahn Abholung anbietet, die wir aber ausschlugen, um selber den Weg zu finden- eine dumme Idee wie sich herausstellte. Die tote Ladenstraße neben den riesigen Wohntürmen mündete in einer Baustelle. Es gab zwar eine Straße, aber es war unklar mit wie vielen Umwegen diese mit der Straße verbunden sein würde, in der unser Hotel lag.
Wie sich im Nachhinein herausstellte, konnten wir unser Hotel sogar von der erhöhten Position aus sehen, aber es nur schwerlich erreichen. Wir gaben auf und riefen ein Didi. Der war auch nicht begeistert, denn erst blockierte ein übermotiviert fahrender Lieferwagenfahrer ihm den Weg und als wir endlich das Zielwohngebiet erreichten, stand ein riesiger Kran auf der Straße und das Navi vom Fahrer schickte ihn danach durch Gassen für den Umweg, die wohl eher für Mopedfahrer gemacht waren. Schließlich erreichten wir in dem Gelände, das aus Wohnhäusern, einem kleinen Wald und vielen Baustellen bestand unser sehr hübsches und schön gestaltetes Hotel. Es hatte kleine Steinbrunnen mit plätscherndem Wasser und eine schön gestaltete Holzeinrichtung wie zuletzt auch schon unser Hotel in Guilin. Die Rezeption war im siebten Stock und man hatte einen Blick bis in die Innenstadt, so dass man den über 600 Meter hohen Fernsehturm von Guangzhou sehen konnte, den wir abends noch besuchen wollten.
Die Mitarbeiter waren superlieb und wir bekamen eine Chinesische Pepsi und Milch als Gastgeschenk zum Auftakt. Im Zimmer gab es wieder einen Wasserkocher in der Form einer Teekanne und sogar einen Tisch ohne Beine mit passenden Stühlen auf einem Holzparkett, der zum Trinken des Tees einlud. Auch vom Zimmer konnten wir den modernen Wolkenkratzer im Zentrum von Guangzhou sehen sowie die umgebenden, hohen Gebäude, die im Vergleich zum Fernsehturm aber klein wirkten. Auch die riesige Halle des Südbahnhofs, in dem wir angekommen waren, konnten wir von unserem Panoramafenster aus sehen. Wir daddelten etwas zu lange im Zimmer herum und ich checkte zu spät, dass wir über eine Stunde zum Fernsehturm brauchen würden, weswegen die Sonne bereits unterging, als wir wieder aufbrachen. Es stellte sich heraus, dass der Bring- und Holservice zur Metro jedes Mal gilt, und ein netter, junger Mitarbeiter fuhr uns zu einer anderen Metrostation, die nur eine Station vom Südbahnhof entfernt war.
Für etwa 75 Cent kauften wir am intuitiv bedienbaren Fahrkartenautomaten ein Ticket bis zum Kanton Turm. Die Stadt heißt im Europäischen Kontext wohl auch Kanton und hängt vermutlich so auch mit der Kantonesischen Sprache zusammen, von der ich schon öfter gehört habe, und von der ich mir nicht sicher bin, ob sie ein Dialekt ist oder eine eigene Sprache. Insgesamt mussten wir dreimal umsteigen, um bis zum Fernsehturm zu kommen. Es war in keiner Bahn voll, aber es gab einen intensiven, wenn auch nicht brutalen Kampf um die Sitzplätze und unnötigerweise drängelten die einsteigenden Fahrgäste immer zentral vor der Tür den aussteigenden Fahrgästen entgegen, obwohl Pfeile auf dem Bahnsteig darauf hinwiesen, dass man an der Seite der Tür auf Aussteigende warten soll. Es war aber nie so, dass man das Gefühl hatte, dass jemand nicht aussteigen könne, wie wir es mal in Delhi erlebt hatten.
Außerhalb der Station sahen wir dann erst viele Leute, die Fotos nach oben schossen und dann den Fernsehturm selbst, der in Regenbogenfarben angeleuchtet war und erwartungsgemäß sehr hoch wirkte. Spannend zu sehen waren drei leuchtende Drachen hoch am Himmel, die mit einem Wolkenkratzer verbunden zu sein schienen. Wir entschieden uns gegen eine Fahrt auf dem angrenzenden Fluss oder eine Fahrt mit dem Fahrstuhl auf einen Aussichtsbereich im Turm, sondern spazierten stattdessen, so wie ich es mir vorher überlegt hatte, entlang der schönen Flusspromenade zu einer Brücke. Die erste Brücke, die weiß und spektakulär gebogen ist, ist eine reine Fußgänger- und Tourismusbrücke und es gab eine Sicherheitskontrolle, um über die Brücke gehen zu dürfen. Wir gingen bis zur zweiten Brücke, die für den normalen Verkehr geöffnet ist.
Unter der Brücke waren gute Tischtennisplatten aufgebaut und es spielten an allen Platten Hobbyspieler. Auch die Fitnesseinrichtungen wurden ausführlich genutzt, was in den wenigsten Städten, die wir besucht haben der Fall war. Oben auf der Brücke teilten sich zu meiner geringen Begeisterung E-Moped Fahrer und Fußgänger denselben Bereich, so dass man sich nicht erlauben konnte einen Schritt von der Brüstung wegzugehen. Der Blick war spektakulär. Rechts der bunt beleuchtete Fernsehturm, vor einem die weiß beleuchtete Brücke, unter einem riesige Ausflugsboote mit Party und Touristen auf dem Dach und links lauter Wolkenkratzer mit teilweise bunten Leuchtschriften im CBD (Central Business District). Wir stiegen auf eine Flussinsel hinab, die ein Park war. Dort gerieten wir in ein Restaurant, das mir aber zu teuer vorkam. Stattdessen liefen wir etwas weiter durch den Park und bis zu einer riesigen Freilichtbühne, deren Dachkonstruktion ein wenig aussah wie die des Signal Iduna Parks.
. Ich hatte langsam ziemlich Hunger, aber die wenigen Optionen, die ich sah, waren mit entweder zu touristisch und teuer oder nicht ansprechend. Franzi taten langsam die Füße in ihren im Winter zu klein gekauften ON Schuhen weh. Ich navigierte uns in Richtung des CBD. Wir kamen durch einen Park am Ufer, in dem junge Paare im gepflegten Gras saßen und eine Gruppe junger Menschen ein Picknick mit echten Weingläsern veranstaltete. Hier schien plötzlich auch die ewig lange und teilweise leuchtende Leine der Drachen am Nachthimmel der Stadt zu enden. Und tatsächlich endeten die Leinen hier, die wir während des gesamten Spaziergangs beobachtet hatten. Drei Männer mit jeweils einer riesigen Rolle vor dem Bauch an einem Bauchgurt schienen die Drachen in immenser Höhe zu steuern. Sie kurbelten und kurbelten und nach bestimmt einer halben Stunde hatten alle drei Feierabend.
Die sehr großen Drachen waren wieder bei ihnen im Park angekommen und flogen nicht mehr über dem Perlfluss für alle sichtbar herum. Es scheint einfach nur ein Hobby zu sein, aber es ist ein sehr aufsehenerregendes Hobby und hat uns Spaß gebracht zu rätseln, wo diese Drachen herkommen. Umso lustiger war es am Ende zu entdecken, woher sie tatsächlich stammten. Der Hunger war weiterhin groß und nach einigem qualvollen Spazierengehen zwischen Wolkenkratzern erreichten wir endlich das CBD. Dort fanden wir einen Food Court vor und suchten nach dem besten Restaurant. Leider sieht nichts so aus wie beim Chinamann in Deutschland, worauf ich eigentlich Lust hatte. Stattdessen aß Franzi eine Art Lasagne aber mit Spaghetti und ich ein Indisches Curry, das beides im selben Laden angeboten worden war. Wir hatten Glück denn kurz danach, um 22 Uhr, schlossen alle Geschäfte. Wir machten uns auch auf den Weg nach Hause.
Wir fuhren mit der APM zurück zum Canton Tower. Die APM sieht aus wie eine Flughafenbahn, die Terminals miteinander verbindet. Sie hat keinen Fahrer und durch die großen Glasscheiben kann man durch den gesamten Zug schauen und sogar noch bis in die Finsternis des Tunnels hinein. Das Ticket mussten wir gesondert zur Metro kaufen es war aber auch nicht teuer. Danach ging es in etwa einer Stunde bis zur Metrostation Liyue Dong zurück, wo wir netterweise von einem Fahrer unserer Unterkunft mit dem Auto abgeholt wurden, auch wenn ich mir nun den Fußweg zugetraut hätte. Franzis Füße schmerzten aber weiterhin sehr. Mir hatte der nächtliche Ausflug durch die City bei angenehmem Klima viel Spaß gebracht. Um diese Uhrzeit schien das Licht des Canton Towers ausgeknipst worden zu sein, denn wir sahen ihn zwar noch von unserem Zimmer, aber er war nur eine dunkle Silhouette. So knipsten auch wir das Licht aus.
Früh ging es am nächsten Morgen wieder hoch, denn vor unserer nachmittäglichen Schnellzugfahrt nach Kaiping wollten wir noch ein wenig die Megacity Guangzhou erkunden. Mit schwerem Gepäck ging es hoch in den Rezeptionsraum im siebten Stock. Wir konnten unser Gepäck hier einlagern und gingen in den gläsernen Frühstücksraum mit tollem, weitem Blick auf die Umgebung, die Stadt und das gute Wetter. Wir sahen wieder den Canton Tower, den Südbahnhof und auch den Ort, an dem wir am Vortag verzweifelt auf einer Betonbrücke gestanden hatten und nicht wussten, wie wir genau hierherkommen könnten. Es gab ein Buffet mit Toastscheiben und Orangen sowie Sojamilch und Wasser. Wir fragten uns wie wir satt werden könnten. Dann kam aber eine Bedienung mit zwei schicken Holztabletts und wir bekamen ein Reisporridge, das vollkommen geschmacklos ist, gebratene Nudeln mit Gemüse, jeweils ein gekochtes Ei und ein Stück eines gekochten Maiskolbens.
Es schmeckte uns sehr gut und während Franzi behauptete, dass sie den Rest des Tages nichts mehr brauchen würde, war ich nicht richtig satt geworden. Der kleine Steinbrunnen, der im Frühstücksbereich tröpfelte, gefiel uns beiden sehr gut. Wir ließen uns wieder zu Metro fahren und dann ging es wieder eine Stunde lang in die Innenstadt. Wir sahen eine sehr volle Metro, aber unsere waren meistens moderat gefüllt und Franzi bekam sogar jeweils einen Sitzplatz. Ein interessantes Phänomen ist, dass an manchen Stationen Menschen vor der Metro stehen und nicht einsteigen, wenn diese ankommt. Vielleicht gibt es unterschiedliche Zielbahnhöfe, aber ich vermute auch noch einen anderen mir unbekannten Grund. Nach zuletzt omnipräsenten Toiletten suchten wir in der Mall und in der Station, in der wir ausgestiegen waren lange vergeblich nach einem Klo. Draußen auf der Straße fanden wir dann aber wieder eine halbwegs gepflegte, öffentliche Toilette.
Von dort gingen wir dann zu Fuß zur ältesten Moschee Chinas, die im Jahrhundert gebaut wurde, also zu einer Zeit in der der Islam meinem Verständnis nach noch in seinen ersten Zügen war. Im Gegensatz zum Abend davor war es in dieser Umgebung etwas wuseliger und ungeordneter und spätestens als ich in eine kleine Marktgasse einbog, hätte man sich auch vorstellen können, dass wir wieder in Südostasien sind. Nach den Empfehlungen meiner Eltern wollten wir eigentlich auch den Tiermarkt in Guangzhou besuchen. Ich hatte aber mit etwas Recherche herausgefunden, dass dieser inzwischen geschlossen war und man nur noch dezentrale, illegale Märkte findet. Außerdem vermute ich, dass wir dort wie auch schon auf den Märkten in Vietnam Tierquälerei hätten bezeugen müssen und ein vergleichbarer Ort in Wuhan war ja mutmaßlich auch der Ausgangsort für den Grund weswegen wir erst jetzt auf der Reise sind und nicht schon vor drei Jahren.
In der kleinen Gasse, in der wir uns nun befanden, wurde viel Elektronik und viele Haushaltsgeräte verkauft. Es bleib gerade genug Platz durchzulaufen und die lautlosen Elektromopeds hinter einem machten durch Hupen auf sich aufmerksam. Ruhiger war es ein paar Gassen weiter in den Hinterhöfen der Wohnhäuser. Die Häuser sehen nicht schön aus, aber auch nicht ganz hässlich. Viele haben Balkone, aber diese sind durch ein Metallgitter verriegelt. Vielleicht hat man Angst vor Einbrechern? Uns würde es auf jeden Fall einen Großteil des Mehrwehrts des Balkons nehmen, wenn man sich darin anfühlt, wie als wenn man im Gefängnis wäre. Viele der Wohnungen sind auch in hohen Gebäuden in engen Gassen und bekommen vermutlich nur wenige Minuten Tageslicht am Tag wenn überhaupt. Die Moschee war dann sehr anders als wir sie uns vorgestellt hatten. Franzi brauchte auch das Kopftuch nicht, das sie mitgenommen hatte. Es war alles wie in einem Chinesischen Tempel- eine Ruheoase in der Großstadt. Es gab einen kleinen Garten mit Bäumen und Bonsais und Fotos von Guangzhou aus dem letzten Jahrhundert. Das markanteste war das Minarett, das wohl auch lange als Leuchtturm für die Schifffahrt diente. Es wurde wieder aufgebaut nachdem es bei einem Sturm umgestürzt war.
Wenn es nicht drangestanden hätte, wäre es für uns nicht als Moschee erkennbar gewesen. Es standen aber noch Schilder im Innenhof, dass hier der Islamische Verein von Guangzhou tätig ist. Außerdem gab es ein Geschäft auf der anderen Straßenseite, das nicht nur Chinesisch sondern auch Arabisch beschriftet war und Halal Produkte verkaufte. Wir hatten noch etwas Zeit und ich hatte ja bereits wieder Hunger. Wie die Einheimischen aß ich an einem Straßenstand. Der Tisch und die Plastikstühle wurden extra für uns aufgebaut und neben Reis und grünem Kohl oder Gemüse konnte ich mir drei gekochte Gerichte mit Kohlenhydraten aussuchen. Ein bisschen wie Subway nur eben ohne fancy Schilder und Beschriftungen und nicht als globale Kette. Leider war der Reis schon in Styroporpackungen vorbereitet und ich konnte so eine Erhöhung meines Plastikkonsums nicht verhindern. Immerhin konnte ich meine Stäbchen nutzen und nicht die in Plastik abgepackten, neuen Stäbchen, die mir gegeben wurden. Gerade die Süßkartoffeln in Sauce schmeckten wieder ausgezeichnet. 12 Yuan kostete die füllende Mahlzeit, also etwas mehr als 1,50€. Je nach Lokalität kann man in China für ganz unterschiedliches Budget essen.
In den Restaurants in der Neustadt am Vorabend hätte man für den Betrag vielleicht ein Glas Wasser bekommen. Wir streunten weiter durch die kleinen Gassen und Franzi holte sich wieder ein Eis am Stiel. Auch ein paar Sesambällchen holten wir uns noch als Nachtisch. Dann ging es in den Gedenkpark mit Gedenkhalle für Sun Yat-sen, der kurzzeitig der erste Präsident Chinas nach 2000 Jahren Kaiserreich war. Er stammte aus der Provinz Guangdong, in der wir uns nun befanden. Der Park war schick angelegt und der Eiskaffee kostete 4,50€. Wir pausierten hier etwas ehe es mit der Metro zurück zu unserem Hotel ging. Die Gedenkhalle hätte Eintritt gekostet und wir waren sowieso schon spät dran. Über WeChat kündigte Franzi unsere Ankunft an der Metrostation bei unserem Hotel an, aber leider fuhren sie erst los, als wir bereits angekommen waren. So mussten wir einige Minuten warten. Glücklicherweise hatten sie wie abgesprochen bereits unser Gepäck dabei, so dass wir nicht erneut hin und herfahren mussten. Wir verabschiedeten uns von der freundlichen Gastgeberin und stiegen erneut in die Metro. In der leeren Station hätten wir ein bisschen Geld sparen können, wenn unsere Gastgeberin uns das Gepäck über die Sicherheitsschranken gehoben hätte, aber das hätte das ansonsten betätigungslose Sicherheitspersonal vermutlich nicht so lustig gefunden und unterbunden.
So kauften wir uns ein letztes Ticket zum Südbahnhof und chillten dort noch etwas in der riesigen Wartehalle im dritten Stock. Ich wurde schon nervös aber nach dreißig Minuten kehrte Franzi mit einem weiteren Eislatte in meinem Becher zu unserem Gepäck und mir zurück. Kurz danach ging es dann zu den Check-In Schleusen und dann runter aufs Gleis und in den Zug nach Kaiping. Guangzhou hat mir sehr gut gefallen. Es hat tolle Ecken und bestimmt noch viel mehr Orte zum Entdecken. Ich könnte mir auch vorstellen hier vorübergehend zu leben, sofern es nicht in einem der unzähligen, gleichaussehenden Wohntürme ist, die wohl die Hauptlösung sind um Obdachlosigkeit in einem Land mit über einer Milliarde Menschen zu minimieren.
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